ADB:Lattermann, Christoph Freiherr von

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Artikel „Lattermann, Christoph Freiherr von“ von Adolf Schinzl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 17–19, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lattermann,_Christoph_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 20:37 Uhr UTC)
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Lattermann: Christoph Freiherr von L., k. k. Feldmarschall, – dessen Vater seiner vorzüglichen militärischen Dienstleistungen wegen 1782 in den Ritterstand, 1792 in den Freiherrenstand erhoben worden war und 1805 als Feldmarschall-Lieutenant und Inhaber des Infanterie-Regiments Nr. 45 gestorben ist, – wurde den 14. Juli 1753 zu Olmütz geboren. Schon 1766 stand L. als Cadet im Infanterie-Regiment Botta, jetzt Nr. 12 und begann somit mit 13 Jahren seine vielbewegte, um Monarch und Staat vielfach verdienstvolle Laufbahn. Fast jedes Blatt der Kriegsgeschichte seiner Zeit nennt rühmend seinen Namen. Im baierischen Erbfolgekriege 1778–79 erscheint L. unter den persönlich Tapfersten; bei Weißkirch am 26. Novbr. 1778 erringen ihm seine zähe Standhaftigkeit und taktische Begabung die uneingeschränkteste Anerkennung. Geradezu hervorragend durch Umsicht, Thatkraft und Gewandtheit war Lattermann’s Wirken im Pontoniercorps, in welchem er nach gründlichen Vorstudien 1786 als Major seine Eintheilung erhielt und den Türkenkrieg 1788–90 mitmachte. Mit nur geringer Mannschaftszahl und einer kaum für einen Uebergang ausreichenden Brückenequipage 1788 zur Hauptarmee bestimmt, gelang es ihm schon 1789 mit herbeigeschafften Landeschiffen 5 Brücken zu schlagen und so des Heeres Operationen wesentlich zu fördern. Feldmarschalls Laudon’s lobende Beurtheilung dieser Leistung brachte L., nach der Einnahme von Belgrad 1789 die vorzugsweise Ernennung zum Oberstlieutenant. Daß er als solcher 1792 dem kämpfenden Heere ferne bleiben mußte, entsprach jedoch keineswegs Lattermann’s thatendurstigem Sinne; er bat um seine Versetzung zu einem vor dem Feinde stehenden Infanterie-Regiment, die ihm auch bewilligt wurde. Als Commandant des 3. Bataillons im Infanterie-Regiment Erzherzog Karl Nr. 3 bezog nun L. den 27. Juli 1793 in Wurmser’s Armee die Vorposten am Rhein, bewährte schon bei Selz das in ihn gesetzte ehrenvolle Vertrauen, drang am 26. October an der [18] Spitze seines Bataillons in das durch Wassergräben und Verschanzungen schwer zugänglich gemachte Wanzenau, war bei der Belagerung von Fort Louis thätig und zeichnete sich endlich durch kaltblütige Befehlgebung in den täglich stattgehabten Gefechten während des Rückzuges hinter den Rhein aus. Lattermann’s erfolgreiche Verwendbarkeit wurde durch die Ernennung zum Obersten und Commandanten des Infanterie-Regiments Erzherzog Karl Nr. 3, welches unter Kray in Mastricht stand, anerkannt. In dieser Charge konnte L. bereits seine Befähigung zur Führung größerer Truppenkörper zum Ausdruck bringen. Betraut mit dem Commando der aus gemischten Waffen gebildeten Nachhut verhinderte er in dem Gefechte an der Roer am 2. Octbr. 1794 mehreremale des übermächtigen Gegners Versuch mit den retirirenden Truppen über die Roer zu dringen und ermöglichte so Kray die Aufstellung auf den Höhen bei Jülich. Der Bericht Kray’s an das Armeecommando bezeichnet L. als denjenigen, welcher zu dem so rühmlichen Ausgange des Gefechtes am meisten beigetragen. 1795 kam L., welcher mit seinem Regimente zur Ober-Rheinarmee eingetheilt worden war, nur einmal ins Feuer. Es geschah dies im siegreichen Treffen bei Kaiserslautern am 13. December, wo 12 Compagnien in 3 Kolonnen 5 französische Bataillone theils niedermachten, theils gefangen nahmen; L. leitete die mittlere Kolonne mit Bravour und Erfolg. Glänzender noch ehren die kriegshistorischen Erinnerungen des J. 1796 Lattermann’s Namen. Nur nach hartem Kampfe ließ sich selber am 9. Juli in der Schlacht bei Malsch als Brigadier aus seiner Stellung bei Moosbrunn und Frauenalb an der Alb verdrängen; im Gefechte bei Eßlingen am 21. Juli eroberte er einen schon verlorenen Theil des Ruither Waldes und hielt insolange Stand, bis er durch einen Schuß in die Brust aus dem Gefechte gebracht werden mußte. Ohne Rücksicht auf seine erst halb vernarbte Wunde stand L. den 1. September bei Geisenfeld erneut dem Feinde gegenüber, vertrieb die Vertheidiger der Ilmbrücke, warf sich mit selben auf das andere Ufer, nahm Geisenfeld, Langenbruck, mußte letzteres aber nach erbittertem Kampfe aufgeben. Als höchst verdienstvoll wird in Latour’s Relation Lattermann’s Verhalten den 19. und 20. October bei Emmendingen genannt, an welchen Tagen er Ködringen erstürmte, sich der Brücke über die Elz bemeisterte und namentlich am letzteren Tage den noch zweifelhaften Ausgang des Gefechtes dadurch entschied, daß