ADB:Keysere, Peter de (deutscher Buchdrucker in Paris)

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Artikel „Keysere, Peter de“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 696–699, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Keysere,_Peter_de_(deutscher_Buchdrucker_in_Paris)&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 22:29 Uhr UTC)
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Keysere: Peter de K. (Caesar, Caesaris), einer der bedeutendsten deutschen Buchdrucker zu Paris im 15. Jahrhundert. Nachdem in dieser Stadt 1470 zuerst von den drei Deutschen: Martin Krantz (vgl. d.), Ulrich Gering und Michael Freiburger die Buchdruckerkunst eingeführt worden war, wetteifert zunächst mit diesen Künstlern in der Ausübung der neuen Kunst Peter Caesar oder vielmehr Peter de K. Sein Geburtsjahr sowie der Ort seiner Geburt sind zwar unbekannt, aber es kann nach den Untersuchungen sowol älterer französischer als neuerer belgischer Forscher keinem Zweifel unterliegen, daß er ein Glied der im 15. und 16. Jahrhundert berühmten flandrischen Typographenfamilie dieses Namens gewesen ist und nur seinen Namen, der Sitte der Zeit folgend, in Frankreich in Caesar oder Caesaris latinisirte, denn im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts, sehen wir einen Arnold de Keysere die Buchdruckerkunst zu Oudenarde und Gent einführen, ein Peter de K. begegnet hier ebenfalls (s. u.) und ein anderer zu Antwerpen, woselbst auch Martin de K. (vgl. o.) etwas später auftritt. Unser Drucker war als Student der Universität nach Paris gekommen und hatte sich an ihr (Chevillier a. a. O. S. 321) den Grad eines Magisters der schönen Künste erworben. Die Druckerkunst aber erlernte er in der Werkstätte der drei alemannischen Brüder[WS 1], die damals noch in dem Gebäude der Sorbonne selbst arbeiteten. Als aber 1473 die Brüder dieses Gebäude verließen und eine eigene Wohnung bezogen, trat mit ihnen auch K. an, nicht aber, um auch ferner in ihren Diensten thätig zu sein, sondern um sich selbstständig, jedoch in Gemeinschaft mit seinem deutschen Landsmanne Johannes Stoll, welcher ebenfalls an der Universität studirte, dessen Lebensverhältnisse [697] aber unbekannt sind, eine eigene Offizin zu gründen. Zu diesem Zwecke erwarben sie sich ein Haus in der großen Straße St. Jakob, nahe dem Kloster der Jakobiner, mit dem Schilde „Follis viridis“, weshalb beide Drucker auch den Erzeugnissen ihrer Presse entweder die Worte beigaben „in intersignio Follis viridis“ oder auch blos „in vico Sancti Jacobi“. K., welcher wie es scheint, über bedeutendere Mittel verfügte als Stoll, verwendete nun einen Theil des Jahres 1473 auf Beschaffung des typographischen Materials, inaugurirte aber schon in den ersten Monaten des folgenden Jahres (22. März 1473 [1474 neuen Stils]) seine Presse durch die Ausgabe des „Manipulus curatorum“ von Guido de Monte Rocherii, welche K. noch allein mit den Worten unterzeichnete: „Completus est Parisius (sic) per venerabilem virum Cesaris in artibus magistrum ac hujus artis industriosum opificem …“, aber es ist sehr wahrscheinlich, daß er auch in diesem Jahre noch, unter seinem Namen allein den „Tractatus de pluralitate beneficiorum“ von Joh. de Ligniano sowie das „Speculum vitae humanae“ von Rodericus Zamorensis ausgehen ließ, welche beiden Werke auch die alemannischen Brüder, während ihre Werkstätte noch in der Sorbonne befindlich war, publicirt hatten. Weil aber alle diese Ausgaben nur den Namen des K. allein tragen, so muß man annehmen, daß Stoll fürs erste seinen Studien weiter lebte und erst im Laufe des Jahres 1474 Theilhaber der Druckerei ward. Nun aber entwickelte sich eine lebhafte Rivalität zwischen den alemannischen Brüdern und unseren beiden Druckern; gaben diese letzteren ein Werk heraus, so erschien es fast unmittelbar auch bei den ersteren, und hatten diese den Wettlauf mit einem neuen Erzeugnisse begonnen, K. und Stoll folgten ihnen mit demselben auf dem Fuße; es war dies ein wahrhafter zum Glück unblutiger typographischer Krieg, ähnlich jenem, welchen sich