ADB:Leuthold von Seven
Niune (s. A. D. B. XXIII, 549) ein Spielmannsliederbuch mit Gedichten, die größtentheils nachweislich anderen Sängern gehören, von denen kein einziges in B C ihm zugeschrieben wird, darunter auch Sprüche. Wahrscheinlich war dies Liederbuch für Leutold von Seven angelegt und wurde von ihm bei seinen Vorträgen benutzt: er war selbst ein Fahrender, ein Spielmann, ritterlichen Standes, wie Walther v. der Vogelweide, der hierin die Bahn gebrochen und die trennenden Schranken zwischen dem Repertoire der ritterlichen Lyrik minniglichen Inhalts und dem der Spielleute niedergelegt hatte. Das geht aus einem Angriff eines bürgerlichen Collegen Reinmar’s des Fiedler’s (s. A. D. B. [74] XXVIII, 97) auf Leutold hervor, in dem sich Neid, Rivalität und Standesgegensatz Luft machen. Leider können wir den Inhalt dieser Vorwürfe nicht ganz klar erkennen: höhnisch rückt der bürgerliche dem adligen Nebenbuhler sein großes Repertoire vor und zählt eine Masse von Gattungen mittelhochdeutscher Lyrik auf, die jener alle pflege. – Was nun in B C Leutold zugetheilt ist, zeigt ihn als nicht besonders hervorragenden Schüler Reinmar’s des Alten und Walther’s: es sind höfische Minnelieder voll Naturempfindung und eines Hauchs von Realismus. Aber er, der sich in seiner Production, wie es scheint, auf die engste Sphäre der ritterlichen Minnepoesie beschränkte, griff offenbar in seinen Vorträgen fremder Lieder weit darüber hinaus und lieh allen Weisen, die im Chor der deutschen Lyrik damals erklungen waren, seine Leier: den lehrhaften, den volksthümlich-realistischen, den burlesken und den parodistischen.
Seven: Leutold v. S., Minnesänger aus dem südtirolischen adligen Geschlecht, das sich nach der Burg Säben oder Seven bei Klausen nannte. Der Dichter selbst ist urkundlich noch nicht nachgewiesen, muß aber in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts gelebt haben. Von Umfang und Charakter seiner Poesie giebt die handschriftliche Ueberlieferung ein widerspruchsvolles Bild und es bedarf methodischer Kritik, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Die Quelle der Handschriften B und C legt ihm bloß drei Lieder bei und diese allein, in der von C gebotenen Strophenzahl, dürfen als sein sicheres Eigenthum gelten. Dagegen bringt die Heidelberger Handschrift A unter seinem Namen, ähnlich wie unter Gedrût und- Lachmann, Walther von der Vogelweide zu 85, 34. – v. der Hagen, Minnesinger, I, 305 f., III, 327 f., 451, 468 c, 637, IV, 239 ff. 754 (mit Reinmar v. Hagenau identificiert!). – Wackernagel-Rieger, Walther von der Vogelweide, S. 257 ff. (unkritisch). – Bartsch, Deutsche Liederdichter Nr. 28 (desgleichen). – Wilmanns, Walther von der Vogelweide, 2. Aufl. zu 165, 4. – Roethe, Reinmar von Zweter, S. 182 f.