ADB:Ochs, Adam Ludwig Baron von

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Artikel „Ochs, Adam Ludwig von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 128–130, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ochs,_Adam_Ludwig_Baron_von&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 00:23 Uhr UTC)
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Ochs: Adam Ludwig v. O., kurfürstlich hessischer Generalmajor, wurde als der Sohn ehrsamer Bürgersleute am 24. Mai 1759 im Städtchen Rosenthal in Oberhessen geboren und für den Beruf eines Rentbeamten ausgebildet, als aber Landgraf Friedrich II. England 12 000 Mann zum Kampfe gegen die Nordamerikaner überließ, meldete er sich „angelockt durch Kriegslust und träumend von den goldenen Bergen in der neuen Welt“ – wie viele seiner, nach der landläufigen Auffassung zu diesem Zweck „verkauften“ Landsleute – zum Eintritt bei dem Feldjägercorps und wurde sofort (11. April 1777) als Fourier angestellt. Bis zu der im Frühjahr 1784 erfolgten Rückkehr der hessischen Truppen hat er nun an allen den zahlreichen Unternehmungen und Kriegsthaten Theil genommen, bei welchen die Jäger zugegen waren; seiner Tüchtigkeit und seinen Leistungen allein hatte er zu danken, daß er am 7. September 1781 zum Officier befördert wurde; daneben war er unablässig bemüht an seiner geistigen Ausbildung fortzuarbeiten. Eine Anerkennung seines Verhaltens wurde O. zu Theil, als nach der Heimkehr die hessischen Truppen erheblich reducirt wurden; er war der einzige Secondlieutenant, welcher bei der Leibjägercompagnie, zu welcher das Jägercorps zusammenschmolz, Anstellung fand. Waldau bei Cassel ward seine Garnison; neben seinen Dienstgeschäften hat er damals die Vermessung eines Theiles der hessischen Staatsforsten vorgenommen; den Uebertritt in den Forstdienst versagte ihm der Landgraf, weil er ihn als Officier nicht entbehren wollte; ebensowenig bewilligte er O. den Abschied, welchen dieser erbat um in dänische Dienste zu treten; der spätere General Ewald, welcher dorthin ging, hatte veranlaßt, daß ihm das Commando einer Compagnie angeboten wurde. Als Entschädigung beförderte Landgraf Wilhelm IX. ihn auf eine besonders schmeichelhafte Art zum Stabscapitän (11. October 1788). – Der Ausbruch des Krieges gegen die französische Republik im J. 1792 brachte den hessischen Truppen erneute kriegerische Verwendung; der Landgraf führte sie selbst in die Champagne. O. nahm an dem unglücklichen Zuge, an der Einnahme von Frankfurt und den übrigen Ereignissen in jener Charge an der Spitze einer Jägercompagnie thätigen Antheil, bis er im Mai 1793 zum Compagniechef in einem neuerrichteten Jägerbataillon ernannt wurde und mit diesem bald nachher auf den flandrischen Kriegsschauplatz abging. Die hervorragenden Dienste, welche die hessischen Truppen dort geleistet haben, sind bekannt; M. v. Ditfurth hat ihren glänzenden Thaten in seiner Schrift: „Die Hessen in den Feldzügen 1793, 1794 und 1795“ (Cassel 1839–40) ein würdiges Denkmal gesetzt; für die Dienste, welche O. persönlich geleistet hat, zeugen der Dank, welchen der hannoversche Feldmarschall v. Freytag ihm „für sein ausgezeichnetes Benehmen“ vor Ypern am 21. August 1793 in einem Tagesbefehle abstattete, und die Verleihung des hessischen Ordens pour la vertu militaire aus derselben Veranlassung, ferner die Zufriedenheit, welche der hannoversche commandierende General Graf Wallmoden mit Ochs’ „klugem Verhalten und der Entschlossenheit seiner Truppen“ gelegentlich des Rückzuges aus Holland im Januar 1795 aussprach, und in deren Ausdruck Ochs’ eigener Befehlshaber, der General v. Dalwigk, einstimmte, sowie überhaupt die Anerkennung, welche seine Fähigkeiten und Leistungen bei Hoch und Niedrig fanden. Auch für seine ausgezeichnete Haltung im Treffen bei [129] Boxtel am 14. September 1794 war er öffentlich belobt worden; ein Tagesbefehl Wallmodens, welcher nach der Heimkehr auf deutschen Boden erging, nennt ihn „den so oft ausgezeichneten Capitän O.