ADB:Liechtenstein, Joseph Wenzel Fürst von und zu
Maximilian Graf Kaunitz; seine Ausbildung erhielt er im Karolinum zu Prag. Im 19. Lebensjahre widmete sich L., gleich einer großen Anzahl seiner Ahnen, unter welchen Heinrich Liechtenstein schon 1246 bei Wiener-Neustadt den Sieg entschied, dem Kriegerstande, machte sich im Dragonerregimente Vehlen 1716 in mehreren Vorpostengefechten gegen die Türken vortheilhaft bemerkbar, und bewies 1717 als Oberstlieutenant bei Belgrad, indem er sich aus einem Haufen Tataren herauszuschlagen wußte, eine außerordentliche Bravour. Nachdem L. in der nun folgenden Friedenszeit gründliche militärische Studien betrieben, zog er 1734 als Generalmajor gegen Frankreich mit an den Rhein, [624] und wurde noch in demselben Jahre auf Antrag des Prinzen Eugen zum Ritter des österreichischen[WS 1] goldenen Vließes erhoben. 1735 begab sich L. in einer kaiserlichen Vertrauensmission an den preußischen Hof. Das Entgegenkommen, welches er während seines zweijährigen Aufenthaltes dortselbst dem karg dotirten Kronprinzen erweisen konnte, war Ursache einer fortdauernden Werthschätzung zwischen beiden, welcher Friedrich im J. 1766 durch Uebersendung eines Porzellanservices und ganz besonders durch die Beigabe eines die Gefühle der Freundschaft betonenden Schreibens Ausdruck zu geben suchte. Bezüglich der hiermit häufig in Verbindung gebrachten Schenkung der berühmten Statue des „Adoranten“ sei jedoch bemerkt, daß es sich hierbei um einen 1747 erfolgten Weiterverkauf derselben handelt. Auch zu Paris, wo L. 1737–1740 als Botschafter des Kaisers wirkte, äußerte sich in hervorragender Art dessen Hochherzigkeit, Freigebigkeit und imposant glänzendes Auftreten; wichtig wurden die Aufklärungen, welche L. zu geben vermochte, indem er den Wiener Hof darauf aufmerksam machte, wie wenig Frankreich die Garantie zu halten gedenke, die es hinsichtlich der pragmatischen Sanktion gegeben hatte. Ausgezeichnet durch die Erhebung zum Ritter des spanischen goldenen Vließes und durch die Ernennung zum General der Cavallerie, kehrte L. nach Wien zurück, rieth gleich, wenn auch vergeblich, zur Aufstellung einer größeren Truppenmacht, befehligte 1742 bei Chotusitz den rechten Flügel des Heeres mit günstigem Erfolge sowie persönlich höchst tapfer und kämpfte 1743 in Bayern. In den letztbezeichneten zwei Jahren erwachte und reifte in L. die Ueberzeugung, Oesterreichs Artillerie bedürfe unaufschiebbar einer volländigen Umgestaltung und Verbesserung; seine Ansicht erhielt bald die Zustimmung der Kaiserin; mit Aufgebot all seiner geistigen Kraft und Aufopferung eines bedeutenden Theiles seiner Einkünfte ist ihm als General-Feld-Land- und Haus-Artillerie-Director die Durchführung gelungen. Er berief tüchtige Fachleute wie Alvson, Rouvroy, Schröder, Jacquet an seine Seite, ließ Guß- und Bohranstalten, Pulverstampfen bauen, vertheilte Belidor’s und Deidier’s Schriften über die Ingenieurkunst, versah die Artillerie mit verbesserten Geschützen in vermehrter Zahl, regelte deren taktische Gliederung den Anforderungen der Zeit gemäß und hob die Ausbildung von Offizieren und Mannschaften durch jährliche größere Uebungen und reiche Belohnungen. L. gebührt denn auch der Dank von Heer und Land dafür, daß Oesterreichs Artillerie besonders im siebenjährigen Kriege dem Gegner ebenbürtig entgegentreten konnte und ihm gefährlich wurde bei Kolin, am Moysberg, bei Breslau, Hochkirch, Landshut, Dresden, Torgau und Schweidnitz. Im Spätherbst 1745 übernahm L., zum Feldmarschall ernannt, das Kommando des allerorts zurückgedrängten Heeres in Italien. Dessen Disciplin zu kräftigen, die arg herabgekommene Ausrüstung und Bekleidung zu bessern und Offizieren wie Mannschaften möglichst bald den rückständigen Sold zu verschaffen, war Liechtenstein’s erstes Bemühen. Hochsinnig und patriotisch half er auch hier mit seinen eigenen Mitteln, konnte aber ungeachtet des gehobenen Geistes in diesem Jahre keine Erfolge mehr im Felde erringen. 