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Artikel „Nerly, Friedrich“ von Friedrich Pecht in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 435–436, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Nerly,_Federico_von&oldid=- (Version vom 19. März 2024, 07:56 Uhr UTC)
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Nerly: Friedrich N. (Nehrlich), geb. am 29. September 1807 in Erfurt, † am 21. October 1878 in Venedig, ward bei Verwandten in Hamburg und Holstein erzogen und knüpfte dort bald Freundschaft mit dem bekannten Thierfabelmaler Speckter[WS 1] an, weshalb er auch schon früh sich der Darstellung der Thiere zuwandte. Das Talent, das der schöne und einnehmende Jüngling dabei zeigte, erwarb ihm die Gönnerschaft des berühmten Kunstkenners Baron Rumohr, der sich nun seiner in großartigster Weise annahm, ihn in Weimar dem alten Goethe vorstellte und eine Studienreise nach Italien ermöglichte. Als Nerly um 1830 nach Rom kam, traf er die deutsche Künstlercolonie noch in größter Blüthe, mit Overbeck, Koch, Reinhard, Thorwaldsen an der Spitze, Preller, Genelli, Rahl u. A. in frischem Aufstreben. Mit allen diesen in näheres Verhältniß tretend und früh ein bedeutendes geselliges Talent entwickelnd, widmete sich N. nun vorzugsweise der Darstellung der Landschaft, mit reicher Staffage von Menschen und Thieren, wozu er sich den Stoff in der römischen Campagna oder auf einer nach Unteritalien und Sicilien gemachten Studienreise holte. Mehr Zeichner als Colorist, ist sein berühmtestes Bild aus dieser Zeit ein Büffelfuhrwerk, welches einen großen, für Thorwaldsen bestimmten Marmorblock durch die Campagna zieht. Großartig und stilvoll aufgefaßt, ist es auch in der Färbung nicht ohne pikanten Reiz der Gegensätze. Coloristen auszubilden war freilich das damalige Rom der denkbar schlechteste Ort, man begnügte sich mit großer Auffassung im Stile der Classiker oder der noch immer herrschenden Romantik. So, fast an Claude erinnernd, malte N. auch eine Rückkehr der Winzer vom Monte Circello, die ebenfalls vorzüglich aufgefaßt ist, aber nie recht fertig ward. Das ewig wechselnde und meist ganz frivole Fremdenpublicum, auf das der Künstler angewiesen ist, kann eben auch das größte Talent ruiniren. Der unstreitig hochbegabte N. ist denn auch den schlechten Einwirkungen dieser Verhältnisse, die durch die Expatriation noch verstärkt wurden, nicht entgangen. Von eleganten Manieren, schöner Persönlichkeit und dem heitersten Humor ward er bald die Seele aller geselligen Vergnügungen der deutschen Künstlercolonie, besonders der berühmten Cervarafeste. Daß die künstlerische Vertiefung und Ausbildung darunter leiden mußten, war unvermeidlich und so hat denn auch N. die großen Erwartungen, die man von seinem Talente hegen konnte, allerdings nicht erfüllt, obwohl man seinen Arbeiten weder Geschmack noch Stilgefühl und glückliche Auffassung absprechen kann. Aber über das viel Versprechen kamen seine Bilder selten hinaus bis zum Halten. Es war denn wohl auch das Gefühl dieser gründlich ungesunden Existenz, zu der fast alle deutsch-römischen Künstler verdammt sind, das ihn endlich 1837 in die Heimath wieder zurücktrieb. In Venedig angekommen und entzückt über die Schönheit der Stadt dort verweilend, malte er die Piazetta im Mondschein. Das gefiel nun so, daß er nachmals das Bild noch 36mal wiederholen mußte und es recht eigentlich sein Schicksal entschied. Denn nun blieb er sein ganzes übriges Leben in der träumerisch schönen Lagunenstadt, gleich gefesselt von der blendenden Schönheit seiner nachmaligen Gattin und durch den unendlichen Reiz des Aufenthaltes überhaupt. Er warf sich nun ganz auf die Vedutenmalerei, die er indeß mit durchaus poetischer und [436] echt künstlerischer Auffassung zu adeln wußte, selbst als er in der Technik von den Jüngeren schon längst überflügelt war. Für alle nach Venedig kommenden Deutschen aber ward fortan sein gastfreies Haus der Mittelpunkt, wie er denn als guter Patriot der Entwicklung des Vaterlandes mit Entzückens folgte. Als anerkanntes Haupt der deutschen Colonie auch von den Italienern hoch geachtet, von allen bedeutenden Fremden im Palazzo Pisani aufgesucht, wo er als Nachfolger des unglücklichen Leopold Robert seine Wohnung 40 Jahre lang beibehielt, war er nach und nach selber zu einer Art Sehenswürdigkeit geworden, die gewiß Niemand ohne Befriedigung kennen lernte. Unermüdlich thätig, wie er es war, sind seine venetianischen Prospecte in alle Welt gegangen und verdienen es auch, wenigstens durch ihre originelle und poetische Auffassung.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Otto Speckter (1807–1871).