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Artikel „Malkaw, Johannes“ von Herman Haupt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 164–165, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Malkaw,_Johannes&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 09:12 Uhr UTC)
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Malkaw: Johannes M. (Johannes de Prussia), Volksprediger während der Zeit der großen Kirchentrennung. Johannes M. war um die Mitte des 14. Jahrhunderts in der damals zum Gebiete des Deutschen Ordens gehörenden Stadt Straßburg an der Drewenz in Preußen geboren. Zuerst Weltpriester, trat er als Novize in ein Karthäuserkloster ein, welches er aber bald wieder verließ, angeblich weil seine Körperkräfte den Anforderungen der strengen Ordensregeln nicht gewachsen waren. Seit 1388 finden wir M., der inzwischen den Magistergrad erworben, in den Rheinlanden, wo er nun seine eigentliche Lebensaufgabe in der Volkspredigt als Vorkämpfer der Obedienz des Papstes Urban’s VI. und seiner Nachfolger und als leidenschaftlicher Gegner der avignonesischen Gegenpäpste gefunden hat. Als König Karl VI. von Frankreich 1388 einen Feldzug gegen Herzog Wilhelm von Geldern unternahm, ergriff M. begierig die Gelegenheit, um in Köln von der Kanzel herab zum Kampfe gegen die französischen Schismatiker aufzufordern. Kurz darauf finden wir ihn in Koblenz, wo er sich zum Wortführer der damals die Volksmassen beherrschenden feindseligen Stimmung gegen die jüdischen Capitalisten machte. Wegen seiner Ausfälle auf die den Juden von dem Trierer Erzbischof ertheilten Privilegien wurde er gefangen gesetzt und später des Landes verwiesen. Nachdem er noch in Mainz gegen die Schismatiker gepredigt hatte, stürzte er sich 1390 zu Straßburg in einen überaus heftigen Kampf gegen die Anhänger des Gegenpapstes; zugleich griff er die dortigen Bettelmönche in unbarmherziger Weise an, indem er in seinen Predigten die mannichfachen Gebrechen des damaligen Klosterlebens schonungslos enthüllte. Malkaw’s Eifer für die Hebung der damals in allen Volksschichten tief gesunkenen Sittlichkeit trieb ihn aber zugleich in die Gegnerschaft gegen die Lauheit und Gleichgültigkeit des gesammten geistlichen Standes. Er kündigte an, daß Gott den Ungebildeten und Unwissenden die Erkenntniß der Wahrheit verleihen werde. Sollten diese auch nicht besser wie Handwerker und Bauern zu sprechen vermögen, so gelte es doch, sie gegen ihre Verfolger, besonders gegen die gewissenlosen Schriftgelehrten, zu vertheidigen. Während die Straßburger Volkskreise in M. einen gottgesandten Propheten erblickten, sannen die von ihm so schwer gereizten Anhänger der Avignonesischen Obedienz, namentlich aber die Straßburger Bettelmönche darauf, den gefährlichen Prediger mundtodt zu machen. Zur Gewinnung des für das Jubeljahr 1390 von Bonifaz IX. verkündigten Ablasses war M. inzwischen nach Rom gepilgert und hatte unterwegs auch in Basel und Zürich, hier namentlich gegen die Unsittlichkeit der geistlichen Kreise, gepredigt. Als er zu Anfang des Jahres 1391 nach der Rückkehr nach Straßburg seine Kanzelvorträge dort wieder aufgenommen hatte, erhoben seine Gegner gegen ihn die Anklage der Ketzerei, und Bischof Friedrich von Blankenheim, der selbst die Sache des Gegenpapstes begünstigte, ließ M. in seinem Schlosse zu Benfeld gefangen setzen. Wir besitzen noch die von M. in seiner Haft verfaßte ausführliche Vertheidigungsschrift, worin er die gegen ihn erhobenen Anklagen zurückweist und in überzeugender Weise darlegt, daß der Dominicaner Böckeler, bei der Erhebung seiner Anklage sich zum Werkzeug der Rache der Straßburger Schismatiker und der über Malkaw’s Vorwürfe aufgebrachten sittenlosen Geistlichen