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Artikel „Orff, Karl von“ von Carl von Landmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 712–713, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Orff,_Carl_von&oldid=- (Version vom 28. November 2024, 01:13 Uhr UTC)
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Orff: Karl von O., bairischer General der Infanterie, wurde am 10. December 1817 zu Alzey in Hessen als Sohn eines Zollbeamten geboren und starb am 31. Januar 1895 zu Würzburg, wo er zuletzt als commandirender General an der Spitze des II. bairischen Armeecorps gestanden hatte. – Es war gerade in Baiern keine günstige Zeit für junge Officiere, als O. 1837 aus dem Cadettencorps trat, um bei der Infanterie seine militärische Laufbahn zu beginnen. An den Ausgaben für die Armee wurde in höchst schädlicher Weise gespart, so daß von sachgemäßer Vorbereitung für den Krieg nicht die Rede sein konnte. Bei der Infanterie waren die Effectivstärken so [713] nieder angesetzt, daß die vorhandenen Mannschaften wohl für den Wacht- und Arbeitsdienst ausreichten, eine nur einigermaßen genügende Ausbildung der Führer höheren wie niederen Grades jedoch beinahe ausgeschlossen war. Der Dienst beschränkte sich bei der Infanterie auf Künste der Detailabrichtung, die Pflege der „Propretät“ und die Wachtparade und ließ den Officieren viel Zeit zum Müssiggang. Der Gefahr, die in diesen Verhältnissen für junge Officiere lag, entging O. durch den ihm angeborenen Sinn für ernste Beschäftigung und insbesondere für kriegswissenschaftliche Studien, denen er mit großem Eifer oblag. Nachdem er von 1838 an im Infanterie-Leibregiment gestanden hatte, wurde er 1848 zum Brigadeadjutanten ernannt und that dann, zum Hauptmann befördert, Dienst als Compagniechef, bis 1855 in Würdigung seiner vielversprechenden Fähigkeiten seine Versetzung in den Generalstab erfolgte. Mit der Beförderung zum Major 1859 erhielt O. das Commando eines Jägerbataillons und es gelang ihm, dasselbe zu einer Mustertruppe zu machen, soweit dies bei den damaligen mißlichen Ausbildungsverhältnissen möglich war. Er hatte jedoch nicht Gelegenheit, die Früchte seines unermüdlichen Eifers in der Ausbildung seines Bataillons vor dem Feinde zu pflücken, denn kurz nach Ausbruch des Krieges 1866 wurde er wieder in den Generalstab versetzt und als Generalstabsofficier bei der Reservedivision eingetheilt. Nach dem Gefecht von Kissingen in gleicher Eigenschaft zur 3. Division versetzt, nahm er am Gefecht von Helmstadt theil. Als nach dem Kriege das dringende Bedürfniß erkannt war, das bairische Heerwesen den Forderungen der Zeit entsprechend zu reorganisiren, erschien unter anderem die Errichtung einer Kriegsakademie zur Heranbildung von Officieren für besondere Verwendung insbesondere im Generalstabe nach dem Vorbilde Preußens geboten. O. wurde als der geeignete Mann erkannt, eine solche militärische Hochschule zu gründen und 1867 erstmals ihre Leitung zu übernehmen. Gleichzeitig war ihm der Auftrag geworden, ein neues Infanteriereglement zu entwerfen, welcher Aufgabe er ebenfalls in befriedigendster Weise gerecht wurde. Zum Generalmajor und Brigadecommandeur ernannt, nahm O. im Kriege 1870/71 gegen Frankreich an den Schlachten von Wörth, wo er den Militär-Max-Josef-Orden erhielt, von Sedan und Coulmiers, sowie an den Decemberschlachten um Orleans hervorragenden Antheil. Nach dem Kriege wurde ihm neben dem Commando seiner Brigade noch die Inspection der Militärbildungsanstalten übertragen und ihm hiedurch Gelegenheit gegeben, sein hohes Verständniß für die Erziehung eines guten Officiernachwuchses und für die Hebung der militärwissenschaftlichen Bildung im Officiercorps darzuthun. Seit 1873 Divisionscommandeur und seit 1875 commandirender General, war es sein Hauptbestreben, den militärischen Geist, namentlich den Sinn für gewissenhafte Pflichterfüllung bei den unterstellten Truppen möglichst zu steigern und die kriegsmäßige Ausbildung durch Sicherung eines sachgemäßen Betriebes der Truppenübungen auf dem Exercierplatz wie im Gelände stetig zu fördern. – Bis zu seinem Tode von außerordentlicher geistiger und körperlicher Frische, war O. nicht nur ein hervorragend tüchtiger, das ganze Gebiet militärischen Wissens und Könnens vollkommen beherrschender General, sondern auch eine über hohe allgemeine Bildung verfügende, im persönlichen Verkehr äußerst anregende und gewinnende Persönlichkeit.

Schrettinger, Der Königlich Bayerische Militär-Max-Joseph-Orden. München 1882. – Allgemeine Zeitung. München 1895.