“ Er war freilich nur Commandeur einer Jägercompagnie, führte aber meist das Bataillon und ward häufig an der Spitze größerer Abtheilungen verwendet. Im Herbst 1793 hatte eine gefährliche Verwundung, ein Schuß in den Unterleib, ihn eine Zeitlang den Feindseligkeiten ferngehalten. – Mit dem Weiterkommen aber haperte es, nach Friedensschluß wurde wieder reducirt; eine Stellung als Major in englischen Diensten, welche durch den Herzog von York ihm angeboten wurde, schlug er indessen aus. Nachdem er durch seine 1798 erfolgte Ernennung zum Generalquartiermeister-Lieutenant in nähere Beziehung zum Landgrafen getreten war, wurde er 1799 Major und Commandeur des Jägerbataillons. Einen Ruf in preußische Dienste zu treten mußte er ebenfalls zurückweisen, weil sein Landesherr ihm den Abschied verweigerte. Dieser benutzte ihn fortgesetzt zu allerlei Geschäften, auch solchen, welche nicht zu seinen eigentlichen Dienstverrichtungen gehörten, so mußte er in militärischen Zeitschriften die hessischen Einrichtungen gegen die Angriffe seines in badische Dienste getretenen Kameraden v. Porbeck (s. d.) vertheidigen. Mit dem Flügeladjutanten v. Thümmel bearbeitete er unter Leitung seines Kriegsherrn ein Dienstreglement und ein Exercirreglement für die Infanterie. Durch kaiserliches Diplom vom Jahre 1802 wurde er in den Adelstand erhoben. Mit großem Geschick ordnete er die Verhältnisse für den vom nunmehrigen Kurfürsten gestatteten Durchmarsch des Bernadotte’schen Corps durch Hessen zum Kriege von 1805 gegen Oesterreich; als bald darauf die hessischen Truppen mobil gemacht wurden, ward er zum Oberstlieutenant und Brigadier der leichten Truppen ernannt. Es kam aber nicht zum Kriege, in welchem Hessen und Preußen zusammengehen wollten, und im folgenden Jahre, als letzteres losschlug, ließen der Kurfürst und seine Rathgeber, zu denen auch O. gehörte, sich durch die Hoffnung täuschen, neutral bleiben zu können. Letzterer erkannte die Fruchtlosigkeit freilich früher als sein Kriegsherr, aber ebenfalls zu spät. Das Kurfürstenthum wurde von den Franzosen besetzt und die hessischen Truppen entwaffnet, O. blieb zunächst, als Mitglied des Kriegscollegiums, bei der Verpflegung der Franzosen thätig, mußte aber bald, weil er die Unterschleife ihrer Beamten nicht gut hieß, den übrigen Officieren folgen, welche außer Landes gebracht waren, und ward in Luxemburg internirt. – Ende 1807 stellte er sich, um leben zu können, der neueingerichteten westfälischen Regierung zur Verfügung; da er aber für verdächtig galt, so wurde er zunächst nicht im Truppendienste, sondern als Revuen-Inspecteur verwendet. Im Frühjahr 1809 aber ward sein Wunsch, ein Commando zu erhalten, erfüllt und zwar bei den zur Theilnahme am Kriege in Spanien bestimmten Truppen, bei denen er den Befehl der 2. Infanterie-Brigade übernahm; bald darauf wurde er General. Die westfälischen Truppen wurden bei der Belagerung des vom Spanier Alvarez bis zum December hartnäckigst vertheidigten Gerona verwendet; O. bewährte auch hier seine frühere Tüchtigkeit und Thätigkeit, bis letztere durch seine schwere Erkrankung am Fieber, welches die Reihen der Westfalen decimirte, unterbrochen ward; im folgenden Jahre mußte er, um sein Leben zu erhalten, nach Deutschland zurückkehren. Hier führte er zuerst das Commando über eine an der Nordseeküste zum Schutz gegen eine etwaige Landung der Engländer und behufs Durchführung der Continentalsperre aufgestellte Truppenabtheilung und befehligte darauf im Herbst