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Artikel „Münster, Dietrich von“ von Hermann Hoogeweg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 25–27, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%BCnster,_Dietrich_von&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 18:58 Uhr UTC)
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Münster: Dietrich v. M. (Theodericus de Monasterio) stammt vermuthlich aus der westfälischen Erbmännerfamilie Kerkering. Er ist öfter mit einem andern Westfalen dieses Namens, der etwa ein Jahrhundert später lebte, verwechselt, ja identificirt worden (cf. Allg. D. B. IV S. 386 s. v. Cölde und Driver, Bibl. Monast. S. 31 ff.). Ueber sein Geburtsjahr sind wir, wie überhaupt über den ersten Theil seines Lebens, völlig im Dunkeln. Wir erfahren, daß er dem Dominikanerorden angehörte und sich dem Studium der Theologie widmete. Den ersten sicheren Anhaltspunct gibt uns die Matrikel der Universität Heidelberg (herausg. v. Töpke S. 25), in welcher erwähnt wird, daß Dietrich unter dem Rectorate des Marsilius von Inghen im J. 1387 den Eid als Magister in artibus ablegte. Noch 1388 ist er in Heidelberg (a. a. O. S. 27) thätig und bestätigte am 21. Juni die Richtigkeit der von Marsilius gelegten Rechnung über sein Rectorat. Nur vorübergehend kann sein Aufenthalt als Professor der Theologie an der Universität Prag gewesen sein, denn bereits 1389 war er in Cöln, und gehörte zu jenen zwanzig Magistern, welche die neue Hochschule hierselbst constituirten. Am 23. December 1390 wurde er zum Rector der neuen Universität gewählt und gehörte derselben fortan als Professor der Theologie an. Ein reiches Arbeitsfeld eröffnete sich ihm hier, wo er als Mitglied der Universität seine Kenntnisse vermehren und bald auch als [26] Vicekanzler des Erzstiftes in die politischen Ereignisse der unruhigen Zeit eingreifen konnte. Nachdem er noch mehrere Male das Rectorat und andere Würden bekleidet hatte, wurde ihm die Auszeichnung zutheil, der Gesandtschaft der Universität zum Concil von Constanz beigesellt zu werden. Bereits hatte Papst Johann XXIII. eine Einladung erlassen, als Kaiser Sigmund i. J. 1414 persönlich in Cöln anwesend war, und hier am 19. November eine feierliche Versammlung der Mitglieder der Hochschule berief. Dringend ermahnte er sie, geeignete Personen nach dem Concil zu schicken. Die Wahl fiel auf Dietrich, den Magister Johann Vorburgh decret. doctor, den Magister Anthonius von Velme, artium et medicinae doctor, und den Magister Gottfried von Hegghe aus Dorsten, mag. art. und Baccal. der Theologie. Nachdem diesen am 14. December in einer Generalversammlung im Minoritenkloster ihr Mandat ausgestellt war, reisten sie am folgenden Tage nach Constanz ab. Nach einer beschwerlichen und kostspieligen Reise kamen sie am 2. Januar des folgenden Jahres dort an. Als sie am 7. Januar nach der von Johann XXIII. selbst celebrirten Messe durch den Cardinal von Colonna jenem vorgestellt wurden, fiel unserm Dietrich die Ehre zu, dem Papste die Ehrerbietung und Ergebenheit der Kölner Universität auszudrücken. Der Papst ließ ihn zum dreimaligen Kusse zu und antwortete sehr gnädig, sprach seinen Dank aus für ihren Eifer und machte ihnen gute Hoffnung. Fortan war Dietrich bei den wichtigsten Angelegenheiten des Concils activ betheiligt. So gehörte er zu jener Commission, welche, aus sechs Gesandten einer jeden Nation zusammengesetzt, dazu ernannt wurde, die Irrlehren – außer den hussitischen – genauer zu prüfen und geeignete Reformvorschläge beizubringen, zugleich aber auch die Aufgabe hatte, die Schrift des Franzosen Johannes Parvus (Petit) zu verdammen, der die Ermordung des Herzogs Ludwig von Orleans gut geheißen und den Satz aufgestellt hatte, daß es jedes Unterthanen und Vasallen Recht sei, einen Tyrannen auf jede Weise ungestraft bei Seite zu schaffen (von der Hardt, Conc. IV, 331). – Als Kleriker vertraut mit dem Treiben der damaligen Geistlichkeit und im Besitz eines ausgezeichneten Rednertalentes wurde er ein eifriger Vorfechter der Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern. Aus den Bruchtheilen seiner Reden, die auf uns gekommen sind, ersehen wir, daß es ihm darauf ankam, das Uebel bei der Wurzel zu fassen und mit dieser zu beseitigen. Dies glaubte er nur erreichen zu können