ADB:Manteuffel, Ernst Christoph Graf von

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Artikel „Manteuffel, Ernst Christoph Graf von“ von Heinrich Theodor Flathe in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 256–257, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Manteuffel,_Ernst_Christoph_Graf_von&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 12:02 Uhr UTC)
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Manteuffel: Ernst Christoph Graf von M., geb. 1676, stammte aus einem pommerschen Geschlechte. Sein Vater, preußischer Landrath im Fürstenthum Cammin, beerbte die ausgestorbene Krückenbergische Linie seines Geschlechts, seine Mutter war eine geb. v. Bonin. Nachdem M. in Leipzig und am Reichskammergericht zu Wetzlar seine Studien gemacht und sich auf der Tour durch Holland und Frankreich zum Cavalier gebildet hatte, wurde er 1699 Kammerjunker am Berliner Hofe, vertauschte diesen aber schon 1701 mit dem Dresdener, um der Verhaftung zu entgehen, die ihm wegen einer von ihm unter dem Titel „Lampons“ auf die Gräfin von Wartenberg verfaßten Spottschrift drohte, und ging 1704, durch seinen Landsmann, den Grafen Flemming, empfohlen, als Legationsrath nach Kopenhagen, wo er 1709 Gesandter wurde. Seine Sendung nach Venedig, wo er den König von Dänemark zur Erneuerung der Tripleallianz gegen Karl XII. bewegen sollte, blieb vergeblich. Von 1711 bis 1716 war er sächsisch-polnischer Gesandter in Berlin, wo er als geistreicher und anregender Gesellschafter bei Hofe gern gesehen war. Wie schon 1709 zum Reichsfreiherrn, wurde er 1719 zum Reichsgrafen erhoben; 1716 ernannte ihn der König zum Cabinetsminister, als welcher er nach dem Tode des Grafen Flemming und dem Rücktritte Fleury’s die auswärtigen Angelegenheiten leitete, zugleich war er Director der sämmtlichen Sammlungen, stak aber, obgleich er durch seine Aemter sowie als Starost von Nowodmor, Herr auf Kerstin, Krückenberg, Gandelin und Krühne in Pommern, Slawikau, Sumin und Gardewitz in Schlesien ein Jahreseinkommen von 80 000 Thlrn. bezog, fortwährend in Schulden. Differenzen mit dem Minister Grafen Hoym bewirkten 1730 seinen Austritt aus dem sächsischen Staatsdienst mit einer Pension von 12 000 Thlrn. Nachdem er drei Jahre auf seinen Gütern in Pommern gelebt, ließ er sich dauernd in Berlin nieder, blieb jedoch von hier aus in Verbindung mit seinen Dresdener Freunden und ließ sich sogar durch Graf Wackerbarth’s Vermittelung herbei, Brühl als geheimer Agent zu dienen und ihn mit fortlaufenden Berichten über die Vorgänge und Stimmungen am Berliner Hofe zu versehen (Proben davon bei v. Weber, Aus vier Jahrhunderten. Neue Folge I, 111 ff.). Da er ein Haus im großen Stile machte, zu den höchsten Staats- und Hofbeamten, z. B. zu dem Feldmarschall Grumbkow in nahen Beziehungen stand und überall seine Spione hatte, so eignete er sich dazu ganz besonders. Er wurde der Stifter einer Gesellschaft der Alethophilen und einer freimaurerischen Verbindung, zu welcher v. Thulemeyer, Cocceji, Podewils und andere hochgestellte Männer gehörten; selbst das Mißtrauen, welches der König früher in Folge einer verdächtig erscheinenden Correspondenz[WS 1] Manteuffel’s mit seiner Geliebten, der schönen Oberhofmeisterin v. Blaspiel, gegen ihn gefaßt hatte, wich einer besonderen [257] Gunst. Seine Beziehungen zum Kronprinzen nahmen die für seine Zwecke sehr glückliche Form eines fortdauernden brieflichen Dialogs zwischen Mentor und Telemach über Sittenlehre, Geschichte und Christenthum an. Obgleich aber in sächsischem Solde stehend, benutzte er doch seine Verbindungen dazu, auch dem Wiener Hofe geheime Mittheilungen über den Dresdener zugehen zu lassen, die ihm durch eine jährliche Pension von 6000 fl. vergütet wurden. Das vertraute Verhältniß zum Kronprinzen erkaltete jedoch allmählich und als Friedrich nach seiner Thronbesteigung Kenntniß davon erhielt, daß M. mit den Feinden Preußens conspirire, so verwies er ihn als „eine in hohem Grade verdächtige Person“ des Landes. M. begab sich zunächst nach Baruth, von wo es ihm immer noch leicht wurde die Verbindung mit seinen Agenten in Berlin fortzusetzen, später ließ er sich in Leipzig nieder, in dessen Nähe seine Gattin das Rittergut Lauer besaß, und wo sein Haus, der Kurprinz, allen Gelehrten offen stand. Er starb dort am 30. Januar 1749 ohne männliche Nachkommen zu hinterlassen. Er war Mitglied der Akademien zu Berlin und London. Seine 3 Bände füllende Correspondenz mit dem Philosophen Wolf und anderen Gelehrten aus den Jahren 1738–1748 befindet sich auf der Universitätsbibliothek zu Leipzig. Vermählt war M. mit einer Baronesse Chowalkowska und nach deren frühem Tode mit Gottliebe Agnese geb. Freiin v. Blodowska, geschieden von Baron Sylvius Erdmann v. Trach.

Eine Schilderung, die Haxthausen von M. entwirft, bei Vehse, Geschichte der sächsischen Höfe, VI, 49. – Manteuffel’s Briefwechsel mit dem Kronprinzen Friedrich bei v. Weber, Aus vier Jahrhunderten. Neue Folge II, 240 ff.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Corrrespondenz