1746 führte er dann das ihn verehrende Heer siegreich gegen den Feind, mußte aber nach der gewonnenen Schlacht bei Piacenza, welche er schon körperlich stark angegriffen geleitet hatte, krankheitshalber vom Kommando zurücktreten. Dem Artilleriewesen hat L. jedoch bis zu seinem Lebensende die aufmerksamste Sorgfalt und Unterstützung zugewendet. Mit L., der auch zu vielen ehrenvollen Vertretungen der Majestäten an fremden Höfen betraut worden war, schied wie aus einer überreichen Zahl von Vorkommnissen erkenntlich, wohl einer der besten Patrioten und Menschen aus dem Leben. Für die Ehre und das Wohl des Vaterlandes säumte er nie Leben und Gut einzusetzen, seinen Monarchen war er der treuergebenste Diener, Kunst und Wissenschaft fanden in ihm einen stets [625] fördernden Gönner, der leidenden Menschheit zu helfen galt ihm als heiligste Pflicht. Er genoß sohin auch das vollste Vertrauen seiner Regenten und die unbegrenzte Liebe seiner Mitbürger. Im kaiserlichen Zeughause in Wien wurde sein Brustbild in Erz aufgestellt, zu seinem Angedenken wurde im Auftrage Maria Theresia’s eine Medaille geprägt mit der lateinischen Umschrift: „die Kaiserin Maria Theresia dem Hersteller des Artilleriewesens, dem im Krieg und Frieden gleich großen Manne, Ihrem und des Vaterlandes Freunde“. L., welcher 1718 sich mit Anna Maria Carolina Fürstin Liechtenstein, verwittweten Gräfin Thun verehelicht hatte, verlor sein einziges Kind schon 1723.
Liechtenstein: Joseph Wenzel Laurenz, Herzog von Troppau und Jägerndorf, Ritter des goldenen Vließes, Großkreuz des Stephan-Ordens, wirklicher geheimer Rath, beider Artillerien oberster Befehlshaber, Inhaber eines Dragonerregiments, wurde den 9. August 1696 zu Prag geboren und ist den 10. Febr. 1772 zu Wien gestorben. Ihn bezeichnet die Geschichte als erfolgreich schaffenden Reorganisator des österreichischen Artilleriewesens und ehrt dessen treues Hochhalten an den Traditionen der um Thron und Vaterland vielverdienten fürstlichen Familie Liechtenstein. Solch’ eine Erinnerung gebührt aber auch einem Manne, der zu seiner Lebensmaxime erhoben, daß Geburt und Reichthum nur auf den Beifall der Welt Anspruch machen dürfen, wenn man sie zur Ehre und zum Wohle des Vaterlandes verwendet, sowie, daß wahrer Adel sich durch Patriotismus, Liebe für den Landesfürsten, dann durch Wohlthun und Beförderung des Guten und Schönen auszeichnen müsse. Die Erziehung Liechtenstein’s, dessen Vater Philipp im Gefechte bei Castelnuovo an der Bormida 1704 heldenmüthig ausdauerte und fiel, leiteten Walter Fürst Dietrichstein und- Wurzbach, Biogr. Lexicon des Kaiserth. Oesterreich etc. 15. Th. Wien 1866. Schweigerd, Oesterreichs Helden und Heerführer, 3. Bd., Wien 1855. Morgenstern, Oesterreichs Helden des 17. und 18. Jahrh., St. Pölten 1783. (Pezzl) Lebensbeschreibungen des Fürst. Raim. Montekukuli, des Fürsten Wenzel Liechtenstein etc. Wien 1792. Thaten und Charakterzüge berühmter Feldherren, 2. Bd., Wien 1808. Reilly, Skizzirte Biographien der berühmtesten Feldherren Oesterreichs, Wien 1813. Hormayr, Oesterreichischer Plutarch etc., 1. Bd., Wien 1807. Baur, Charakterzeichnungen interessanter Menschen etc., Hof 1806. Thürheim, Gedenkblätter aus der Kriegsgeschichte d. k. k. österr. Armee, 2. Bd., Teschen 1880. (Gräffer) Kurze Gesch. der k. k. Regimenter etc., 2. Bd., Wien 1801. Meynert, Gesch. der österreich. Armee etc., 4. Bd., Wien 1854. Schels, Oe. milit. Zeitschrift, Wien 1838, 4. Bd. 1840, 3. u. 4. Bd. Wolf, Oesterreich unter Maria Theresia, Wien 1855. Falke, Geschichte des fürstl. Hauses Liechtenstein. 3. Bd. Wien 1882.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: österrreichischen