ADB:Leopold II. (preußischer Generalfeldmarschall)

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Artikel „Leopold Maximilian, Fürst zu Anhalt-Dessau“ von Ferdinand Siebigk in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 352–356, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Leopold_II._(preu%C3%9Fischer_Generalfeldmarschall)&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 19:24 Uhr UTC)
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Leopold Maximilian, Fürst zu Anhalt-Dessau, der zweite Sohn des Fürsten Leopold und der Fürstin Anna Luise, ward am 25. Decbr. 1700 zu Dessau geboren und erhielt mit seinem älteren Bruder, dem Erbprinzen Wilhelm Gustav, unter den Augen der Mutter eine den damaligen Ansprüchen angemessene Erziehung, die auch bei ihm vorwiegend auf das Militärische gerichtet war. Bereits in seinem 6. Jahre, am 28. Decbr. 1706 ernannte ihn König Friedrich I. von Preußen zum Capitän beim Regiment Kronprinz und 1711 nahm er im Gefolge seines Vaters mit seinem älteren Bruder theil an dem Feldzuge in Brabant. 1713 wohnte er an der Spitze seiner Compagnie im bisher kronprinzlichen nun königlichen Regiment der feierlichen Bestattung des Königs Friedrich I. bei und erhielt im J. 1715 das Oberstlieutenantspatent, sowie eine Compagnie im Regiment Prinz Heinrich. Dem bald darauf ausbrechenden Krieg gegen Schweden in Pommern wohnte der Prinz mit Auszeichnung bei und erhielt als Anerkennung seines guten Verhaltens ein aus schwedischen Gefangenen neuerrichtetes Regiment, sowie 1717 bei der ersten Besichtigung desselben durch König Friedrich Wilhelm I. die Ernennung zum Obersten der Infanterie. [353] In demselben Jahre betheiligte er sich mit seinem älteren Bruder an dem Feldzuge der österreichischen Armee in Ungarn und kehrten beide erst nach dem Entsatze von Belgrad in die Heimath zurück. Eifrigst nur sich dem Dienste bei seinem Regimente in Gardelegen widmend, empfing er am 18. Juni 1722 seine Ernennung zum Generalmajor und im J. 1724 die zum Ritter des schwarzen Adlerordens, auch überließ ihm in diesem Jahre sein Vater die vor Kurzem in Ostpreußen erkauften Güter. Nachdem er 1729 die durch den Tod des Generals von Löben vacant gewordene Präbende als Domherr zu Magdeburg erhalten, begleitete er den König in das sächsische Lustlager bei Mühlberg, sowie auch im folgenden Jahre auf mehreren Reisen, ward 1732 zum Coadjutor bei dem Decanat der hohen Stiftskirche zu Magdeburg und der damit verbundenen Propstteien zu St. Sebastian und St. Nicolaus erwählt und zwang im J. 1733 als Oberbefehlshaber der zur Züchtigung der gegen Kaiser und Reich renitenten Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen aufgebotenen preußischen, hannoverischen und braunschweigischen Executionstruppen die Stadt bald zur Unterwerfung.

Als im J. 1734 König Friedrich Wilhelm I. dem Kaiser zu dem Kriege gegen Frankreich ein Hülfscorps nach dem Rheine sendete, war Prinz L. dem Commandeur desselben, General von Rödern zur Seite gestellt und trat, nachdem er bereits im Juli 1735 zum Generallieutenant ernannt worden, nach des erstern Abgang im August an dessen Stelle, ohne daß es ihm vergönnt war, in diesem Kriege, der im Herbst des gedachten Jahres sein Ende erreichte, große Beweise seines militärischen Talentes geben zu können, da während desselben nur Gefechte untergeordneter Bedeutung zu verzeichnen sind. Zu Ende des J. 1735 ward ihm das Gouvernement von Cüstrin übertragen, wo sich seinem regen Diensteifer ein neues Feld kriegerischer Thätigkeit darbot, da die Festung in vollkommenen Vertheidigungszustand gesetzt werden sollte, ein Auftrag, dessen er sich zur großen Zufriedenheit des Königs entledigte. Das J. 1737 war für den Prinzen ein ereignißreiches. Es brachte am 25. Mai seine Vermählung mit der Prinzessin Gisela Agnes, der einzigen