ADB:Neumann, Joseph
Neumann: Joseph N., Numismatiker, geb. am 29. Februar 1815, machte die Gymnasial- und Universitätsstudien in Prag, wo er im J. 1837 seine Laufbahn als Gerichtsbeamter begann und auch zum größten Theile zurücklegte; nur zwischen 1855 und 1860 war er außerhalb dieser Stadt als Kreisgerichtsrath in Kuttenberg thätig. Von dort 1860 als Landesgerichtsrath nach Prag zurückgerufen, fungirte er bis 1862 beim Civilsenate, bis 1878 als Untersuchungsrichter und Vorsitzender bei Schlußverhandlungen; zugleich mit der Führung des Kanzleidirectorats und der Hausverwaltung betraut, erwarb er sich besondere Verdienste als Referent für ökonomische Angelegenheiten und als Kerkerinspector. Nach Vollendung seines 40. Dienstjahres trat er 1878 mit dem Titel eines Oberlandesgerichtsrathes in den Ruhestand, dessen er sich jedoch nur sehr kurze Zeit erfreute; er starb am 13. October 1878 im 64. Jahre seines Lebens. – Außer einer lebhaften Neigung für Musik, Blumen- und Baumpflege beschäftigte ihn vorzüglich die Leidenschaft Münzen zu sammeln, der er seine Mußestunden und Erholungsreisen widmete. Frühzeitig betrat er eine bisher bei Seite gelassene Richtung der Sammelthätigkeit und blieb ihr treu; sie betraf das weit ausgedehnte Gebiet der Kupfermünze, nebst Jetonen, Rechenpfennigen, Marken und ähnlichen Geprägen der letzten drei Jahrhunderte und zwar nicht bloß von Europa allein, sondern auch von den übrigen Welttheilen. Seine Sammlung brachte er bis zum Jahre 1876 – damals widmete er sie der kaiserlichen Münzsammlung in Wien, in welche sie auch aufgenommen wurde – auf mehr als 22,000 Stücke. Sie enthält in der Hauptsache jenes Materiale, welches die Grundlage für die wichtigste seiner in Druck erschienenen Arbeiten gebildet hat, für sein vielverbreitetes Werk: „Beschreibung der bekanntesten Kupfermünzen“, Prag 1858–1872, 6 Bände mit 79 Tafeln und der genauen ausführlichen Beschreibung von 40,100 Münzen und münzähnlichen Geprägen, nebst trefflichen Indices. Nicht blos für den Numismatiker und Sammler ist dieses Hauptwerk Neumann’s ein unentbehrliches Hilfsbuch geworden, sondern es bietet auch dem Culturhistoriker eine reiche Quelle für das Studium des Volkslebens, da namentlich in den Jetonen, Spott- und Gelegenheitsmünzen das Denken und Streben der unteren Schichten des Volks sich freier und ungezwungener auszusprechen pflegt, als es in officiellen Medaillen geschehen kann. Ueberdies nahm N. das von der numismatischen Gesellschaft in Prag 1852 unternommene, aber bald ins Stocken gerathene Werk: „Beschreibung der böhmischen Privatmünzen“ auf eigene Kosten wieder auf und vollendete es mit großen Opfern im J. 1870; es wuchs zu einem stattlichen Quartband mit 838 S. Text und 85 Tafeln. Eine kleinere Arbeit aus seiner Feder betrifft die „Reihenfolge der Joachimsthaler Münzmeister“ und ist im J. 1866 in Prag erschienen. Unleugbar hat sich N. durch die vorgenannten größeren Werke hervorragende Verdienste um die Numismatik erworben, welche durch Verleihung des Ritterkreuzes des Franz-Josephordens auch anerkannt worden sind; sie charakterisiren zugleich mehr, als es Worte thun könnten, die Ausdauer und den Fleiß des Mannes, der in allen Kreisen, mit denen er in Berührung kam, wegen seiner wahren Anspruchslosigkeit und heiteren Geselligkeit beliebt und geehrt war.
- Vgl. Numismat. Zeitschrift (Wien), 1879, S. 448.