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Artikel „Kuh, Ephraim Moses“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 317–318, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kuh,_Ephraim&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 01:12 Uhr UTC)
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Kuh: Ephraim Moses K., Dichter, wurde im J. 1731 (sein Geburtstag ist nicht bekannt geworden) zu Breslau geboren, wo sein Vater Israelit und Kaufmann war. Dieser, welcher die guten Anlagen und die Liebe zum Studium des Sohnes erkannte und zu würdigen verstand, wollte ihn zu einem gelehrten Rabbiner ausbilden lassen, jedoch die lebhafte Einbildungskraft des Knaben konnte und wollte sich den Subtilitäten der hebräischen Scholastik nicht fügen und er legte einen so großen Widerstand gegen diese Art des Wissens an den Tag, daß der Vater, verzichtend auf die Ehre, einen Rabbiner in seiner Familie zu besitzen, beschloß, ihn die Laufbahn betreten zu lassen, auf der er selbst zum reichen Mann geworden war. Zu diesem Zwecke gab er ihn 1763 nach Berlin in das Haus eines nahen Verwandten, des Banquiers Feitel Ephraim[WS 1], der unter Friedrich dem Großen durch die Prägung der sogen. „Ephraimiten“ sich einen wenig ehrenvollen Namen erworben hat. Da K. aber in dieser Stadt die Bekanntschaft Mendelsohn’s, Ramler’s, Lessing’s u. a. Gelehrten und Dichter machte, vernachlässigte er endlich seine Dienstespflichten, ergab sich gänzlich dem [318] Studium der Wissenschaften und der Dichtkunst und ganz vorzüglich der Liebhaberei des Büchersammelns und letzterer in dem Grade, daß diese Verschwendungssucht in wenigen Jahren ihn zu Grunde richtete und seine Familie ihn außerordentlich zu unterstützen sich genöthigt sah. Er machte nun seit 1768 eine zweijährige Reise durch Holland, Frankreich und Italien, immer begleitet von drei ungeheuer großen Bücherkisten, lebte dann wieder in Breslau, versank aber in einen traurigen Wahnsinn, der in eine sechsjährige Raserei überging, erhielt zwar den Gebrauch seines Verstandes wieder, allein 1786 lähmte ihm ein Schlagfluß die rechte Seite und machte ihn sprachlos und in diesem Zustande starb er den 3. April 1790. Seine Dichtungen, deren Manuscripte mehr als 5000 Stücke enthielten, wurden nach seinem Tode gesammelt und Ramler übergeben, welcher daraus eine Auswahl traf und nach seiner Weise mit beliebigen Aenderungen versah. Und so erschienen sie, besorgt durch J. J. Kausch in zwei Bänden zu Zürich 1792, wobei auch sein Leben durch Moses Hirschel; einige Poesien sind auch abgedruckt in den Jahrgängen des Deutschen Museums 1784–86. Unter seinen dichterischen Arbeiten befinden sich Epigramme, Madrigale und Lieder in der Weise Catulls oder Anakreons, Fabeln, worin er Phädrus nachzuahmen sich bemühte, sowie eine Ode an die Gottheit, an welche, wie man glaubt, Mendelssohn die bessernde Hand gelegt hatte. Unter allen diesen Erzeugnissen sichern ihm seine Sinngedichte ein ehrenvolles Andenken und in keiner anderen Gattung hat er so viele gute Stücke gedichtet. Scherz und Ernst, feine und beißende Satire über Modethorheiten, belehrender Unterricht, spielender Witz, allgemein anerkannte vortreffliche Lebensregeln wechseln in diesen Sinngedichten mannigfaltig ab. Martial scheint sein vornehmstes Muster gewesen zu sein und sowie er zu dessen gewandtesten Uebersetzern gehört, so ist er auch einer seiner glücklichsten Nachahmer. Was seine Persönlichkeit betrifft, so war er edelmüthig und mildthätig ohne Unterschied des Glaubens, ein wahrhaft frommer Mann, kenntnißreicher Gelehrter und angenehmer Gesellschafter, ohne jedoch eine kleine Eitelkeit rücksichtlich seines Dichtertalents ganz verbannen zu können, doch that dies seiner Liebenswürdigkeit keinen Eintrag. Bekanntlich hat Berthold Auerbach in seinem 1839 zu Mannheim erschienenen Buche „Dichter und Kaufmann“ K. zum Helden dieses Romans gemacht.

Schlichtegroll, Nekrolog, 1790, II. 351. Vetterlein, Handb. der Litt., S. 585–88. Baur, Hist.-biogr.-litter. Handwörterbuch, III. 136–37 und dessen Gallerie d. ber. Dichter, S. 366. Kayserling, Der Dichter Ephraim Kuh, Berlin 1864. Jördens, Lexikon III. VI. Goedeke, Gr. II. 621.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Nathan (Veitel Heine) Ephraim (1703–1775), Hoffaktor Friedrichs des Großen.