Tochter und Allodialerbin des verstorbenen Fürsten Leopold zu Anhalt-Cöthen, und am 16. Decbr. den Tod seines älteren Bruders, des Erbprinzen Wilhelm Gustav, wodurch er zum Regierungsnachfolger seines Vaters berufen ward. In den nächsten Jahren widmete sich der nunmehrige Erbprinz L. mehr seinen häuslichen Angelegenheiten; es gelang ihm, Zerwürfnisse mit dem Regierungsnachfolger seines Schwiegervaters in Cöthen wegen der Allodialerbschaft seiner Gemahlin, theils noch vor der Vermählung theils später friedlich beizulegen, er vermehrte und verbesserte seine Besitzungen in Ostpreußen und erwarb im Inlande neben anderen Grundstücken das Gut Tornau 1738 von der Familie von Einsiedel. Auch den Grundbesitz des Domcapitels zu Magdeburg, dessen wirklicher Dechant er zu Ende des J. 1734 geworden, vergrößerte er durch mehrfache Ankäufe. Der Thronwechsel in Preußen 1740, und die Maßregeln des neuen Königs, Friedrichs II., mit dem den Erbprinzen eine herzliche Freundschaft verband, gegen Oesterreich, entriß den letzteren seinen friedlichen Beschäftigungen. Im December d. J. nach Berlin berufen, erhielt er zugleich mit dem Herzoge von Holstein den Befehl, sich mit einem Corps gegen die Festung Glogau zu wenden und deren Einnahme zu bewerkstelligen, ein Unternehmen, welches am 24. December dem Erbprinzen allein übertragen wurde. Es zog sich jedoch die Sache sehr in die Länge, indem eines Theils des Prinzen Corps zu einer förmlichen Belagerung nicht ausreichte, andern Theils aber der König die Stadt geschont haben wollte, und mußte es der Erbprinz bei strenger Einschließung bewenden lassen, bis er dann endlich in der Nacht vom 8. zum 9. März 1741 die Einnahme mit stürmender Hand zur Ausführung brachte und sich dadurch im höchsten Grade die Zufriedenheit des [354] Königs erwarb. Er begab sich dann zu diesem und blieb auch bei ihm, als sich derselbe von Schweidnitz nach Oberschlesien mit der Armee wendete und dann sich Neiße näherte, das er zu belagern beabsichtigte. Bei den hiebei stattfindenden Hin- und Hermärschen entledigte sich der Erbprinz eines ihm ertheilten Auftrages bezüglich der Sicherung der bereits geschlagenen Schiffbrücken über die Neiße angesichts der feindlichen Armee am 7. April so gut, daß ihn der König sofort zum General der Infanterie ernannte. Bei dem hierauf am 10. April in der Nähe des Dorfes Mollwitz erfolgten Zusammenstoße der beiden Armeen führte der Erbprinz das zweite Treffen und hatte nicht geringen Antheil an dem für die Preußen siegreichen Ausgange der Schlacht. Nach derselben blieb er beim Könige in Ohlau und folgte dessen Bewegungen mit der Armee zur Deckung der Belagerung von Brieg und auch ferner, bis er mit dem Feldmarschall Schwerin im August den Befehl erhielt, die Besetzung der Stadt Breslau zu bewerkstelligen, was auch am 10. in größter Ruhe von Statten ging. Hierauf begab sich der Erbprinz wieder zum Könige, ward aber bereits am 23. August mit einem starken Commando zur Recognoscirung des Feindes ausgesendet und stieß dann wieder in Reichenbach zur Armee. Als der König am 8. September von hier aufbrach und am 14. ein Lager in der Nähe von Neiße bezog, erhielt der Erbprinz an diesem Tage den Befehl, wenig oberhalb Neiße eine Schiffbrücke über die Neiße zu schlagen und dann, als der König nachgekommen war und ein Lager bei Roßdorf bezogen hatte, den, die Festung Neiße einzuschließen, was er auch, nachdem er sie am 18. October berannt, zur Ausführung brachte. Die förmliche Belagerung überließ er nach Anordnung des König seinem Bruder Dietrich und führte selbst einen Theil der Armee nach Böhmen in die Winterquartiere. Den ihm ertheilten Auftrag, auf diesem Marsche den Versuch zu einer Ueberrumpelung der Festung Glatz zu machen, fand er nicht ausführbar, ließ aber ein Beobachtungscorps vor ihr zurück und bezog in den ersten Tagen