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Artikel „Obwexer, Joseph“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 121–122, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Obwexer,_Joseph&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 07:18 Uhr UTC)
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Obwexer: Joseph O., Historienmaler, geb. am 25. Januar 1828 zu Bozen als der Sohn eines Zuckerbäckers, war anfänglich zum väterlichen Handwerk erlesen, dann zum Studium und zum Geistlichen bestimmt, durchlief mit rühmlichem Erfolg die Schulen und das Gymnasium, beschäftigte sich mit Exegese, Kirchenrecht und Dogmatik, um plötzlich, obwohl arm und aussichtslos, aus Lust und Liebe zur Poesie und Kunst ganz zur Malerei überzuspringen. In München, wohin er sich vertrauensvoll wendete, erging es ihm anfangs ebenso übel wie seinerzeit dem wackeren Pietro Perugino bei seiner ersten Ankunft in Florenz: er litt Hunger und Noth, fühlte sich aber doch glücklich und vergnügt in dem was er als seinen heiligsten Beruf erkannte, vorwärts zu kommen. Mit brennendem Eifer zeichnete er bei Philipp Peter Teutsch, malte bei dem feinen Joh. Bapt. Berdellé, um dann zu Joh. Schraudolph und schließlich (1852) zu Moriz v. Schwind überzugehen, wo er, gerade nicht unter dem directen Einfluß seines verehrten Meisters, Kirchenbilder malte und für allerlei Verleger, für kargen Lohn, eine Menge kleiner Compositionen zeichnete, welche, von Kräutle, Barfus, Raab, T. Bauer und anderen Schülern Thäters gestochen, in Tausenden von Exemplaren durch die Welt gingen. Das beste dieser Art sind die großen Bilder für ein Regensburger Missale, welche in ihrer innig frommen Empfindung und fleißigen Durchbildung dem Namen Obwexer’s immer zur Zierde gereichen werden. Des leichteren Verkehrs mit seinen Verlegern wegen, ging O. für längere Zeit nach Regensburg und Nürnberg, wo er die auch bei „Jung-München“ geübte poetische Ader cultivirte und ganz im frischesten Styl der Münchener Künstlerfeste auch einen Maitag auf dem Schmausenbuck inscenirte und durch ein dramatisches Märchen („Die Waldfee“, Andenken an das Künstler-Maifest. Nürnberg 1862 bei Fr. Campe und Sohn) verherrlichte, welches ihm einen wohlverdienten Lorbeerkranz eintrug. Auch sonst wußte O. nicht übel die Feder zu führen; immer aber zogen andere als er den Nutzen davon. Deßungeachtet hörte man selten eine Klage, er fühlte sich ja schon befriedigt, wenn es ihm gelang, die ihm verliehenen Gaben, wenn auch nur für Andere nutzreich, verwenden zu können. Deshalb geschah es auch nur zu oft, daß die Auftraggeber die Anspruchslosigkeit des weltunerfahrenen Künstlers hinreichend ausbeuteten. Endlich wurde O. zu einem österreichischen Staatsstipendium vorgeschlagen, welches jedoch ein Anderer bekam, und der edle neidlose O. freute sich darüber, daß einer anderen [122] guten Kraft Gelegenheit wurde, sich gehörig auszubilden. Schließlich hatte man zu Innsbruck ein Einsehen und verlieh ihm eine Reisesubvention, welche bei seiner Genügsamkeit für eine Fahrt nach Italien und einen längeren Aufenthalt in Rom ausreichte. Als reifste Frucht seiner Kunst ist ein durch Photographie und Stich verbreitetes Madonnenbild zu betrachten (Adalbert Waagen malte hiezu den idyllisch-gestimmten, landschaftlichen Theil des Hintergrundes), welches leider in keinen festen Besitz gerieth. – In Italien, beim Betrachten der seligen Bilder jenes Fra Angelico da Fiesole war unserem Maler die Sehnsucht nach einem stillen Heim und Sorgenfrei aufgestiegen, wo er, fern von der Ungunst der Welt, einzig und allein nur seiner Kunst zu leben vermöchte. Dieses Asyl glaubte O. zu Gries bei Bozen gefunden zu haben. Im J. 1868 meldete er sich im dortigen Benedictinerkloster, trat daselbst ein, nahm seine theologischen Studien wieder auf und erhielt als Pater Paul 1870 das Priesteramt, um dann in ungetrübtem Frieden ganz seiner Kunst zu leben, deren sorgenlose Ausübung ihm eine unvergleichliche Freude bereitete. Gleich einem der alten Mönche wollte er nichts für sich und verzichtete auf Ruhm und Lohn; nur das Bewußtsein sein Bestes zu leisten und den vielen Aufträgen in möglichst vollendeter Weise zu genügen, war sein ganzes Bestreben. Vor den traurigen Folgen einer künstlerischen Vereinsamung und des damit unvermeidlichen Stillstehens und Rückganges bewahrte ihn ein frühes Ende. Ein gichtartiges Leiden zwang ihn bei den heißen Quellen im hochgelegenen Brennerbade Hilfe zu suchen; eine Erkältung schlug auf die Lunge, dazu kam das Unglück, daß er sich im Bade heillos verbrühte; schwer krank kehrte er nach Gries zurück, wo er schon am 13. Juli 1875 aus dem Leben schied. – O. arbeitete mühsam und plagte sich oft mit den kleinsten Dingen. Hätten ihn die Sterne, statt in das Kloster, zu Meister Piloty geleitet, er wäre – ebenso wie sein Landsmann Matthias Schmid in seinem Genre – zumal bei Obwexer’s entschieden coloristischer Begabung, ein Name erster Größe am deutschen Malerhimmel geworden. So blieb er zeitlebens bescheiden in seiner Sphäre verborgen. Obwohl arm und in der Schule des Ungemachs aufgewachsen, wäre es ihm unmöglich gewesen, fremde Milde für sich zu heischen. Und trotzdem gelang es ihm, Samariterdienste zu erweisen und mit seinem Scherflein anderen Beistand zu leisten. – Ungelenk in seiner Erscheinung, rauh und schwerfällig in seiner Sprache, blieb er stets doch eine edle Seele und ein ächter Sohn seiner Berge, ein wahrer Edelstein, dessen Werth unter feinerem Schliff und richtiger Fassung erst recht zur Geltung gekommen wäre.

Vgl. Nekrolog in Beil. 269 Allgem. Ztg. vom 26. Sept. 1875 und die kleine Schrift: „P. Paul Obwexer, Conventual des Benedictinerstiftes Muri-Gries bei Bozen.“ Bozen 1875.