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Artikel „Liber, Antonius“ von Wilhelm Crecelius in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 532, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Liber,_Antonius&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 14:09 Uhr UTC)
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Liber: Antonius L. (Vrye), Humanist des 16. Jahrhunderts. Geboren zu Soest hatte er, nach Hamelmann, mit R. Agricola, R. v. Langen und Alexander Hegius die elementare Bildung bei den Brüdern des gemeinschaftlichen Lebens in den Niederlanden erhalten, studirte später in Pavia und leitete nach seiner Rückkehr eine Schule in Groningen, wo er eine Frau aus einer dortigen Familie heirathete. Hierauf berief ihn Graf Moriz Spiegelberg, Propst von Emmerich, an die Spitze der dortigen Kapitelschule. Allein die anderen Kanoniker waren mit der ausgesprochenen humanistischen Richtung von L. nicht zufrieden und so wurde er bald entlassen (wahrscheinlich 1473, als Alex. Hegius von Wesel nach Emmerich ging). L. widmete sich zunächst in Köln wissenschaftlichen Studien und gab bei Johann Koelhoff daselbst drei Werke heraus, welche das von dem Humanisten so eifrig erstrebte Emporblühen der reinen Latinität namentlich in Prosa fördern sollten: 1) „Aurora grammatices“ (ohne Namen des Verfassers und ohne Angabe des Druckorts und Druckjahrs, aber mit den Typen, die Johann Koelhoff zwischen 1475–1480 gebrauchte); 2) „Titi Liuij de frulouisijs farrariensis, Oratoris ac Poete celeberrimi de Ortographia Liber admodum simgularis“ (A. L. hat nur ein Epigramm hinzugefügt); 3) „Familiarium epistolarum Compendium ex diuersis hinc inde Probatissimis autoribus pro communium studencium profectu futurorumque Rethorum ac Oratorum eruditione Per discretum ac eruditum virum Anthonium Liberum zusatensem recollectum“ (auch 2 und 3 sind in denselben Typen wie 1 gedruckt und werden wol meist mit diesen zusammengebunden vorkommen). L. hatte die Absicht, pro renovatione linguae latinae von diesen Werken auf einer Reise zum Oberrhein und von da über den Osten Deutschlands durch Niedersachsen nach Westfalen zurück etwa 1500 Exemplare zu vertreiben. Aber bereits in Koblenz schreckten ihn die Nachrichten über die Kriegswirren in Süddeutschland (Karl von Burgund) zurück. Ob er einen zweiten Plan, die Reise durch die Niederlande bis Paris auszudehnen, wirklich ausführte, ist unbekannt. L. hat noch verschiedene Schulen in den Niederlanden geleitet, wie Campen, Amsterdam, Alkmar, aber nirgends festen Fuß gefaßt, sondern überall, wie Hamelmann angibt, den Intriguen der Gegner des Humanismus weichen müssen. Er starb, wie es scheint, gegen 1508. Von sonstigen Schriften Liber’s sind gedruckt ein „Carmen panegyricum in laudem et iucundum adventum ex Italia prestantissimi et admirandi Philosophi M. Wesseli“, ferner „In laudem inclite Colonorum urbis Epygramma“ (1483), endlich „Hymni Inventor rutili Interpretatio“ (Deventer 1493). An Geist z. B. seinem Zeitgenossen A. Hegius weit überlegen, erlangte er doch keinen Namen wie dieser, weil er nirgendwo zur Ruhe gelangte, um die Erfolge seiner Mühen ernten zu können. Der Grund lag offenbar darin, daß er mit größerer Energie und Rücksichtslosigkeit die Tendenzen des Humanismus verfolgte.

Vgl.: De Antonii Liberi Susatensis uita et scriptis Commentatiuncula. Scripsit Guil. Crecelius (in der Festschrift zur Begrüßung der 34. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner zu Trier überreicht im Namen der 16. Versammlung rheinischer Schulmänner. Bonn 1879. S. 139 ff.).