zu gleicher Zeit in Italien die deutschen Drucker Sweynheim und Pannartz einestheils und Ulrich Han andererseits zu Rom erklärt hatten. Beide Officinen d. h. die der alemannischen Brüder und des K. bedienten sich außerdem fast der nämlichen Typensorten, aber K. schnitt eine Auswahl von Kapitalbuchstaben, deren Form so auffallend ist, besonders die des A, E und H, daß sie zu jeder Zeit als Probe dienen, um seine Productionen von denen jener alten Officin zu unterscheiden. Die Concurrenz jedoch, welche sich gegenseitig die beiden Werkstätten machten, begünstigte in hohem Grade die des K., welche überdies, wie es den Anschein hat, so organisirt war, um den Bedürfnissen des Unterrichts in der lateinischen Litteratur und der durch die Universität als officiell anerkannten lateinischen Sprache entgegen zu kommen. Und in der That entsendeten die beiden Drucker im Laufe der beiden Jahre 1475 und 1476 allein, der Glanzperiode ihrer Thätigkeit, neben anderen undatirten Büchern, auch ohne Zweifel einer großen Zahl solcher, die die Zeit vernichtet hat, die besten Schriften der lateinischen Classiker, wie die des Cicero, Sallust, Terenz, Valer. Maximus, Seneca, Vegetius und Solinus, neben Werken, die zum Studium der Grammatik und Rhetorik geeignet waren. Allerdings war auch ihre Officin sehr wohl ausgestattet, indem dieselbe mindestens drei verschiedene Schriftgattungen besaß, dagegen begegnet man nach der Gewohnheit der Zeit in ihren Ausgaben einer übergroßen das Lesen erschwerenden Anzahl von Abbreviaturen. Das Verhältniß zwischen K. und Stoll muß sich im J. 1479 gelöst haben, wenigstens findet sich nach diesem Jahre kein von ihnen gedrucktes Buch mehr, wenn man nicht mit Panzer, A. t. II, 285 und Hain, Repert. 4528, deren Quelle jedoch allein nur der Katalog des Crevenna II, 1369 ist, annehmen will, daß das Buch „Pragmatica sanctio Caroli (VII.) Francorum regis“, 1484 ihrer Presse entstammt, aber neuere Forscher haben bis zur Evidenz bewiesen, daß dieses Buch aus ihrer Werkstätte nicht hervorgegangen ist. Aus der Geschichte der Pariser Buchdruckerei ist nicht zu ersehen, welches die Ursache ihrer Trennung und der [698] Auflösung der Druckerei gewesen ist, es scheint aber, daß hiezu entweder der Tod des Stoll, dessen Name nicht, wie der seines Genossen oder der der alemannischen Brüder in den öffentlichen Dokumenten jener Zeit vorkommt, die Veranlassung gegeben, oder daß sich derselbe nach dem J. 1479 nach Deutschland zurückbegeben habe. In dem Kataloge der 1835 zu London versteigerten Bibliothek des Dr. Kloß zu Frankfurt a. M. Nr. 1367 bei Bernard a. a. O. II, 323) fand sich ein Exemplar eines „Breviarium sec. consuetud. Rom. curiae“ gedruckt zu Venedig 1474 durch Jacob de Rubeis, in welchem das Inscript von der Hand des Stoll befindlich ist: „Iste liber pertinet Johanni de Stol impressori qui deposuit illum apud nos in caritate“ und es gewinnt so den Anschein, daß dieses Breviar einer religiösen Corporation gegeben worden sei, aber man weiß weder das Jahr des Geschenkes noch was aus dem Buche geworden ist. Was aber K. anbelangt, so wohnte er auch ferner in der großen Straße St. Jacques und miethete daselbst von der Sorbonne nach einem durch Meersch a. a. O. in extenso abgedruckten Dokumente, dessen Original sich in der Bibliothek zu Paris befindet, am 18. Juli 1487 gegen einen jährlichen Zins von „12 livres paris.“ ein Haus mit Hof und Garten, welches in der nämlichen Straße lag. Doch hat er schwerlich zu dieser Zeit mehr Buchdruck betrieben, weil er in diesem Aktenstücke nur als „honorable homme“ und „Maitre ès ars“ angeführt wird, aber an keiner Stelle als Buchdrucker oder Buchhändler. Dagegen erhellt aus den Registern der Procuratoren der Sorbonne, daß er dieses Haus noch bis zum J. 1509 besaß, welches vermuthlich auch das seines Todes ist. Was die übrigen forialen Verhältnisse des K. anbelangt, so stand er in großer Achtung bei den Doctoren der Sorbonne und zählte zu den vier beeidigten Buchhändlern der Universität. Er waren dies aber sehr wichtige Aemter, die man nur höchst achtbaren und