des December Winterquartiere in den Königgrätzer, Leitmeritzer und Bunzlauer Kreisen. Von seinem Hauptquartiere Bunzlau aus richtete er nun die Blokade der Festung Glatz so gut ein, daß dieselbe gezwungen war, sich am 9. Januar 1742 dem vor ihr befehlenden General v. Derschau zu ergeben, worauf der Erbprinz am 29. die Huldigung der Glatzer Stände im Namen des Königs entgegennahm. Im März erhielt er den Befehl einen Zug nach Oberschlesien zu unternehmen, fand aber in Neiße die Weisung, nach Bunzlau zurückzukehren, die Elbe daselbst zu besetzen und Magazine anzulegen, was er mit großer Umsicht ins Werk setzte, so daß der König, als er selbst die Hauptarmee nach Böhmen führte, dieselbe für den ganzen Monat Mai verproviantirt fand. Der König bezog nun Cantonnirungsquartiere, die sich von Kuttenberg über Czaslau bis Glatz ausdehnten. Die Annäherung der österreichischen Armee unter dem Prinzen von Lothringen und dem Feldmarschall Grafen von Königsegg führte zu verschiedenen weiteren Bewegungen und hatte schließlich am 17. Mai die Schlacht bei Chotusitz zur Folge, an deren für das preußische Heer glücklichem Ausgange die überaus zweckmäßigen Anordnungen des Erbprinzen, die er für den bei Beginn der Schlacht noch nicht anwesenden König traf, den größten Antheil hatten. Noch auf dem Schlachtfelde wurde ihm die Erhebung zur Feldmarschallswürde zu Theil. In nächster Zeit bei der Armee des Königs bleibend, erhielt er nach geschlossenem Frieden Ende Juni den Befehl, mehrere Regimenter nach Sachsen zu führen und traf sodann am 20. Juli 1742 wieder in Dessau ein. Hier setzte er seine früheren Beschäftigungen fort, verlebte im Schooße seiner Familie glückliche Tage, eifrig bemüht für die Hebung und Verbesserung seines Grundbesitzes im In- und Auslande, bis der im J. 1744 aufs neue entbrennende Krieg seine militärische Thätigkeit wieder in Anspruch nahm. Er verließ Berlin an der Spitze der 2. [355] nach Böhmen bestimmten Colonne am 13. August, erreichte am 30. Leitmeritz, am 31. Brandis und traf am 2. Septbr. im Lager vor Prag ein und wohnte der Eroberung der Stadt am 16. ohne wesentlichen Antheil daran zu nehmen, bei. Im November cantonnirte er mit seinem Corps in und bei Collin, wo er von den Oesterreichern erfolglos angegriffen wurde und zu Ende des Monats ging er mit seinen Truppen nach Schlesien zurück. Im December erhielt er an des Generals von Marwitz Stelle das Commando in Oberschlesien, mußte dies aber nach einiger Zeit, da sein von den Strapazen des Feldzugs sehr geschwächter Körper der Ruhe bedurfte, dem General von Nassau übergeben. Er selbst blieb in Neiße und leitete von da aus die Verhandlungen mit den Oesterreichern wegen Auswechselung der Gefangenen mit dem besten Erfolge.

Der König kam am 26. März 1745 bei Neiße an, es blieb aber in den Monaten April und Mai bis auf unbedeutende Zusammenstöße, vollkommen ruhig; dann aber bewog der Plan der Oesterreicher, vereint mit den Sachsen in Schlesien einzubrechen, den König, am 1. Juni mit der ganzen Armee ein Lager bei Schweidnitz zu beziehen, Front nach dem Gebirge, gegenüber dem Feinde, dessen Stellung am Rande des erstern deutlich zu übersehen war. Am 4. kam es hier in der Gegend von Striegau und Hohenfriedberg zur Schlacht, in welcher die verbündeten Oesterreicher und Sachsen gänzlich geschlagen wurden und sich nach Böhmen zurückziehen mußten. Die preußische Armee, bei der der Erbprinz wieder ein hervorragendes Commando geführt, folgte ihnen dahin und vertheilte sich dort in mehrere Lager, bis sie den 17. Septbr. den Befehl erhielt, sich wieder nach der schlesischen Grenze zurückzuziehen. Auf diesem Marsche erfuhr sie am 29. in der Nähe von Trautenau, daß auch die Oesterreicher ihr Lager bei Jaromirs verlassen hätten und ein neues bei Königinhof zu beziehen gedächten. Aus diesen Bewegungen entwickelte