ADB:Konrad I. (Bischof von Hildesheim und Würzburg)

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Artikel „Konrad I., Bischof von Hildesheim und Würzburg“ von Eduard Winkelmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 581–583, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Konrad_I._(Bischof_von_Hildesheim_und_W%C3%BCrzburg)&oldid=- (Version vom 12. Oktober 2024, 03:34 Uhr UTC)
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Konrad I., Bischof von Hildesheim und später von Würzburg, † am 6. (4.?) Decbr. 1202. Aus der Familie der Herren von Querfurt gebürtig, welche angesehene Verwandtschaften und das Burggrafenamt zu Magdeburg hatte, wurde K., nachdem er seine Studien in Hildesheim und wahrscheinlich auch in Paris beendigt hatte, wo sich freundschaftliche Beziehungen zu dem späteren Papste Innocenz III. anknüpften, 1188 Hofcaplan Kaiser Friedrichs I. und Propst von St. Simon und Judas in Goslar, 1190 auch von St. Nicolai in Magdeburg und 1194 dazu Propst von St. Adalbert in Aachen. Heinrich VI. ernannte ihn nach der Eroberung des sicilischen Reiches im März 1195 zum Hofkanzler. Nach Deutschland heimgekehrt, wurde K. im November zum Bischofe in Hildesheim erwählt und unmittelbar darauf vom Kaiser als Reichslegat für Italien und das Königreich Sicilien über die Alpen geschickt, in welcher Eigenschaft er während des J. 1196 die ganze Halbinsel und Sicilien in mannigfaltiger Thätigkeit durchreiste. Er selbst hat eine Beschreibung dieser Reise verfaßt, die uns in der Chronik des Arnold von Lübeck erhalten und ein Zeugniß seiner classischen Gelehrsamkeit ist, freilich auch dafür, wie auch ein Mann seiner Bildung damals durchaus von dem gewöhnlichsten Ciceronengeschwätz abhängig und fachlicher Kritik fremd war. Nachdem mit der Ankunft des Kaisers seine stellvertretende Gewalt erloschen war, finden wir ihn besonders in Apulien 1197 mit der Ausrüstung der großen Flotte beschäftigt, welche das von Heinrich VI. [582] zusammengebrachte deutsche Kreuzheer in den Orient führen und auch dort die kaiserliche Herrschaft begründen sollte. An der Spitze dieser Flotte segelte K. zu Anfang des September von Messina ab, landete noch in demselben Monate in Cypern, wo er im Auftrage Heinrichs den König Amalrich belehnte und krönte, und gelangte dann an die syrische Küste. Die dortigen Unternehmungen wurden durch die Nachricht vom Tode des Kaisers unterbrochen, welche K. erst am 1. Febr. 1198 erhalten zu haben scheint. Er ist darauf, wie die übrigen Deutschen, heimgekehrt, nachdem sie noch vorher durch einen Eid sich für das Königthum des kaiserlichen Sohnes Friedrich II. verpflichtet hatten. Ueber dieses war man jedoch zur Zeit, als K. in Deutschland eintraf, dort schon hinweggegangen; er fand das Doppelkönigthum Philipps von Schwaben und Ottos IV. schon als Thatsache vor und stellte sich nun entschieden auf Philipps Seite, wobei wol auch die Erwägung den Ausschlag gab, daß ohne denselben er sich nicht leicht in dem Bisthum Würzburg würde haben behaupten können, zu welchem er während seiner Abwesenheit erwählt worden war. Hildesheim gedachte er daneben beizubehalten. Dadurch aber kam er in Conflikt mit seinem Freunde Innocenz III., der streng darauf hielt, daß kein Uebergang eines Bischofs von einem Bisthum zum anderen und keine Vereinigung zweier Bisthümer ohne seine Erlaubniß erfolge, und weil K. diese nicht nachgesucht, ihm sowol Hildesheim absprach, als auch vorläufig die Verwaltung Würzburgs untersagte. K. kümmerte sich indessen darum