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Artikel „Noort, Olivier van“ von Friedrich Ratzel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 1–3, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Noort,_Olivier_van&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 13:23 Uhr UTC)
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Noort: Olivier van N., (auch Noord), Seefahrer und Entdecker, geb. 1568 (bei van der Aa fälschlich 1588) zu Utrecht, † 22. Februar 1627. Als erster niederländischer Weltumsegler, der die Magellansstraße kreuzte, um über Borneo und Java das Kap der guten Hoffnung und von da die Heimath zu erreichen, erhielt N. mit Recht seine Stelle unter den namhaften Seefahrern und Entdeckern seiner Zeit. Wir wissen von Noort’s übrigem Leben, daß er längere Zeit in Rotterdam eine Herberge hielt, daß er schon 1602 wieder ein Schiff im Dienste seines Landes commandirt und daß er unter den Vertheidigern Ostendes genannt wird. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er zu Schoonhoven, wo er auch starb. Die Handbücher der Geographie rühmen bis in unsere Zeit N. als den, der in den Worten seiner Grabschrift[WS 1] „circuit orbem a Magellano quartus“. Diese Reihe ist nicht [2] festzuhalten, auch hat N. durch seine Fahrt wenig zur wissenschaftlichen Erkenntniß der von ihm besuchten Theile der Erde beigetragen. Sein Zweck war in erster Linie der politische: den Portugiesen und Spaniern Schaden zuzufügen, dann der commercielle: directe Verbindungen mit dem äußersten Südosten Asiens unabhängig von den dort herrschenden iberischen Mächten anzuknüpfen. Als damals, schreibt ein Zeitgenosse, N. seine Reise vollendet hatte, nahmen die Vereinigten Provinzen an dem Ruhm der Portugiesen und Engländer gleichen Antheil, indem nunmehr auch einer von ihnen durch die magellanische Meerenge um die ganze Welt geschiffet war. Als durch mehrere große Reisen bereits bewährter Mann wählten ihn reiche Kaufleute zu der wichtigen Expedition, die er mit vier Schiffen 1598 von Rotterdam aus antrat. Unter seiner Mannschaft befand sich der englische Pilote Melis oder Mellish, der schon mit Cavendish eine Weltumsegelung gemacht hatte, und ein Steuermann Johann aus Bremen. N. gerieth schon in Ilha de Principe, dann in Rio de Janeiro mit den Portugiesen zusammen, die ihm einen Theil seiner Mannschaft, darunter seinen Bruder Cornelius van N., kampfunfähig machten, verlor auch einige Mannschaften durch Kämpfe mit den Indianern an der patagonischen Küste. Nach einem gezwungenen Aufenthalte auf der einsamen Insel Sa. Clara sah er sich gezwungen, eines seiner Schiffe in Brand zu stecken, da er nur noch drei bemannen konnte. Nach längerem Kreuzen an der patagonischen Küste drang N. nach drei vergeblichen Versuchen am 23. November 1599 in die Magellansstraße ein und durchfuhr dieselbe unter blutigen Kämpfen mit den Indianern der Nordküste. Am 12. December erreichte er Cap Froward, am 18. traf er mit holländischen Schiffen unter Sebastian van Weert zusammen, die in der Straße überwintert hatten. In der Geusen-Bai, die er am 26. Januar 1600 erreichte, setzte N. seinen Viceadmiral Jakob Claaz aus, der sich wiederholter Insubordinationen schuldig gemacht hatte. Am 29. Februar erreichte N. endlich den Stillen Ocean, nachdem er 99 Tage gebraucht hatte, um den Weg durch die Magellansstraße zu finden. Am 14. März verlor er ein zweites seiner Schiffe aus dem Gesicht und hörte nie mehr von demselben. Er begab sich nun an die Küste von Chile und Peru, wo er so viel spanisches Eigenthum wegnahm oder zerstörte, als ihm möglich war, zog sich dann vor einem Geschwader, das der peruanische Vicekönig Velasco gegen ihn aussandte, nach den Ladronen zurück, suchte die Philippinen heim, wo er eine ganze Anzahl spanischer, portugiesischer und chinesischer Fahrzeuge wegnahm, und vor Manila einen ehrenvollen Kampf mit zwei spanischen Kriegsschiffen bestand, in der die eine Yacht, die ihm geblieben war, genommen ward. Nun begab er sich mit seinem letzten Schiffe nach Patana (Borneo), dann nach Java und kehrte über das Cap der guten Hoffnung (24. April 1601) und St. Helena nach Holland zurück, wo er nach fast dreijähriger Reise am 26. oder 28. August 1601 in Rotterdam landete. Mit vier Fahrzeugen und 248 Mann hatte er diese Reise angetreten und kam mit einem Fahrzeug und 48 Mann zurück. Der Handelsgewinn der Reise war gering, aber, wie de Groot es aussprach: „non quidem opes ullas sed clarum patriae decus attulit.“ Man würdigte in den Niederlanden Noort’s Verdienste darum besonders, und wie die Erfahrung lehrte mit großem Rechte, weil er den Holländern den Weg in den Stillen Ocean gezeigt und den seit einem Jahrhundert dort in scheinbar ungestörtem Besitz sich sicher fühlenden iberischen Mächten, sowie den Chinesen und Japanern gleichzeitig das kühne Aufstreben der holländischen Seemacht in einer Weise zu Gemüthe geführt hatte, deren Eindringlichkeit lange nicht vergessen wurde. Seine Kühnheit, Ausdauer und Geschicklichkeit haben N. eine Stelle unter den ersten Helden der Niederlande in einer Zeit verschafft, die nicht arm an echten Heldennaturen war. Allein es ist nicht zu verschweigen, daß in [3] der Art, wie N. seine Aufgabe durchführte, die Grausamkeit und der nahe an Piraterie streifende Charakter des Seekrieges jener Zeit mit erschreckender Deutlichkeit hervortreten. Der erste Bericht über diese Reise, entweder von N. selbst oder von einem ihm Nahestehenden verfaßt, erschien 1598 unter dem Titel: „Wonderlicke Voyagie bij de Hollanders ghedaen door de strate Magalanes ende voorts den kloot des Aerdtbodems om“ zu Rotterdam. 1602 erschien eine zweite Ausgabe, in demselben Jahre drei weitere Ausgaben: eine lateinische und zwei deutsche (Folio und Quart) in der De Bry’schen Sammlung zu Frankfurt.

Quellen: Die Reisebeschreibung. Die Sammelwerke von Hulsius, Purchas, de Brosse u. a. Van der Aa VIII.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Grabschaft