kenntnißvollen Männern anvertraute. K. empfing in dieser Stellung von dem Rector der Universität (Chevillier p. 312) „des lettres par lesquelles il avait pouvoir d’exercer cette charge selon les regles et statuts, et il fut dès-lors reconnu pour officier et support de l’Université, faisant l’office de libraire sous sa protection et jouissant de mêmes privilèges et franchises, que les docteurs, regents, maitres et écoliers“. Man darf auch annehmen, daß K., gleich seinem alten Lehrherrn zu Paris, Gering, einen Naturalisationsbrief werde erhalten haben, welcher ihm zu dem Zwecke nothwendig war, damit nicht Kraft des Heimfallsrechts nach seinem Tode sein Vermögen als königliche Domäne eingezogen werde, und daß er ebenso der Gunst Königs Ludwig XI. sich werde erfreut haben, womit dieser die ersten Buchdrucker zu Paris überhäufte; denn dieser Fürst war ein großer Bücherfreund und Crapelet p. 19 weist urkundlich nach, daß derselbe, um den Druckern die Vergleichung der Handschriften. deren sie für ihre typographischen Arbeiten benöthigt waren, zu ermöglichen, selbst Manuscripte und andere von den Königen Karl V. und VI. mit großen Kosten erworbenen Schätze von Fontainebleau nach Paris schaffen ließ und im Louvre eine Bibliothek errichtete, welche er mit einer großen Zahl von Handschriften und Drucken bereicherte. Unsere beiden Landsleute aber in Frankreich, K. und Stoll, durften mit den alemannischen Brüdern, ebenso wie zu gleicher Zeit in Italien Sweynheim und Pannartz mit Stolz und Genugthuung sehen, zu welcher Blüthe die Buchdruckerkunst, deren Erfindung sie nahe gestanden und deren ersten Schritte sie nach Paris und Rom gelenkt hatten, zu Ende ihres Lebens in diesen beiden Städten gelangt war, denn man zählte bereits vor dem Schlusse des Jahrhunderts nicht weniger als vierzig Werkstätten zu Paris in voller Thätigkeit und in Rom deren fünfundzwanzig, die Anzahl aber aller deutscher Druckerherren zu Paris den verschiedensten Theilen Deutschlands entstammend, betrug im 15. Jahrhundert 13, von welchen neben K. und Stoll die bedeutendsten waren Badius Ascensius, Thilemann Keruer und Martin Krantz mit [699] seinen Gesellschaftern (vgl. diese beiden). Die Zahl der Werke, welche aus der Presse des K. und Stoll während der sechs Jahre ihrer gemeinschaftlichen Thätigkeit (1473–79) hervorgegangen waren, beläuft sich auf fünfzig, sämmtlich in lateinischer Sprache, über deren Titel und Inhalt die unten verzeichneten Quellen nähere Auskunft geben; ein Facsimile ihres Druckes aus dem J. 1475 findet sich bei Meersch S. 427. – Während der ersten Jahre des 16. Jahrhunderts bestand zu Paris eine typographische Anstalt, bekannt unter dem Namen „Prelum caesareum“, unter der Leitung eines Robert de Keysere, eine Buchdruckerei, deren Unterhaltung durch Jodocus Badius und seinen Genossen Jean Petit (dieser druckte zuerst zu Lyon als „Johannes Clein“) bestritten ward. Die Existenz dieser Werkstätte erhellt aus einer Dedication des Gervasius Amaenus an Robert Keysere de Gand (Roberto Caesari Gandavo), welche sich an der Spitze einer Ausgabe der Argonautica des Val. Flaccus vom J. 1512 befindet und deren Kolophon lautet: „Impressum in Parrhisiorum Lutecia, communibus Jodocus Badii Ascensii et Johannis Parvi expensis in Prelo caesareo …“ Es haben hieraus und wie mir scheint, mit sehr großer Wahrscheinlichkeit belgische und französische Gelehrte den Schluß gezogen, daß die Druckerei dieses Namens zuerst Peter de K. angehörte und sodann an Robert de K., einen seiner Verwandten oder vielleicht seinen Sohn überging.

Chevillier, Orig. de l’Imprim. à Paris p. 55 et suiv. 312. 339 et suiv. Crapelet, Etudes sur la Typogr. I, 19. 27. Mercier de Saint-Leger, Suppl. à Marchand p. 125. De la Serna Santander, Dict. bibl. du XVI. siècle I, 228. Bernard, De l’orig. de l’imprim. II, 326. V. d. Meersch, Recherches sur la vie et les travaux des imprim. belges, I, 158. 162. 403–475. Panzer, A. t. (Parisii).


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Alemannische „Brüder“: Ulrich Gering, Martin Krantz und Michael Freiburger