nicht, nannte sich auch ferner nach beiden Bisthümern und trat, als er im Gefolge Philipps im Januar 1200 nach Hildesheim kam, dort wieder als regierender Bischof auf, obwol das Kapitel auf Weisung des Papstes schon eine Neuwahl vorgenommen hatte. Es scheint nun, daß der Cardinalerzbischof Konrad von Mainz, der eben vom päpstlichen Hofe zurückgekommen war und etwa im Februar mit ihm zusammentraf, ihn dazu bestimmt hat, dieses trotzige Verhalten aufzugeben und dem Papste sich zu fügen, der, wie wir aus den Briefen desselben wissen, ihm noch immer zugethan war und nur auf solche Fügsamkeit wartete, um ihn seinerseits wieder fördern zu können. So legte denn K. im Februar 1200 plötzlich jene beiden Titel ab und eilte nach Rom, wo Innocenz am 9. April zwar seine Verfügung über Hildesheim nicht zurücknahm, aber dem Reuigen wenigstens Würzburg offen hielt, und K. wurde zu Anfang 1201 in der That dort mit Genehmigung seines päpstlichen Freundes nochmals zum Bischofe erwählt. Inzwischen war innerhalb der staufischen Kreise gegen ihn Mißtrauen erwacht: der Domdekan von Magdeburg wollte ihn aus dem Amte des Kanzlers verdrängen, wurde aber unschädlich gemacht, indem Konrads Bruder Gerhard von Querfurt ihn auf der Reise zum Könige überfiel und blendete. Der König selbst scheint trotz jener Begünstigung Konrads seitens der Kurie an der Treue seines Kanzlers noch nicht gezweifelt zu haben, und während man im August 1201 innerhalb der welfischen Partei schon darüber unterrichtet war, daß K. es mit dem Könige nicht gut meine, ließ dieser ihn ruhig als Kanzler fungiren, ja verzichtete noch am 8. September auf die Kirchlehen von Würzburg. Alles aber spricht dafür, daß K. sich um den Preis seiner kirchlichen Rehabilitation der päpstlichen Politik verkauft hat, sich aber vielleicht dadurch in Philipps Gunst erhielt, daß er ihm die Möglichkeit einer Verständigung mit dem Papste in Aussicht stellte. An seinen verrätherischen Absichten aber ist nicht zu zweifeln. Wir hören, daß er Zusammenkünfte mit dem Landgrafen von Thüringen hatte, der seinerseits nur auf die Hülfe Böhmens wartete, um sich offen zu empören. K., der seit 20. Septbr. 1201 aus Philipps Urkunden als Kanzler verschwindet, wurde dann wol dadurch, daß des Königs Feldzug an der Mosel 1202 mißglückte, zu übereiltem Vorgehen fortgerissen. Er warf die Maske ab und befestigte den Marienberg bei [583] Würzburg, um dort die Ankunft seiner Verbündeten zu erwarten, während nun Philipp sogleich die Schwaben aufbot und gegen Würzburg heranführte. Bevor er aber anlangte, wurde K. am 6. (4.?) Decbr. 1202, als er abends zur Kirche ging, von seinen Dienstmannen Bodo und Heinrich von Ravensburg, Verwandten des Reichshofmarschalls Heinrich von Kalden, ermordet. Streit um Güter soll die Ursache des Mordes gewesen sein. Große Talente waren in K. mit schweren Charaktermängeln gepaart, mit welchen freilich die meisten der damaligen Reichsbischöfe kaum minder behaftet waren. Er liebte es, Pracht und Aufwand zu entfalten; sein ganzes Wesen wird von dem Zeitgenossen Arnold von Lübeck als weltlich bezeichnet und dieser vermag nicht recht an das härene Bußgewand zu glauben, welches K. unter seinen seidenen Kleidern getragen haben sollte.

Vgl. die Jahrbücher der deutschen Geschichte (Heinrich VI., Philipp von Schwaben) und die allerdings wenig befriedigende Geschichte des kaiserlichen Kanzlers Konrad, Bischof von Hildesheim und von Würzburg, von Freiherr Leop. v. Borch (Innsbruck 1879, 4°), der namentlich auch Konrads Verrath bestreitet.