ADB:Konrad Zöllner von Rotenstein

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Artikel „Konrad Zöllner von Rotenstein“ von Karl Lohmeyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 429–431, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Konrad_Z%C3%B6llner_von_Rotenstein&oldid=- (Version vom 8. Dezember 2024, 19:08 Uhr UTC)
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Zöllner: Konrad Z. von Rothenstein, wahrscheinlich dem altadligen würzburgischen Geschlechte dieses Namens entsprossen, hatte zuerst in Deutschland und dann in Preußen mehrere Aemter im Deutschen Orden, zuletzt zehn Jahre lang das des obersten Trappiers und Komturs zu Christburg bekleidet, als er kaum drei Monate nach dem Tode des großen Meisters Winrich v. Kniprode, am 2. October 1382, in einmüthiger Wahl auf den hochmeisterlichen Stuhl erhoben wurde; er starb zu Marienburg am 20. August 1390. Die nicht eben lange Regierung dieses Hochmeisters bildet den Mittelpunkt der Glanzzeit des preußischen Ordensstaates: die ziemlich genau dreißigjährige Regierung des Vorgängers hatte denselben zu dieser höchsten Höhe emporgehoben, der Nachfolger Konrad v. Wallenrod aber hat in den nur 28 Monaten seines Hochmeisterthums bereits den Grund gelegt zu der schweren Concurrenz zwischen den beiden im Ordensstaate vorhandenen Handelsmächten, dem Orden selbst und den „großen“, den Hansestädten des Landes, der sich bald in seiner wachsenden Verbitterung zu dem verhängnißvollen Gegensatze zwischen den Regierenden und allen Regierten in Preußen auswachsen sollte. Als der Schwerpunkt in der äußeren Politik Zöllner’s erscheinen unverkennbar der Handel und die damit in Verbindung stehenden politischen Beziehungen, während infolge der augenblicklichen Verhältnisse und auch des eigenen Charakters des Hochmeisters die kriegerische Thätigkeit des Ordens und was damit im Zusammenhange stand weit mehr in den Hintergrund trat. – Zwar stieg mit der gesteigerten Cultur und Ertragsfähigkeit des preußischen Bodens und mit der Zunahme der Bevölkerung auch der Reichthum der Naturalabgaben, und die schnell anwachsenden Ueberschüsse [430] aus denselben hoben und erweiterten schnell und gewaltig den Eigenhandel des Ordens, aber Hochmeister K. Z. litt nicht, daß etwa des Ordens Handelsbeamte daheim den eigenen Unterthanen unbillige Concurrenz machten, noch daß sie, die auswärts überall die Rechte des deutschen Kaufmanns genossen, den Verpflichtungen desselben sich zu entziehen versuchten, so daß er überall, wo es galt fremder Uebermacht und fremden Uebergriffen mit der Macht und dem Ansehn des Ordens entgegenzutreten, die eigene Sache mit der seiner Unterthanen vereinigen konnte, die Preußen überall als eine einige Macht erschienen. Die Engländer versuchten um den Handel ihres Landes in die eigene Hand zu bekommen wol schon hin und wieder die unbestreitbar zu Recht bestehenden Privilegien des deutschen Kaufmanns, d. i. der deutschen Hansa zu verletzen und zu durchbrechen, doch immer noch brachten Handelsverbote der Gegenseite sie wieder zur Nachgiebigkeit, und am meisten fast fruchtete es, wenn der Hochmeister ihnen die preußischen Häfen schloß und Ausfuhrverbote gegen England erließ, denn gerade der preußischen, der polnischen und littauischen Herkünfte, der Waldwaaren (Asche, Theer, Mastbäume und Bogenholz) und vor allem des Getreides, vermochte man dort nicht zu entbehren. 1388 endlich kam so ein fester Frieden zwischen England und Preußen zu Stande, der die Verhältnisse anscheinend zur beiderseitigen Zufriedenheit ordnete und in der That zehn Jahre lang anhielt. Der König von Frankreich erließ auf Andringen des bei ihm in hohem Ansehn stehenden Hochmeisters wenigstens ein strenges Gebot an alle seine Beamten, durch welches sie angewiesen wurden die preußischen Kaufleute und Schiffer mit allen Mitteln gegen die Seeräubereien der Normänner, Bretonen und Picarden in Schutz zu nehmen. Wenn in Flandern, dessen Handel wegen der Weltstellung Brügges für den Orden und seine Unterthanen von höchster