ADB:Manstein, Christoph Hermann von

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Artikel „Manstein, Christof Hermann von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 248–250, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Manstein,_Christoph_Hermann_von&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 18:05 Uhr UTC)
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Manstein: Christof Hermann v. M., preußischer Generalmajor, wurde zu St. Petersburg am 1. September 1711 geboren. Sein Vater war russischer [249] General und M. war bestimmt, ebenfalls in russische Dienste zu treten; ein Freund seines Vaters aber beredete diesen, ihn nach Preußen zu schicken und so kam er, durch das Kadettenkorps, zunächst in die preußische Armee. 1730 ward er Fähnrich. Gelegentlich eines Besuches bei seinen Eltern vertauschte er jedoch den preußischen Dienst mit dem russischen; die Kaiserin Anna stellte ihn als Grenadiercapitän bei dem Regiment Sanct Petersburg an und M. fand sehr bald Gelegenheit, in den Kämpfen gegen Tataren und Türken sich auszuzeichnen. Als die Kaiserin 1739 zu Belgrad Frieden schloß, ernannte sie ihn zum Oberstlieutenant und zum Flügeladjutanten des Feldmarschalls Münnich. Nach dem Tode der Kaiserin (28. October 1740) wurde Herzog Biron von Curland Vormund ihres Nachfolgers Iwan und Regent. Münnich beschloß ihn zu stürzen und beauftragte M., sich seiner zu bemächtigen. Dieser erledigte sich seines Auftrages, indem er ihn in der Nacht vom 19. zum 20. November desselben Jahres verhaftete und nach Schlüsselburg brachte, mit großem Geschick. Iwan’s Mutter, die Großfürstin Anna, welche dem Namen nach, und Münnich, welcher in der That nun die Regierung führten, belohnten ihn durch Ernennung zum Oberst, gaben ihm das Regiment Astrachan und verliehen ihm bedeutende Güter in Ingermannland. Im folgenden Jahre brach Krieg mit Schweden aus; M. kommandirte eine Brigade und focht in der Schlacht bei Wilmanstrand, wo Feldmarschall Lacy den Generalmajor Wrangel schlug. Erhaltene Wunden nöthigten ihn nach St. Petersburg zurückzukehren. Gleich darauf, am 6. December 1741 schwang sich die Kaiserin Elisabeth auf den Thron; Münnich wurde nach Sibirien verbannt und alle seine Anhänger mußten mit ihm leiden. M. verlor sein Regiment und seine Güter und mußte ein Garnisonregiment an der sibirischen Grenze übernehmen, doch gelang es ihm nicht lange nachher das Kommando desselben mit dem des in Livland stationirten 2. Moskauischen Regiments vertauschen zu dürfen. Mit diesem diente er 1743 auf der Flotte. Dann begegnete ihm ein neues Mißgeschick. Auf die Angebereien eines liederlichen Offiziers seines Regiments, der ihn des Verraths beschuldigte, ward er gefangen gesetzt und ihm der Prozeß gemacht. Es gelang ihm zwar seine Unschuld nachzuweisen, doch war ihm nun der russische Dienst verleidet und er forderte seinen Abschied. Dieser wurde ihm verweigert. M. nahm Urlaub, ging nach Deutschland, versuchte von hier aus vergeblich seine Entlassung durchzusetzen und trat schließlich, ohne dieselbe erhalten zu haben, am 15. März 1745 als Oberst und Generaladjutant des Königs in die preußische Armee, mit welcher er am Kriege von 1745 theilnahm. M. hat alle diese Verhältnisse in seinen, nach seinem Tode (1770) deutsch, französisch und englisch erschienenen Denkwürdigkeiten über seine Erlebnisse und über die militärischen und politischen Zustände Rußlands in den Jahren 1727–1744 dargestellt. – Friedrich der Große gebrauchte ihn zu allerlei Geschäften, auch nichtmilitärischen, und machte ihn 1754 zum General. Beim Einmarsch in Böhmen im J. 1756 nahm er Schloß Tetschen, trieb dann die vom Könige ausgeschriebenen Kontributionen ein und erhielt nach der Capitulation von Pirna das gefangen genommene Infanterieregiment v. Minkwitz, welches er während der Winterquartiere in Dippoldiswalde auf preußischen Fuß setzte. 1757 mußte er schon vor dem Einmarsch des Königs in Böhmen, um den Feind über die wahre Angriffsrichtung zu täuschen, am 5. April über Stolpen gegen Hainspach demonstriren und focht dann in der Schlacht bei Prag, zu deren Entscheidung er durch selbstständiges Vorbrechen beitrug. Bei Kolin, wo er auf dem linken Flügel des ersten Treffens eine Brigade kommandirte, trug sein unvorsichtiges, vom Könige nicht gewolltes Vorgehen gegen das Dorf Chocenitz, aus welchem er die Kroaten zu vertreiben vorhatte, die Mitschuld an dem Mißerfolge. Er verwendete zu dem Angriffe [250] die äußersten drei Bataillone des linken Flügels, die gar nicht unter seinem Befehle standen, zwei Bataillone seiner eigenen Brigade folgten, das Dorf wurde genommen, er konnte aber jenseits desselben kein Feld gewinnen, büßte von den 3000 Mann, die er ins Feuer geführt hatte, 1800 ein und mußte dann wieder zurückgehen. Einer erhaltenen Wunde wegen gedachte er sich nach Dresden zu begeben; der Transport aber, bei welchem er sich befand, wurde am 27. Juni bei Welmina von Laudon’s Kroaten angegriffen und bei dem entstehenden Gefechte wurde M. erschossen. M. war ein sehr gebildeter Mann und tüchtiger Soldat, wenn auch etwas zu hitzköpfig, so daß der König ihn als „célèbre pour avoir engagé la bataille de Prague et avoir causé la perte de celle de Kollin“ bezeichnet (Oeuvres posthumes, T. 3, p. 180), man hatte große Hoffnungen auf ihn gesetzt.

Pauli, Leben großer Helden, 3. Theil. Halle 1759. – Hörschelmann, Leben und Charaktere preußischer Helden. Erfurt und Leipzig 1762.