er mit einem Theile seines überangestrengten Regimentes des Gegners Widerstand brach. Gegen Schluß des Jahres, am 10. und 11. December, stritt L. mit wechselndem Glücke um den Besitz der Flêchen bei Kehl. Anfangs 1797 wurde er als Generalmajor nach Italien bestimmt. Regen Interesses eilte er dahin, denn erhöhte Wirksamkeit und das Studium eines neuen Kriegsschauplatzes harrten seiner. Bei Legnago am 26. März 1799 führte er zum erstenmale seine Brigade ins Feuer; ihm war die schwerste Aufgabe des Tages zugefallen; er hat sie glänzend vollführt. Manövrirend und angreifend warf er den Gegner aus seinen Stellungen, eroberte Geschütze, machte Gefangene. Den 30. März zwischen Parona und der Brücke bei Pol siegte er dadurch, daß er seine gut geschulten und streng disciplinirten Trupen zu directem Angriffe mit dem Bajonette befehligte und den Gegner zum übereilten Rückzuge über die Etsch nöthigte. Der Schlachttag von Magnan (Isola della scala) gab L. Anlaß, scharfen Blick, selbständige Entschlüsse, sowie rechtzeitiges Handeln zu bethätigen. Denn nicht genug, daß er an diesem Tage den bereits vorgedrungenen feindlichen rechten Flügel aufzuhalten und nach San Giovanni und Valese zurückzudrängen wußte, gebührt ihm auch das große Verdienst, vereint mit Generalmajor Mitrowsky freiwillig und mit vollständigem Erfolge den Feind in Flanke und Rücken bedroht und zum Zurückgehen veranlaßt zu haben, als er das bedenkliche Schwanken am rechten Flügel und im Centrum des kaiserlichen [19] Heeres erkannt hatte. Ausgezeichnet mit dem bei Legnago und Magnan erworbenen Ritterkreuze des Militär-Maria-Theresien-Ordens blokirte und unterwarf L. das Kastell bei Mailand und leitete hierauf die Belagerung von Mantua bis zu seiner, 2 Tage vor der Uebergabe eingetretenen schweren Erkrankung. Kaum genesen, wirkte L. 1799 noch bei Dronero und Mondovi in dem ihm ertheilten Sinne. Auch das J. 1800 sollte L. vielfache selbständige Verwendungen und reiche Ehren bringen. Unermüdlich nützte er zur Zeit der Operationen in der Riviera, als er zur Deckung der Blokade von Savona bestimmt war, jede Gelegenheit den Gegner zu beunruhigen, zu bedrohen; in kühnem, gewandt geführtem Kampfe wußte er sowohl Soult als Massena zum Zurückweichen zu vermögen. Und als der Gegner durch Verstärkungen Kraft zum Vorrücken erhalten hatte, gilt es als besonders rühmenswerthe That Lattermann’s die Besetzung der Stellung an der Roja ermöglicht und in der Position am Monte Nave so lange ausgehalten zu haben, bis die im Marsche zurückgebliebenen Brigaden die Verbindung mit dem Heere gefunden. Die Relation über die Schlacht bei Marengo vom 14. Juni meldet leider Lattermann’s letzte Waffenthat; er überschritt den Fontanone-Graben und behauptete selben, als er aus dem erstürmten Marengo zurückgeworfen worden war, mit unerschütterlicher Festigkeit. Hiebei wurde L. so schwer verwundet, daß ein fernerer Dienst im Felde für ihn unmöglich wurde; er trat als Feldmarschall-Lieutenant, welche Charge er in Würdigung der Verdienste 1800 erlangt hatte, schon 1805 in den Ruhestand. Hiermit schloß aber keineswegs Lattermann’s, durch die Energie seines Willens, geeint mit reicher Erfahrung, dem Staatswohl fördersame Thätigkeit. Noch 1805 ernannte ihn der Kaiser auf die Zeit der Kriegsdauer zum Interims-Commandirenden in Böhmen; 1807 übernahm er das Divisions-Commando in Peterwardein, 1809 befehligte er ad interim die vereinigten Karlstädter, Warasdiner und Banat-Grenz-Bezirke; Ende 1809 erfolgte seine Berufung als Vice-Präses des Judicium delegatum militare mixtum; Januar 1810 wurde er Hofkriegsrath, im März wirklicher geheimer Rath, im September Vicepräsident der politisch-ökonomischen Normalien-Commission; 1813 zum Feldzeugmeister befördert, stand er als provisorischer Gouverneur in Illyrien, August 1814 fand er als Appellationspräsident Verwendung, December 1814 kam er als commandirender General nach Venetien, 1818 kehrte er mit dem silbernen Civil-Ehrenkreuz und dem Eisernen Kronorden I. Classe ausgezeichnet als Präsident des Appellationsgerichtes zurück; 1826 trat er als Capitän-Lieutenant zur ersten Arcieren-Leibgarde; 1833 wurde er zum Feldmarschall erhoben. L., welcher 2. Inhaber des Infanterie-Regiments Nr. 23 und nach dessen Auflösung 2. und von 1824 an 1. Inhaber des Infanterie-Regiments Nr. 7 gewesen war, starb den 5. Octbr. 1835 zu Wien, allgemein geehrt als thatkräftiger Soldat, als vaterlandstreuer, opferbereiter Charakter.

Wurzbach, Biographisch. Lex. 14. Bd. Hirtenfeld, Der Militär-Maria-Theresien-Orden etc., 1. Bd. Wien 1857. Brinner, Gesch. d. k. k. Pionnier-Regiments, Wien 1878. (Schels), Oesterr. milit. Ztschft., Wien 1811 bis 1812, 1. Bd.; 1822 3. 4. Bd.; 1823 3. Bd.; 1837 1. Bd. Erzh. Johann, Gesch. d. k. k. Infanterie-Regiments Erzherzog Wilhelm Nr. 12, 1. Bd. Wien 1877.