durch Heranbilden eines moralisch tüchtigen Klerus, durch Beseitigung des Hochmuths, der Habsucht und des lasterhaften Lebens der Geistlichen, welche selbst durch dieses Treiben den Laien gegen den Klerus aufreizen (v. d. Hardt, Conc. V, prol. S. 23). „Kaum zu beschreiben, heißt es in einer andern Rede (a. a. O.) ist der Müßiggang des Klerus und besonders der Prälaten, die bestimmt sind zur Bebauung des Weinberges des Herrn … Sie würden noch erträglich sein, wenn sie, da sie nicht arbeiten können oder wollen, wenigstens als Vogelscheuchen die Vögel fern hielten, welche den Weinberg berauben. Aber sie arbeiten nicht wie Winzer, noch scheuchen sie die Thiere wie solche Schreckbilder, sondern locken, wie verwesende Leichname, die in den Weinberg geworfen sind, durch ihren Geruch die Thiere an, welche den Weinberg verwüsten.“ – Auch in der Sache gegen Johann Huß war er activ betheiligt. Sind wir auch nicht genauer unterrichtet, so haben wir doch einige Andeutungen in den Briefen, welche er und die anderen Gesandten an die Cölner Universität in dieser Angelegenheit schrieben. In dem Briefe vom 19. Mai 1415 berichtet er, daß er mit acht Deputirten der Nationen sich am folgenden Tage nach Gottlieben, wo Huß gefangen saß, begeben werde „um mit ihm über gewisse Dinge zu sprechen“. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß Dietrich noch einige Male solchen Deputationen beigesellt wurde, denn es fanden öfter noch Besprechungen der katholischen Geistlichkeit mit Huß statt. Sicher wissen wir, daß Dietrich zu der Commission [27] gehörte, die am 1. Juli 1415, aus sechs Deputirten bestehend, nach dem Franciskanerkloster, wohin Huß von Gottlieben gebracht war, sich begab. Wie alle vorhergehenden, so war auch dieser Versuch, Huß von seiner Ueberzeugung abzubringen, ein vergeblicher. Denn Huß blieb dabei, daß er nicht widerrufen könne, denn er werde – schrieb er an seine Freunde – jurabo, quod nunquam illos errores attestatos praedicavi, tenui neque asserui, nec praedicabo, tenebo aut asseram (v. d. Hardt a. a. O. IV, 345). Zu bedauern ist, daß Dietrich nirgends den Eindruck, welchen Huß auf ihn machte, schildert, oder uns einige Andeutungen über den Charakter und das Benehmen dieses Mannes gibt. – Genauer erfahren wir, wie Dietrich über die Flucht des Papstes, zu dem die Cölner Universität stand, dachte. Er verurtheilt sie entschieden, denn durch sie scheint ihm der Erfolg des ganzen Concils in Frage gestellt. Die Begründung derselben durch den Papst läßt er nicht gelten, sondern sucht in ihr nur das Mittel Johannes XXIII., sich den gegebenen Versprechungen zu entziehen. – Inmitten der politischen und kirchlichen Angelegenheiten wirkte Dietrich aber in Constanz auch noch speciell für die Verbesserung der Einkommen der Lehrer an der Universität Cöln. Lange Zeit hin zogen sich die Verhandlungen über das Collationsrecht der Päpste, welches beschränkt und dafür der Einfluß der Bischöfe erhöht werden sollte. Wie thätig Dietrich in dieser Angelegenheit war, ersieht man aus der regen Correspondenz mit der Universität Cöln. Die Sache erreichte aber ihren Abschluß erst nach dem Constanzer Concil und Dietrichs Tode im sog. Wiener Concordat. – Ein besonderes Verdienst und Anspruch auf Dank erwarb sich Dietrich noch nach seinem Tode um die Cölner Universität, indem er der Artistenfacultät seine aus mehr als 500 Bänden bestehende Bibliothek vermachte. Da die Aufstellung dieser i. J. 1419 erfolgte, so muß Dietrich wol nicht lange vorher gestorben sein. – Von seiner schriftstellerischen Thätigkeit ist uns – außer den bei Martene, Thes. novus Anecd. tom. II, 1610 ff. mitgetheilten Briefen, deren ein großer Theil allerdings nicht ihm speciell, sondern der Cölner Gesandtschaft angehört, und den bei von der Hardt, Conc. Const. V. prol. S. 22–24 und in desselben Historia Liter. Reform. p. III. S. 45 und 58 gedruckten Bruchstücken und Excerpten seiner Reden – nur ein Werk erhalten unter dem Titel: De vitio proprietatis ad Sanctimoniales conventus St. Aegidii Monasteriensis, dessen Handschrift sich in der Martins-Bibliothek in Tournay befindet.

Fabricius, Bibliotheca medii aevi. Evelt in der Zeitschr. für vaterl. Gesch. und Alterthumskunde Bd. XXI, S. 263 ff. Nordhoff in Pick’s Monatsschr. I. S. 71. Töpke, Matrikel der Univers. Heidelberg.