ein größeres Uebungslager in der Nähe von Kassel. Bei letzterer Gelegenheit erhielt er das Diplom als westfälischer Baron und wurde zum Divisionsgeneral, bald nachher auch zum Generalcapitän der Garden ernannt. In letzterer Eigenschaft trat er in nahe Beziehungen zum König Jerôme, welcher ihn vielfach zur Inspicirung [130] und bei der Ausbildung der westfälischen Truppen gebrauchte. Ein besonderes Verdienst erwarb O. sich um die Stadt Braunschweig, als er im J. 1811 aus Anlaß von Streitigkeiten zwischen französischen und westfälischen Soldaten, an denen auch Bürger betheiligt waren, dorthin gesandt war. – In die russische Campagne von 1812 zog er als Commandeur einer Division; die Tage von Valutina und Borodino wurden seine und seiner Westfalen Hauptruhmestage; die französischen Generale, unter denen sie gestanden hatten, erkannten ihre Dienste rückhaltslos als vorzügliche an; nur das Verhältniß zu dem unfähigen Junot, dem Befehlshaber des 8. Armeecorps, zu welchem sie gehörten, verleidete O. den Feldzug. Die Schrecken des Rückzuges lernte er in vollem Maße kennen; am 15. November eröffnete er für sich, und für Napoleon mit den Garden, bei Krasnoi den Weg durch die feindlichen Schaaren noch mit gewaffneter Hand, dann lösten auch seine Truppen sich auf, nur zuweilen konnte er Einige derselben zur Abwehr der Kasaken zusammenraffen und als „isolé“ kam er selbst auf deutschem Boden wieder an. Doch glückte es ihm seinen ältesten Sohn, welchen er, verwundet und todkrank, unterwegs in Orsza getroffen hatte, mit sich dorthin zurückzubringen. In Thorn erkrankte er selbst schwer; sein Sohn vergalt ihm damals jenen Liebesdienst, indem er ihn, als schon die Russen dort erschienen, nach Posen rettete. Da in der Heimath bei seiner Rückkehr augenblicklich keine seinem Range angemessene Stellung verfügbar war, so übernahm er vorläufig das Commando einer territorialen Militärdivision in Halberstadt, dort aber wurde er schon am 30. Mai 1813 von Tschernyschew überfallen und verwundet gefangen genommen. Dieser Unfall beraubte ihn der Gelegenheit am Kriege ferneren Antheil zu nehmen, denn zunächst lehnte er, mit Rücksicht auf seinen dem Könige von Westfalen geleisteten Eid, ab, in den Dienst der Feinde desselben zu treten, und später schlug der Kurfürst seine Bitten um Wiederanstellung ab. Ebenso wenig gelang es ihm anderswo Unterkommen zu finden. Er füllte damals seine Muße durch schriftstellerische Thätigkeit aus und schrieb „Betrachtungen über die neuere Kriegskunst“, Kassel 1817, in welchen er eine geschichtlich-strategische Darstellung der Kriege seiner Zeit, vom nordamerikanischen bis zum Ende der napoleonischen, mit besonderer Berücksichtigung der Feldzüge, an denen er selbst Theil genommen hatte, gab, und an die er Betrachtungen über die Veränderungen knüpfte, zu denen jene Kriege in Zukunft Veranlassung bieten würden. Der erste Beweis für die Wiederkehr der Gnade des Kurfürsten war der im J. 1817 ihm ertheilte Auftrag, eine hessische Militärgeschichte zu schreiben, eine Arbeit, welche, bis zum Feldzuge von 1743 gediehen, Manuscript geblieben ist; ein Jahr später wurde er wieder angestellt, zunächst nur als Oberst; aber anderweite Beförderungen, Auszeichnungen und Verwendungen militärischer und diplomatischer Natur folgten rasch, unter letzteren die Uebertragung der Functionen eines hessischen Gesandten in Petersburg, wo er jedoch nur kürzeren Aufenthalt nahm, da zu Hause mehr für ihn zu thun war. In voller Gunst und Gnade bei seinem Kriegsherrn starb er am 21. October 1823 zu Kassel.

Biographie des General v. Ochs von L. Freiherrn v. Hohenhausen (seinem Schwiegersohne), Kassel 1827. – O. Gerland, Grundlage zu einer hessischen Gelehrten- etc. Geschichte, 1. Bd., Kassel 1863.