gemacht hatte. Ueber den weiteren Verlauf des gegen M. angestrengten Processes wissen wir nur das eine, daß er mit dem Leben davonkam. Im folgenden Jahre, im Juli 1392, wurde die Heidelberger Universität um eine Entscheidung über Malkaw’s [165] Proceß angegangen, wobei sie sich die Auffassung des Inquisitors zu eigen machte; zwei Jahre später jedoch, im Juli 1394, unterzog die Universität die Anklageartikel einer wiederholten Prüfung und gelangte dabei zur Freisprechung Malkaw’s, mit dem alsdann sein Straßburger Ankläger Frieden schloß. M. hatte mittlerweile sich an der Kölner Universität immatrikulirt und war 1393 zum päpstlichen Kaplan ernannt worden. Im J. 1396 finden wir ihn als Comthur des Deutschen Ordenshauses zu Straßburg, in welcher Stellung er uns noch im J. 1402 begegnet. Nahe Beziehungen verbinden ihn während dieser Zeit mit König Ruprecht, der ihn wiederholt zu diplomatischen Sendungen an die oberrheinischen Reichesstände verwendet. Weitere Nachrichten über M. haben wir alsdann erst wieder aus dem Jahre 1411, wo wir ihn als Angehörigen des Benedictinerordens zu Köln wiederfinden, abermals in einen Handel mit der Inquisition verwickelt. Auch in diesem Falle ist M. wegen seiner Parteinahme für Urban’s VI. Nachfolger, Gregor XII., und wegen seiner leidenschaftlichen Angriffe gegen den Gegenpapst Johann XXIII. als Ketzer und gefährlicher Aufwiegler der Volksmassen belangt worden. Angeblich unter Bruch eines eidlichen Versprechens entwich M. aus Köln und setzte sich in Bacharach fest, wo er von neuem gegen die Schismatiker donnerte. Zwei Jahre später, im J. 1413, tritt er zu Rimini als Vertrauensmann und Gesandter des Papstes Gregor XII. auf, der ihn mit einer Mission an den Kurfürsten Ludwig von der Pfalz betraute und ihm wiederholte Privilegien, überall zu predigen und Ablaß zu spenden, verlieh.

Bei Gelegenheit des Konstanzer Concils, zu dem M. vermuthlich mit Aufträgen seines Papstes in der Sache der Kirchenunion gekommen war, hat sein Handel mit der Kölner Inquisition manchen Staub aufgewirbelt. Mit der durch Gregor’s XII. Legaten, Johannes Dominici von Ragusa, erfolgten Lossprechung Malkaw’s von der Anklage der Häresie erklärte sich der Kölner Inquisitor und die Kölner Universität erst nach längeren Verhandlungen einverstanden. Ueber die ferneren Schicksale des streitbaren preußischen Magisters, dessen abenteuerlicher Lebensgang die Verworrenheit der gleichzeitigen kirchlichen und staatlichen Zustände widerspiegelt, sind wir nicht unterrichtet. – Der von 1394 bis 1398 in Wien als Professor in der philosophischen Facultät der Wiener Universität thätige Magister Johannes de Prussia ist eine von unserm M. verschiedene Persönlichkeit.

R. Wilmans, Zur Geschichte der römischen Inquisition in Deutschland, Histor. Zeitschrift XLI (1879), S. 208 ff. – H. Haupt, Johannes Malkaw aus Preußen und seine Verfolgung durch die Inquisition zu Straßburg und Köln, in der Zeitschrift für Kirchengeschichte VI, 323 ff., 580 ff., ferner in der Zeitschrift f. die Geschichte des Oberrheins, Neue Folge, Bd. VI, S. 35–39, 52. – W. Ribbeck, Beiträge zur Geschichte der römischen Inquisition in Deutschland, in der Zeitschrift für vaterländische (westfälische) Geschichte u. Alterthumskunde XLVI (1888), S. 133 ff., 147 ff. – A. Schulte in der Zeitschrift f. Gesch. d. Oberrheins, Neue Folge, Bd. VII, S. 736 f. – A. Thorbecke, Die älteste Zeit der Universität Heidelberg (1886), S. 34 und Anhang S. 28. – K. Eubel, Römische Quartalschrift f. christl. Altersthumsk. und Kirchengeschichte X (1896), S. 101 f. – Urkundenbuch der Stadt Straßburg V, 309; VI, 725. – Deutsche Reichstagsakten IV, 411, 451; V, 40. – H. Finke, Acta concilii Constanciensis I (1896), p. 78 f., 264–267.