ADB:Normann, Helmuth Theodor Wilhelm von

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Normann, Helmuth Theod. Wilhelm Baron v.“ von Otto Beneke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 16–18, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Normann,_Helmuth_Theodor_Wilhelm_von&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 22:48 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Nork, Friedrich
Band 24 (1887), S. 16–18 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand September 2013, suchen)
Helmuth Theodor Wilhelm von Normann in Wikidata
GND-Nummer 117057266
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|24|16|18|Normann, Helmuth Theod. Wilhelm Baron v.|Otto Beneke|ADB:Normann, Helmuth Theodor Wilhelm von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117057266}}    

Normann: Helmuth Theod. Wilhelm Baron v. N., Diplomat und Dichter, dessen reiches Talent, vor völliger Entfaltung der Blüthe, ein frühzeitiger Tod nicht zur Vollendung kommen ließ. – Geboren am 8. März 1802 zu Neustrelitz, ein Sohn des in demselben Jahre gestorbenen Geh. Raths Friedrich v. N., erhielt das kränkliche Kind von seiner trefflichen Mutter, einer geb. Freiin v. Brockhusen, die sorgsamste Erziehung und Ausbildung, zuletzt auf dem Pädagogium in Halle, worauf er die dortige Universität besuchte, und hier wie in Göttingen und Heidelberg die Rechtswissenschaften studirte, seit 1819. – Eigentlich gegen seine Neigung, die ihn zur Litteratur und Poesie mächtig hinzog, wurde er sodann beim Stadtgericht in Berlin angestellt, und nach dem zweiten Examen beim dortigen Kammergericht. Nun aber erbat er sich Urlaub auf [17] unbestimmte Zeit, um sich in der Welt umzuschauen. In Mannheim und in Montpellier verweilte er lange, um dem Studium der Litteratur und Poesie sich gänzlich hinzugeben, wie ihm sein Genius gebot. Er bereiste dann Südfrankreich, Theile von Spanien und ganz Italien einschließlich Sicilien. In Rom machte er die Bekanntschaft einer vornehmen englischen Familie, deren Tochter, Miß Maclean Douglas Clephane, ihm eine tiefe Neigung einflößte, während des jungen deutschen Dichters Erscheinung auch nicht ohne Eindruck blieb auf die Gedanken- und Gefühlswelt der edlen jungen Britin. Bei den vielen einer Verbindung fürs Leben entgegenstehenden Schwierigkeiten mußte er indessen seine Liebe für hoffnungslos halten, und eine Folge solcher Stimmung mag jene poetische Melancholie geworden sein, die seine damals wol entstandene schöne Erzählung „Die Reise auf den St. Gotthard“ (erschienen 1826) so eigenthümlich durchzieht. Die Aehnlichkeit der hier geschilderten Personen und Zustände veranlaßte daher die Sage, daß der Dichter in diesem kurzen Roman die eigenen Erlebnisse dargestellt habe. Indessen spornte die geringe Aussicht auf Verwirklichung seines Herzenswunsches den Dichter zu dem Entschluß, das Seinige ernstlich zu versuchen um sein Kleinod zu erringen. Er kehrte nach Deutschland zurück, und bestand, um sich zur diplomatischen Carrière vorzubereiten, das dritte Examen, welches ihn als Regierungsassessor nach Aachen führte. In fernerer Verfolgung seines Zwecks ging er auf ein Jahr nach Paris, um bei der preußischen Gesandtschaft daselbst den Dienst kennen zu lernen. Hier fanden sich nun die Liebenden wieder und dies Wiedersehen führte sie zur förmlichen Verlobung. Jetzt eilte er nach Berlin zurück, bestand nochmals eine Prüfung und wurde zum Legationssecretär bei der preußischen Gesandtschaft in Hamburg ernannt (1831). Noch im Sommer desselben Jahres feierte er seine Vermählung auf Ashby-Castle in Northampton und kehrte mit seiner Gemahlin nach Hamburg zurück. Hier sah man in den ersten Gesellschaftskreisen dem Eintritt des jungen Paares mit Interesse entgegen und fand die gehegten Erwartungen völlig gerechtfertigt. Inzwischen waren noch zwei andere Werke Normann’s erschienen. Das „Trauerspiel in Tyrol“ (1827) und „Mosaik, oder erste Liebe Heinrichs IV.“ (1828). Vorzüglich letztere Dichtung, zu welcher er wol bei seinem Aufenthalte in Südfrankreich die Anregung empfangen, fand allgemeinsten Beifall. Der damals noch neue Versuch, eine „Novelle in Versen“ zu schreiben, war ihm um so besser gelungen, als die nicht unvermittelte Verbindung einer romantischen Liebesgeschichte alter Zeit mit geistreichen, zum Theil humoristischen Schilderungen moderner Zustände und Personen (daher der Titel Mosaik) dem Leser willkommene Abwechslung bot. Auch kleinere in Zeitschriften erschienene Dichtungen, z. B. „Die Gruft von St. Denys“, „von Speyk“ und „Ein Carneval in Berlin“ hatten aufmunternde Beachtung gefunden. – Die in Hamburg verlebten Honigmonde der jungen Ehe waren indessen nicht ohne Schatten. Wegen Abwesenheit des Gesandten (des Grafen Mortimer v. Maltzan) lag N., seinem Vertreter, die ganze Geschäftslast ob, welche in jener unruhigen Zeit sich ungemein häufte. Kaum war ihm einige Muße gegönnt zur Pflege der von ihm ersehnten stillen Häuslichkeit. Den Plan, im Frühjahr seiner Mutter in Mecklenburg die Gattin zuzuführen, vereitelte ein bösartiges Scharlachfieber, welches ihn am 1. April 1832 befiel. Schon am 6. April erlag der edle junge Mann dieser Krankheit. – Ausgerüstet mit glänzenden gesellschaftlichen Eigenschaften, blieb er stets bescheiden und anspruchslos, fast zurückhaltend, so daß erst nach längerer näherer Bekanntschaft seine Vorzüge völlig erkannt wurden. Bei seinem hellen Geist, seinen vielseitigen Kenntnissen, seiner dichterischen Begabung und Begeisterung für das Edle und Schöne, würde er sicherlich bei längerem Leben [18] noch Großes geleistet haben. Im Manuscript hinterließ er ein Trauerspiel „Richard Löwenherz“ und mehrere Dichtungen, darunter „Otto“ sowie „Sicilien“, auch einen Roman in Briefen, Werke, welche der letzten Feile noch entbehrend, ungedruckt geblieben sind.

S. Neuer Nekrolog der Deutschen, Jahrgang 10 Thl. I, S. 269 ff.