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Artikel „Krupp, Friedrich“ von Franz Maria Feldhaus in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 55 (1910), S. 537–538, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Krupp,_Friedrich&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 06:39 Uhr UTC)
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Krupp *): Friedrich K. (1787–1826), der Gründer des Essener Welthauses, wurde am 17. Juli 1787 als Sohn des Kaufmanns Peter Friedrich Wilhelm K. zu Essen geboren.

Die Familie Krupp ist in Essen bereits 1560 nachweisbar. 1648–1673 war Matthias K. ein einflußreicher Secretär der Stadt, 1703–1734 war ein Arnold K. Bürgermeister von Essen. Die Vorfahren sind in fortlaufender Linie bekannt seit Arnold K. († 1624). Friedrich Jodokus wurde 1757 mit einer von ihm gemutheten Zeche, „Secretarius“ für besondere Verdienste vom Rathe belehnt. Dessen Sohn war Peter Friedrich Wilhelm, der bald nach dem Vater starb und nur einen Sohn, den hier zu behandelnden Friedrich zurückließ. In dem ehemaligen Hause Flachsmarkt Nr. 9 wuchs der Knabe unter seiner Mutter, einer geborenen Petronella Forsthoff, und unter seiner Großmutter, geborenen Amalie Ascherfeld, auf. Ueber der Thür des Hauses war das Krupp’sche Wappen eingehauen: im linken Felde eine um einen Baum sich windende (niederrheinisch: „kruppende“) Schlange, im rechten zwei ruhende Hirsche (inbezug auf den Namen Forsthoff?) unter einem Baum. Auf die Gutehoffnungshütte zu Sterkrade hatte Frau Amalie, eine energische und thatkräftige Frau, 1797 eine Hypothek gegeben und erwarb das Werk, als es drei Jahre hernach zur Subhastation kam. So trat auf sonderbare Weise die Wittwe eines Colonialwaarenhändlers in die Industrie ein. Nach dem Tode ihres Sohnes führte dessen Frau Petronella den Handel weiter, indeß sie, die „ältere“ Wittwe K., dem Hüttenwerk vorstand und den jungen Friedrich darin einführen ließ.

Die Gutehoffnungshütte fand zu Anfang des Jahrhunderts für die neue Dampfmaschinenindustrie reiche Beschäftigung. Fast 100 Jahre vorher (1706) war die Dampfkraft durch Papin auf deutschem Boden bereits versucht worden; doch ehe sie in die niederrheinisch-westfälische Industrie kam, mußte sie den Umweg über England machen. 1798 erfolgte durch den Oberbergrath Bückling die Einrichtung der ersten Dampfmaschine im Ruhrkohlenrevier, auf Saline Königsborn; die zweite Maschine wurde 1799 auf Zeche „Vollmond“ bei Langendreer aufgestellt. Ein ehemaliger Schweinehüter, nachmaliger Zimmermann, Namens Franz Dinnendahl, hatte bei dem Aufbau dieser Maschine so viel abgeguckt, daß er bei Steele eine Werkstätte für den Dampfmaschinenbau anlegte. Da er wenig Capital hatte, bezog er seine schweren Schmiede- und Gußtheile von der Gutehoffnungshütte.

Wittwe Amalie K. schenkte die Hütte am 27. Juni 1807 ihrem Enkel [538] Friedrich K. Im August des folgenden Jahres verheirathete dieser sich mit Therese Wilhelmi, der Tochter eines Essener Kaufmanns. Doch schon am 15. Mai 1808 machte die Großmutter die Schenkung rückgängig. Trotz des durch Napoleon’s Continentalsperre (21. Nov. 1806) herbeigeführten Aufschwungs der deutschen Eisenindustrie wurde die Gutehoffnungshütte am 14. September 1808 verkauft. K., der seit etwa 1809 mit seinem Bruder in Essen einen Colonialwaren-Importhandel betrieb, übernahm dort das Geschäft seiner Großmutter im October 1810. Die unruhigen Zeiten am Rhein, der verschiedene Besitzwechsel des ehemaligen Stifts Essen mögen zu diesen Veränderungen viel beigetragen haben, denn schon am 7. December 1811 kaufte K. die „Walkmühle“, ein Anwesen von 5 Morgen, nahe der Stadt und richtete hier einen Schmelzofen für Gußstahl ein. Dieses unentbehrliche Material war durch den Ausschluß Englands vom continentalen Markt sehr rar geworden, es nachzumachen war aber noch keinem gelungen.

Seine Gußstahlversuche begann K. um die Jahreswende 1811–1812. 1812 war er soweit, daß er „alle Sorten feinen Stahl, auch Guß-, Rund- und Triebstahl“ herstellen konnte. Er löste allmählich das Essener Colonialwarengeschäft auf und projectirte dafür auf französischem Gebiet, in Moers am Rhein, eine Feilenfabrik, die jedoch nie zu Stande kam. Die Neuanlagen und Versuche hatten viel Geld verschlungen, und da sich nach Aufhebung der Continentalsperre der englische Gußstahl wieder Eingang verschaffte, so gerieth K. in Geldsorgen. Um diesen zu entgehen, vereinigte er sich 1815 mit dem Mechaniker Friedrich Nicolai (Essener Allgemeine Politische Nachrichten, 22. Nov. 1815). Nicolai besaß entgegen seinen Vorspiegelungen kein Geld, sondern nur ein preußisches Patent (vom 5. Mai 1815) auf eine angebliche Herstellung des Gußstahls. Schon 1816 entzweiten sich die beiden Theilhaber wegen der Unfähigkeit Nicolai’s, Gußstahl herzustellen, und das Patent wurde Gegenstand eines jahrelangen Processes (bis 1823).

In das Jahr 1818 fällt die Anlage der ersten Werkstätten auf dem Gelände des heutigen Werks, damals vor dem Limbeckerthor. Am 18. October 1819 wurde dort der erste Tiegelgußstahl hergestellt, doch es folgten für den weitblickenden Mann wieder sorgenvolle Jahre. 1822 erhielt K. vom „Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes in den königl. preußischen Staaten“ eine anerkennende Beurtheilung seiner Gußstahlerzeugnisse, doch Hülfe kam ihm von keiner Seite. Ein aufblühendes Werk, wie das seine, hätte flüssiger Gelder bedurft, damit es den wachsenden Aufträgen mit Erfolg hätte nachkommen können. So rieb der Mann sich im Kampfe für seine Idee und seine Familie auf; 1823 – gerade als der Nicolai-Proceß zu seinen Gunsten entschieden war – verfiel die Gesundheit Krupp’s einem Nervenleiden. Zunächst brachte ihm Schwalbach eine Linderung, doch 1824 schon mußte er zehn Monate lang die Arbeit aussetzen. 1825 verkaufte er das Essener Wohnhaus und bezog eine kleine einstöckige Arbeiterwohnung bei seinen Werkstätten, das heutige „Stammhaus“, inmitten des Werks. Hier starb K. am 8. October 1826 an der Brustwassersucht. In Noth und Sorgen ließ er seine Frau mit vier Kindern, darunter den Sohn Alfred, zurück.

Von Friedrich Krupp ist keine Biographie erschienen, nicht einmal sein Bild, noch seine Grabstätte ist uns erhalten. Nur über seine Thätigkeit als Stadtrath veröffentlichte Wiedfeldt eine Studie in „Beiträgen zur Geschichte von Stadt und Stift Essen“, Heft 23, Essen 1902. Das hier Wiedergegebene findet sich in den Biographien des Sohnes.


[537] *) Zu Bd. LI, S. 410.