ADB:Lucas, Franz
P. de Lagarde (Die vier Evangelien arabisch 1864, S. XI) sagt: „Die allein brauchbare Originalausgabe von 1580 ist eins der seltensten und nützlichsten Bücher, die ich kenne, für die Kritik der lateinischen Bibelübersetzungen geradezu unentbehrlich.“ – Nach dem Erscheinen der officiellen römischen Ausgabe der Vulgata von 1592 veröffentlichte L. auch zu dieser kritische Anmerkungen, zunächst „Romanae correctionis in latinis Bibliis editionis vulgatae jussu Sixti V. recognitis loca insigniora observata“ (Antw. 1601 und oft), dann „Libellus alter continens alias lectionum varietates in eisdem Bibliis latinis ex vetustis manuscriptis exemplaribus collectas, quibus possit perfectior reddi feliciter coepta correctio, si accedat Summi Pontificis auctoritas, observatore et collectore eodem Fr. Luca“, Antw. 1617 mit dem vorhergehenden zusammen (beide abgedruckt in der Ausgabe der Vulgata von J. B. du Hamel, Venedig 1779). Endlich besorgte L. eine neue, namentlich mit Rücksicht auf die römische Vulgata-Ausgabe corrigirte Ausgabe der Concordanz zur Vulgata, Antwerpen 1617, welche Hubert Phalesius, Benedictiner zu Afflighem, 1642 nochmals revidirte und welche seitdem oftmals gedruckt worden ist. – Von den exegetischen und kritischen Arbeiten von L. ist 1712 zu Leyden eine Gesammtausgabe in 5 Foliobänden erschienen. Foppens erwähnt unter seinen Schriften noch eine „Instructio confessariorum“, Predigten u. dgl.
Lucas: Franz L., katholischer Theologe, geb. 1530 zu Brügge (daher gewöhnlich Franciscus Lucas Brugensis genannt), † am 19. Febr. 1619 zu Saint Omer. Er machte seine Studien zu Löwen, wo der Jesuit Johann Wilhelmi aus Harlem (Joannes Guilelmius Harlemius) sein Lehrer in den orientalischen Sprachen war, und wurde dort Licentiat der Theologie. Später (jedenfalls schon 1579) war er Canonicus, seit 1602 Decan des Capitels zu Saint Omer. L. ist unter den katholischen Theologen seiner Zeit, welche sich mit biblischen Studien beschäftigten, einer der bedeutendsten und verdienstvollsten: mit tüchtigen theologischen verband er für die damalige Zeit ausgebreitete Sprachkenntnisse; besonderen Fleiß verwandte er auf die Kritik des griechischen Textes des Neuen Testamentes und des Textes der Vulgata. Seine exegetischen Arbeiten sind „Commentarius in quatuor evangelia“ mit einem „Tractatus de chaldaica S. Scripturae paraphrasi“, Antwerpen 1606 in 2 Foliobänden, und „Commentarii supplementum in Lucam et Joannem“, Antw. 1612 und 1616 in 2 Foliobänden. Das philologisch-kritische Element kommt darin mehr zur Geltung als bei den meisten seiner Zeitgenossen (s. Richard Simon, Hist. crit. des commentateurs ch. 42. Seine „Notae ad varias lectiones editionis graecae“ und „editionis latinae evangeliorum“ sind auch in dem 6. Bande der Londoner Polyglotte abgedruckt). – Im Auftrage der Löwener theologischen Facultät besorgte L. eine neue Ausgabe der Vulgata, die 1573 oder 74 erschien. Der Text derselben ist derselbe wie in der 1547 von J. Henten beforgten Ausgabe; aber in Randnoten sind Varianten aus Handschriften, Ausgaben und Citaten und Vergleichungen der Grundtexte und alter Uebersetzungen zusammengestellt. L. wollte dieser Ausgabe einen kritischen Commentar in einem besonderen Bande beifügen; derselbe erschien aber erst 1580 gleichzeitig mit einem zweiten Abdruck der Bibelausgabe in einem Quartbande unter dem Titel „Notationes in sacra Biblia quibus variantia discrepantibus exemplaribus loca summo studio discutiuntur“, dem Cardinal Wilhelm Sirleto gewidmet, auch Antw. 1583, Leipzig 1657 und in den Critici sacri VII, 916.- Foppens, Bibl. Belg. I, 299. Hurter, Nomenclator I, 353.