Bedeutung war, durch die unaufhörlichen Bürgerkriege und die Einwirkungen der englisch-französischen Kriege gar zu schlimme Störungen und Belästigungen hervorgerufen wurden, so mußte eine preußische Handelssperre den Herzog von Burgund und seine Städte zum Einlenken bringen. Auch die große nordische Fürstin Margarethe, die zuerst als Vormünderin ihres jungen Sohnes, dann (seit 1387) selbst als Königin Dänemark und Norwegen beherrschte und nun auch Schweden zu unterwerfen unternahm, zeigte eben deswegen, wie den Hansen überhaupt, so insbesondere den Preußen, mit deren Hochmeister sie vielfach Freundschaftsbezeugungen wechselte, vorläufig vollstes Entgegenkommen, wenn sie auch freilich außer Stande war dem durch die unzufriedenen Adeligen Dänemarks und Holsteins unterstützten wüsten Seeraub auf der Ostsee ausreichend Einhalt zu thun. Ganz wie in der Ferne, so nahm der preußische Außenhandel unter K. Z. auch in der nächsten Nähe trotz mancher Mißhelligkeiten einen fast ungestörten Verlauf und gewann wenigstens auf einer Stelle bedeutenden Aufschwung. Auf dem einen Ende der Landgrenze weigerten sich die Livländer hartnäckig, wie den Mithansen überhaupt, so auch den Preußen gleichberechtigten Antheil an dem östlichsten Hansecontor, dem St. Peterhof in Nowgorod, zu gewähren, und im äußersten Westen begannen die Polen mehr und mehr das alte Stapelrecht Thorns zu mißachten und zu umgehen; zum Ersatze dafür aber gelang es Danzig in jener Zeit durch die Einrichtung eines dem Namen nach zwar deutschen, thatsächlich aber ausschließlich Danziger Contors zu Kowno den ganzen littauischen und russischen Handel auf dem für jene Zeit überaus bequemen Wasserwege der Memel und der beiden Haffe ganz und gar an sich zu ziehen. – In das Getriebe der Weltpolitik, selbst nur in das osteuropäische, einzugreifen hat sich Hochmeister K. Z., obwol er es bei der Machtstellung seines Ordens nicht ohne Aussicht auf günstigen Erfolg hätte thun können, in ruhig abwägender Ueberlegung weislich gehütet. Darum hat er sogar die Polen ungehindert gewähren [431] lassen, als sie, nachdem der Anjoukönig Ludwig der Große von Polen und Ungarn ohne Söhne gestorben war, bestehende Abmachungen brechend, die Hand der Erbtochter und die Krone des polnischen Reiches dem littauischen Großfürsten Jagiello, dem Erbfeinde des Ordens, gegen die Bedingung der Annahme des Christenthums übergaben (1386). Ebenso wie früher wurden trotzdem zwar auch weiterhin meist zwei Mal im Jahre die Kriegsreisen nach Littauen, welche der Orden, wollte er die Berechtigung seines Daseins und seiner Ansprüche auf die Unterstützung des christlichen Abendlandes nicht verlieren, nicht gut einstellen durfte, zur Ausführung gebracht, gewöhnlich noch, wie es die Sitte der Zeit verlangte, unter dem Zustrom deutscher, französischer und englischer Fürsten und Ritter, selten freilich, so wie auch vorher, unter der persönlichen The1lnahme des Hochmeisters selbst. Dennoch konnte Jagiello-Wladislaw, der als christlicher Polenkönig dem Feinde seines Volkes im Grunde des Herzens nicht freundlicher gesinnt war wie zuvor als heidnischer Littauerfürst, den seit fünfzig Jahren zwischen seinem neuen Reiche und dem Ordensstaate bestehenden Frieden zu brechen noch nicht wagen, zumal Polen und Littauen selbst trotz der Personalunion noch lange nicht gleich zu einer einigen Macht zusammengewachsen waren. Auf der andern Seite wurde es dem an Mitteln reichen Orden nicht schwer sich durch gute Geldzahlungen die Hülfszusage der Pommernherzöge und einer Reihe pommerscher Adelsgeschlechter zu erkaufen. Man beobachtete sich beiderseits mißtrauisch, zum Bruche aber kam es noch lange nicht. – Aus der innern Entwicklung des Ordensstaates mag hier noch besonders hervorgehoben werden, daß man in der seit nicht viel mehr als einem Menschenalter begonnenen Besetzung des fast ganz noch mit „Wildniß“, mit undurchdringlichem Walde bestandenen Ostgebietes mit ackerbauenden Ansiedlern rüstig vorwärtsschritt, zumeist um die obere Hälfte des Pregels und bis zur Memel hin.