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Artikel „Kern, Theodor Ritter von“ von August von Kluckhohn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 635–636, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kern,_Theodor_Ritter_von&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 06:29 Uhr UTC)
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Kern: Theodor Ritter v. K., Historiker, geb. am 5. Mai 1836 zu Bruneck in Tirol, † am 18. November 1873 als Professor der Universität Freiburg zu Veytaux am Genfer See. Er war der Sohn eines aus dem oberschwäbischen Reichsstädtchen Pfullendorf stammenden k. k. Kreishauptmannes, welcher im Pusterthal eine segensreiche heute noch nicht vergessene Thätigkeit entfaltete, bis er als Gubernialrath nach Innsbruck versetzt wurde. Hier besuchte K. 1845–53 das anfangs noch von Jesuiten geleitete Gymnasium, während das Haus des feingebildeten, mit der deutschen Litteratur wohl vertrauten Vaters ihm früh Gelegenheit bot, sich mit der deutschen Dichtung und Geschichtschreibung zu befreunden. Nachdem er noch zwei Jahre an der Universität Innsbruck juristische Vorlesungen gehört, widmete er sich 1855–58 zu Heidelberg, Göttingen, München, wo Häusser, Waitz, v. Sybel bestimmenden Einfluß auf ihn übten, mit Vorliebe geschichtlichen Studien. In Innsbruck bestand er mit glänzendem Erfolg die Prüfung für das höhere Lehramt; in Heidelberg erwarb er im Herbst 1858 den Doctorgrad, worauf er wieder nach München übersiedelte und fleißig an dem kritischen und bibliographischen Theile der von v. Sybel neu gegründeten historischen Zeitschrift mitarbeitete. Bedeutungsvoller sollte seine Mitarbeit an der durch Professor Dr. Hegel[WS 1] im Auftrage der historischen Commission unternommenen Herausgabe der deutschen Städtechroniken werden, in deren Interesse K. im Mai 1859 nach Nürnberg übersiedelte. Sechs Jahre hat K. seine unermüdliche Thätigkeit ganz dem großen Unternehmen gewidmet, sowol mit den vorbereitenden Arbeiten, Untersuchungen von Handschriften in Bibliotheken und Archiven und Anfertigung von Repertorien, als ganz besonders mit der Bearbeitung Nürnberger Chroniken betraut. In den fünf ersten Bänden sind seine mit beharrlichem Fleiße und peinlicher Gründlichkeit ausgeführten, oft höchst schwierigen Forschungen niedergelegt. Mit dem vierten und fünften Bande, die fast ganz sein Werk sind, blieb er noch beschäftigt, nachdem er sich am [636] 15. April 1865 an der Universität Freiburg habilitirt hatte. Am 11. August 1866 wurde er zum außerordentlichen, am 13. Januar 1871 zum ordentlichen Professor der Geschichte daselbst ernannt. So hatte er nach Jahre langen Sorgen und Kämpfen an einer deutschen Hochschule eine Stellung erreicht, die seiner idealen Anschauung vor jeder anderen erstrebenswerth erschien. Neben einer namentlich der deutschen Geschichte zugewandten Lehrthätigkeit sah er seine Bemühungen, localhistorische Forschungen zu fördern, durch die Gründung eines historischen Vereins zu Freiburg und die Herausgabe einer besonderen Zeitschrift für die Geschichte des Breisgaues mit Erfolg gekrönt, und zu der Freude an dem Berufe und zu seinem neuen häuslichen Glücke gesellte sich für den warmherzigen Patrioten, welcher schon auf österreichischem Boden mit so sehnsüchtiger Liebe an Deutschland hing, die Freude über die große Wendung unserer nationalen Angelegenheiten. Auch für seine litterarische Thätigkeit sollte, so schien es, eine neue Zeit beginnen; er eilte, seine Arbeit an den Nürnberger Chroniken zu Ende zu führen, um zu anderen Lieblingsaufgaben überzugehen. Da erfaßte den 37jährigen eine schwere Krankheit, für die er vergebens, zuletzt am Genfer See, Heilung suchte. Er starb am 18. November 1873. – Einen Theil der in Zeitschriften zerstreuten Aufsätze, darunter eine umfangreiche und eindringende Arbeit über die Reformen Maria Theresia’s, sowie mehrere öffentliche Vorträge des früh Vollendeten, gab 1875 auf Veranlassung der Wittwe Jul. Weizsäcker zu Tübingen unter dem Titel „Geschichtliche Vorträge und Aufsätze“ heraus. Das Buch, das auch in weiteren Kreisen viel Beifall gefunden hat, zeigt, wie K., dessen eigentliche Stärke in minutiöser Quellenforschung lag, historische Stoffe auch lebensvoll zu gestalten vermochte.

Ein vollständiges Verzeichniß seiner Schriften findet sich in dem Nekrologe von E. Martin in der Zeitschrift für die Geschichte des Breisgaues III, 425 ff.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Karl von Hegel (1813–1901), Professor der Geschichte in Erlangen.