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Artikel „Kolb, Peter“ von Friedrich Ratzel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 460–461, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kolb,_Peter&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 19:36 Uhr UTC)
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Kolb: Peter K. (nicht Kolben oder Kolbe, wie er bisher in fast allen Werken über Südafrika, auch in der Biogr. Univ. u. a. genannt wurde), berühmter Reisender und Reisebeschreiber, wurde am 10. Oct. 1675 zu Dörflas bei Redwitz im damalig Anspachischen geboren, wo sein Vater Zolleinnehmer und Schmied in markgräflichen Diensten war, besuchte die Schulen in Redwitz und (1688) Wunsiedel, ging, nachdem sein Vater 1691 gestorben war, 1694 nach Nürnberg, wo er mit dem Astronomen Eimmart in nähere Berührung trat und wo wohlthätige Leute, vorzüglich die Praun’sche Familie, seine Studien unterstützten. 1700 bezog er die Universität Halle, wo er 1701 mit einer Dissertation „De natura cometarum“ philosophischer Doctor wurde und über Mathematik und Astronomie zu lesen begann, doch trat er 1703 bei dem preußischen Geheimrath Baron B. F. v. Krosigk als Secretär ein; er unterrichtete zugleich dessen Söhne in Mathematik und machte mit denselben große Reisen in verschiedenen Theilen von Europa. Baron v. Krosigk war ein leidenschaftlicher Freund der Astronomie und beschloß, K. nach dem Kap zu senden, um durch denselben astronomische Beobachtungen anstellen zu lassen, von welchen er sich eine bedeutende Förderung der Wissenschaft versprach, und zwar hauptsächlich in der Richtung auf leichtere und genauere Bestimmung der geographischen Länge „zu allen Orten und Zeiten“. Mit guten Empfehlungen (K. war u. a. mit dem tüchtigen Geographen Nicolaus Witzen, Bürgermeister von Amsterdam, in freundliche Berührung gekommen; vgl. die Biographie Iden’s) und astronomischen Werkzeugen ausgerüstet, schiffte sich K. am 8. Jan. 1705 in Texel ein und kam nach schwieriger Ueberfahrt am 12. Juni in der Kapstadt an. Hier begann er in Kürze seine Beobachtungen, welche ihm freilich nicht wenig durch Streitigkeiten erschwert wurden, in welche er mit einigen einflußreichen Europäern gerieth und die er nur zu breit in seiner Reisebeschreibung erzählt. Er bestimmte die Länge der Kapstadt zu 37° 55’ ö. von Teneriffa, ihre Breite zu 34° 15’ und stellte außerdem Beobachtungen über meteorologische Verhältnisse, sowie über die Declination der Magnetnadel an. Drei Jahre lebte K. diesen Arbeiten und dem allgemeinen Studium des Landes und seiner Einwohner, wobei er aber, wie seine sehr mangelhafte Karte Südafrikas ausweist, nicht weit über die Umgebungen der Kapstadt hinausgekommen sein dürfte. Da begannen die Briefe und Geldsendungen seines Herrn auszubleiben, der 1707 gestorben war, und K. sah sich gezwungen, in den Dienst der Ostindischen Gesellschaft zu treten, welche ihn zum Secretär der beiden Colonien Stellenbosch und Drakenstein machte, als welcher er in der Lage war, jene reiche Zahl guter Völker- und naturkundlicher Beobachtungen zu sammeln, welche er dann in seiner Reiseschilderung niederlegte. Aber 1712 mußte er auch von dieser Stelle zurücktreten, da er plötzlich fast blind wurde und vergebens ein Jahr lang alle dort zugänglichen Mittel zur Wiedererlangung des Augenlichtes anwandte. Es gelang dies erst, als er 1713 nach Europa zurückgekehrt war und zu Rastadt sich der Behandlung des badischen Leibarztes Christian Göckel unterzogen hatte. Geheilt traf er 1715 wieder in der Heimath ein, wo er seine Mutter noch am [461] Leben fand und auf deren, sowie seiner Freunde Bitten sich jedes Gedankens an weitere Reisen entschlug. Er blieb von nun an ruhig in der Heimath, wo ihm der Markgraf von Anspach 1718 das Rectorat in Neustadt a. d. Aisch verlieh, welches er trotz ehrenvoller Rufe nach größeren Thätigkeitskreisen bis an sein Ende behielt und mit seltener Gelehrsamkeit und Pflichttreue verwaltete. Er starb zu Neustadt am 31. Decbr. 1726, zufrieden und arm, wie er gelebt. K. schrieb 1701 die erwähnte Dissertation über die Natur der Kometen und ließ einige kleinere Schriften zur Geographie und Astronomie erscheinen; sein Hauptwerk aber, welches seinen Namen niemals wird vergessen lassen, ist das „Caput Bonae Spei Hodiernum. Das ist: Vollständige Beschreibung des Africanischen Vorgebirges der Guten Hofnung“, welches 1719 in gr. Folio zu Nürnberg erschien. K. behandelt hierin mit großer Breite in Briefform auf fast 1000 Seiten das Kapland mit seinen menschlichen Einwohnern, Thieren und Pflanzen, die allgemeine Natur des Landes, die Geschichte der dortigen holländischen Colonien, sowie seine Hin- und Rückreise und erzählt daneben in der Widmung an seinen Landesherrn den größten Theil seines Lebens. Die wichtigsten Abschnitte sind die in großer Ausführlichkeit von den Hottentotten handelnden, für deren Sitten und Gebräuche noch heute K. die reichste Quelle ist, die freilich nicht ohne Kritik zu benutzen; seine Pflanzen- und Thierbeschreibungen sind die ersten Versuche einer Flora und Fauna des Kaplandes. Ueberhaupt ist Kolb’s Werk das ausführlichste und umfassendste unter allen älteren Schilderungen des Kaplandes, im Ganzen und Großen auch die zuverlässigste, und wurde erst Ende des 18. Jahrhunderts von den Reisebeschreibungen Barrow’s und Lichtenstein’s verdrängt. 1727 und 31 erschienen holländische und englische Uebersetzungen und 1745 eine deutsche abgekürzte Ausgabe. Ein gutes Bild Kolb’s ist der ersten Ausgabe von 1719 vorgesetzt.

Vorrede zur Ausgabe von 1719. G. C. Oertel, De vita, fatis ac meritis M. Petri Kolb, Nürnb. 1758, 4°. Oertel, Kolb’s Nachfolger in Neustadt a. d. Aisch, hat später auch seine in der dortigen Schulbibliothek aufbewahrten Handschriften verzeichnet und gewürdigt. Rotermund’s Fortsetzung zu Jöcher, Bd. III.