sich am folgenden Tage, den 30. September bei Praußnitz und Soor eine Schlacht, die wiederum für die Preußen siegreich war und an deren glücklichem Ausgang Erbprinz L. durch persönliche Unerschrockenheit und richtige Maßregeln bedeutenden Antheil hatte. Der König blieb hier bis zum 5. Octbr. stehen, dann führte er die Armee nach Schlesien in Cantonnirungsquartiere und ging am 28. nach Berlin, nachdem er das Generalcommando dem Erbprinzen übergeben und die ganze Generalität an ihn gewiesen hatte. Der Prinz blieb in Schweidnitz, zog aber, als er am 5. Novbr. die Nachricht erhielt, daß die österreichische Armee von Gitschin aufgebrochen und im Marsche nach der Lausitz sei, seine Truppen bei Rohnstock zusammen und blieb dort bis zum 16. stehen, begab sich aber dann auf die Nachricht vom Anmarsche der Oesterreicher nach Jauer und sodann weiter nach der Lausitzer Grenze, wo der König am 19. in Niederadelsdorf den Befehl selbst wieder übernahm und am 23. in Hennersdorf in der Lausitz sein Hauptquartier aufschlug. Darauf ward letzteres nach Bautzen verlegt, von wo aus der König mit dem Erbprinzen nach Meißen sich begab und dort am Tage der Schlacht bei Kesselsdorf am 15. Dec. eintraf. Nach derselben nahm der Prinz am Einzuge in Dresden theil, blieb dort bis zum Friedensschlusse und traf im Januar 1746 in Dessau ein. Hier setzte er seine frühere friedliche Thätigkeit fort, vergrößerte seinen Grundbesitz, namentlich durch die Erwerbung des Gutes Alsleben a. S. von denen v. Krosigk und Löberitz nebst Zubehör von denen v. Bissing, half Armen und Bedürftigen nach Kräften, bis ihn dann das am 9. April 1747 erfolgte Ableben seines Vaters, des Fürsten Leopold, zur Regierung des angestammten Dessauer Landes berief, dessen Huldigung er alsbald entgegennahm. Vom König wurde er sofort zum Chef des Regimentes seines Vaters in Halle ernannt und ihm auch dessen Gouvernement von Magdeburg übertragen, wogegen über des nunmehrigen Fürsten bisheriges Regiment und sein Gouvernement der Festung Cüstrin anderweitig verfügt ward.

[356] Fürst L. M. trat die Regierung mit den besten Vorsätzen an, es gelang ihm mit seinen Geschwistern über alle Punkte des väterlichen Testamentes, obgleich diese manches für ihn Drückende enthielten, ohne jegliche Mißhelligkeit sich zu einigen, er zeigte den redlichsten Willen, seinen Unterthanen die möglichsten Erleichterungen angedeihen zu lassen, befleißigte sich überall, namentlich in seinem Hofhalte, der thunlichsten Sparsamkeit, setzte die Abgaben und Zölle herab und strebte mit bestem Erfolge dahin, die bei seinem Regierungsantritte vorgefundenen Schulden zu mindern. Dabei ließ er sich die Verbesserung der Rechtspflege angelegen sein, begünstigte mehr als sein Vater Kunst und Wissenschaft, sorgte für Hebung der Landescultur durch Anlegung mehrerer Vorwerke und war, wie schon oben erwähnt, der Armen und Dürftigen stets eingedenk, was namentlich die von ihm 1749 in Dessau gegründete Leopoldsdankstiftung für arme Männer noch jetzt beweist. Den Neubau des Dessauer Schlosses, den der Fürst bald nach seinem Regierungsantritt durch den berühmten v. Knobelsdorff begann, zu vollenden, hinderte ihn sein schon am 16. Decbr. 1751 eintretender Tod, der durch den Schmerz über den Verlust der ihm am 20. April desselben Jahres vorangegangenen trefflichen Gemahlin Gisela Agnes beschleunigt ward. Aus der sehr glücklichen Ehe mit derselben hinterließ der Fürst seinen Nachfolger Leopold Friedrich Franz und zwei andere Söhne, sowie drei Töchter, für und über welche, da sie sämmtlich minderjährig waren, Fürst Dietrich die Regent- und Vormundschaft führte.

Die kurze Regierungszeit des Fürsten L. M. von noch nicht vier Jahren hatte hingereicht, die Unterthanen die Größe ihres Verlustes erkennen zu lassen, ihre ungetheilte Liebe nahm der Verewigte mit in das Grab.