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Artikel „Lupus, Christian“ von Karl Werner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 651–653, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lupus,_Christian&oldid=- (Version vom 27. Dezember 2024, 18:33 Uhr UTC)
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Lupus (Wolf): Christian L., geb. zu Ypern 1612, † am 10. Juli 1681 zu Löwen, trat 15 Jahre alt in den Orden der Augustiner-Eremiten und wurde nach Beendigung seiner Studien nach Köln geschickt, um daselbst im Kloster seines Ordens Philosophie zu lehren. Während seines Kölner Aufenthalts gewann er den daselbst residirenden päpstlichen Nuntius Fabius Chigi (nachmaligen Papst Alexander VII.) zu seinem Gönner. Von Köln wurde er nach Löwen berufen, um eine theologische Lehrkanzel an der Universität einzunehmen. Er machte sich als theologischer Lehrer die Vertretung des Augustinismus zu seiner specifischen Aufgabe und oblag dem Studium der Schriften Augustin’s und der patristischen Litteratur insgemein mit solchem Fleiße, daß ihm nachgerühmt wurde, er habe Tag für Tag 15 Stunden studirt. Von Löwen wurde er nach Douai berufen, um in gleicher Eigenschaft zu lehren. Wegen [652] seiner eifrigen Vertretung des strengen Augustinismus gerieth er in den Verdacht zum Jansenismus hinzuneigen; demzufolge trat, da ihm von der Löwener Universität die theologische Doctorwürde verliehen werden sollte, der päpstliche Internuntius der Niederlande hemmend dazwischen, Papst Innocenz X. behob das Hinderniß (1653). Bei dessen Nachfolger Alexander VII. wurde er aber neuerdings wegen Nichtbeachtung der päpstlichen Erlässe gegen den Jansenismus angeklagt. L. reiste nach Rom, um sich vor dem Papste persönlich zu verantworten, was ihm auch vollkommen gelang. Während seines fünfjährigen Aufenthaltes in Rom gewann er viele Freunde und Gönner. Lucas Holstenius war sein aufrichtigster Bewunderer und versicherte, keinen genaueren Kenner der altchristlichen Kirchengeschichte als L. kennen gelernt zu haben. Der berühmte nachmalige Cardinal Noris empfing die Richtung seiner Studien durch L. Nach Belgien zurückgekehrt erhielt er von seinem Orden mannigfache Beweise der Achtung und des Vertrauens. Im J. 1677 wurde er abermals nach Rom geschickt und mit ihm drei andere gesinnungsverwandte belgische Theologen, Franz van Viane, Lambert Ledron und Martin Steyaert, um die Verurtheilung von 65 Propositionen eines laxen Probabilismus zu erwirken. Bei dieser zweiten Anwesenheit in Rom wurde er vielfach ausgezeichnet; nicht nur Papst Innocenz XI. zeigte sich ihm gewogen, auch die Königin Christine von Schweden und der Großherzog Cosmus III. von Florenz ehrten ihn durch Beweise ihrer Hochschätzung. Die von dem dazumal in Rom versammelten Generalcapitel seines Ordens ihm zugedachten Ehren und Würden lehnte er ab, ebenso auch jene von Seite des Papstes selber. Er zog es vor wieder nach Löwen zurückzukehren (1679); selbst die Stelle eines Regens primarius an der theologischen Facultät in Löwen behielt er nur auf Andringen des Herzogs von Parma[WS 1] bei. Er bekleidete sie aber nur kurze Zeit, da er dem Abschlusse seines irdischen Daseins schon nahe gerückt war. Seine schriftstellerische Thätigkeit steht im engen Connexe mit seiner Lehrthätigkeit. Da er anfangs Philosophie zu lehren hatte, so gehören auch seine beiden ersten Schriften dem Gebiete der Philosophie an: „Apologia pro anima ovi sensitiva“ (Köln 1639); „Apologia adversus Marpurgenses“ (Köln 1641). Auf die Geschichte seines Ordens bezieht sich seine nächstfolgende Arbeit: „Quaestio de origine eremitarum clericorum et monialium S. Augustini decisa ex ipso S. Augustino aliisque Patribus et coaevis, in quo elucidantur varii antiqui ritus ecclesiae Africanae ac discutitur censura Lovaniensis operum S. Augustini“ (Douai 1651). Weiter folgende vier Schriften charakterisiren ihn von Seite seiner Orientirung in den Erkenntnißquellen und Erkenntnißmitteln des dogmatischen Lehrinhaltes der kirchlichen Theologie und lassen ihn zugleich als strengen Kirchenmann und strengen Augustiner erscheinen: „Synodorum generalium et provincialium statuta et canones cum notis et historicis dissertationibus“ (Löwen 1665 und Brüssel 1673; von Bossuet in der Defensio declarationis cleri Gallicani angegriffen); „Dissertatio dogmatica de germano ac avito sensu SS. Patrum, universae ecclesiae et praesertim Synodi Tridentinae circa contritionem et attritionem“ (Löwen 1666); „Tertulliani liber de praescriptionibus cum notis“ (Brüssel 1675); „Divinum ac immobile S. Petri Apostolorum Principis circa omnium sub coelo fidelium ad romanam ejus cathedram appellationes adversus profanas hodie vocum novitates“ (Mainz 1681; gegen Marca, Boileau und Gerbais). Diesen Schriften reiht sich in historischer Folge an: „Dissertatio de S. Sacramenti expositione et processionibus“ (Lüttich 1681). Als kirchengeschichtlicher Forscher erscheint er in zwei Sammelwerken: „Ad Ephesinum Concilium variorum Patrum epistolae e mss. Cassinensis Bibliothecae codice desumtae, item ex Vaticana Bibliothecae Commonitorium Papae Coelestini“ (Löwen 1682, 2 Voll.); „Epistolae et vitae Divi [653] Thomae Mart. et Archiepiscopi Cantuariensis, nec non Epistolae Alexandri III, Ludovici VII, Henrici II aliarumque plurium sublimium personarum ex utroque foro, concernentes sacerdotii et imperii concordantiam“ (Brüssel 1682). Endlich noch „Opuscula posthuma“ (Brüssel 1690). Sein Ordensgenosse Thomas Filippini veranstaltete eine dem Papste Innocenz XII. gewidmete Gesammtausgabe seiner Werke in 6 Foliobänden (Venedig 1724–1729), welcher eine von Sabatini abgefaßte Vita auctoris vorangestellt ist.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Alexandro Farnese (* 10. Januar 1635 in Parma; † 18. Februar 1689 in Madrid), Prinz von Parma und Piacenza; seit 1678 Statthalter der (spanischen) Niederlande.