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Artikel „Karl III. Wilhelm, Markgraf von Baden-Durlach“ von Arthur Kleinschmidt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 237–241, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Karl_III._Wilhelm&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 19:11 Uhr UTC)
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Karl III. Wilhelm, Markgraf von Baden-Durlach. Als zweiter Sohn des Markgrafen Friedrich VII. Magnus von Baden-Durlach von Auguste Marie von Holstein-Gottorp in Durlach am 28. Januar 1679 geboren, wurde K. W. sorgfältig erzogen, zeigte sehr gute Anlagen, machte seine Vorstudien seit 1690 zu Lausanne und Genf und bezog 1692 die Universität Utrecht, auf der er Politik, öffentliches Recht, Geschichte etc. fleißig studirte. 1693–94 bereiste er England, verließ 1694 die Utrechter Hochschule und ging, für Kriegsruhm begeistert, zum Heere des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden-Baden, um die Kriegführung zu erlernen. Auf der Rückkehr von einer Reise in Italien wohnte er der Belagerung von Casale[WS 1] bei und ging dann zur Reichsarmee. 1696 besuchte er auf einer Reise in den Norden viele deutsche Höfe, kam im März zu seinen Verwandten in Stockholm und die Königin-Wittwe Hedwig Eleonore trug sich mit dem Projekte, ihn mit ihrer ältesten Enkelin Hedwig Sophie, der Tochter des Königs Karl XI., zu vermählen; aber an seinen zu freien Sitten scheiterte der Plan, die Aussicht auf die schwedische Krone ging Baden verloren und dieselbe kam später durch Heirath der Schwester der Prinzessin an das Haus Hessen-Kassel. Im October verließ er Stockholm wieder, besuchte den brandenburgischen Hof und kehrte nach Basel heim, wo die Familie oft lebte. Hier heirathete er am 27. Juni 1697 die Prinzessin Magdalene Wilhelmine von Würtemberg [238] (geb. am 7. September 1677), eine der edelsten und geistvollsten Frauen der Zeit; sein Leichtsinn und vielfacher Verkehr mit lockeren Frauen machten sie sehr unglücklich und meist lebten die Gatten getrennt. Als der spanische Erbfolgekrieg ausbrach, ernannte der schwäbische Kreis K. W. zum Generalfeldwachtmeister; er zeichnete sich 1702 bei der Belagerung von Landau aus, wurde am 14. August bei einem Ausfalle daselbst verwundet, ging nachher zu den Reichstruppen bei Friedlingen, trug zum dortigen Siege am 14. October wesentlich bei und wurde schwer verwundet. Der schwäbische Kreis beförderte ihn zum Generalfeldmarschalllieutenant. 1703 unterstützte K. W. den Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden-Baden bei der Vertheidigung der Linien von Stollhofen, zog dann zum Feldmarschall Grafen Styrum an die Donau, zeichnete sich hervorragend in der Schlacht von Höchstädt am 20. September aus und deckte hier mit dem Fürsten von Anhalt-Dessau den Rückzug der Infanterie; für seine Leistungen wurde er am 20. November kaiserlicher Generalfeldmarschalllieutenant. 1704 folgte er den Fahnen des Prinzen Eugen von Savoyen und des Herzogs von Marlborough und kämpfte am 13. August bei Höchstädt, wo ihm sein Reitknecht das Leben rettete. Bei der Belagerung von Landau warf er am 20. September den Ausfall der Franzosen zurück und nachdem die Festung am 24. November gefallen war, ging er wieder nach Stollhofen zur Vertheidigung der festen Linien. 1705 beförderte ihn der schwäbische Kreis zum Generalfeldzeugmeister; er und Feldmarschall v. Thüngen hielten den oberen Rheinstrich und das Lager bei Lauterburg besetzt und vergebens suchte der Marschall von Villars im Juli die Linie anzugreifen. Als die Kaiserlichen im Elsaß einbrachen, war K. W. dabei. 1706 ging er mit Thüngen ins Elsaß und da Thüngen vom Markgrafen Ludwig Wilhelm nach Rastatt gerufen wurde, übernahm er den Oberbefehl und wehrte Villars glücklich ab; im November kehrte er mit Thüngen über den Rhein zurück. Als die Franzosen 1707 die Linien von Stollhofen durchbrechen wollten, hatte er nur etwa 2600 Mann um sich, zog darum den Herzog von Württemberg mit 5000 Mann heran und während dieser bei Stollhofen Posto nahm, setzte er sich zu Bühl fest. Hier erschien Villars am 22. Mai; K. W. ließ nur wenige Leute in den festen Linien zurück und ging am 23. Mai mit dem größten Theile der Infanterie aus dem festen Lager, befahl der Cavallerie, mit jenen Zurückgebliebenen ihm beim ersten Andrängen des Feindes zu folgen, kam mit seinen Truppen unversehrt in Pforzheim an und vereinigte sich mit den Mannschaften, die nun auch aus den festen Linien abgezogen waren. Im Juni wurde er mit Truppen nach Ulm gesandt, um hier die Leitung zu übernehmen, und am 12. Mai wurde er kaiserlicher Generalfeldzeugmeister. Seine Thronbesteigung unterbrach seine Kriegerlaufbahn; er folgte dem Vater am 25. Juni 1709 als „Markgraf von Baden-Durlach“, erhielt 1714 die kaiserliche und 1726 die Basel’sche Belehnung. 1711 reiste er nach Holland und ging dem neuen Kaiser Karl VI. bis Innsbruck entgegen, dann nach Venedig und kehrte 1712 heim. Mit Einwilligung der Kreisstände von Schwaben trat er 1712 sein Regiment seinem jüngeren Bruder Christoph ab. Auch nach dem Utrechter Frieden litten seine Lande schwer durch die französischen Heere und er suchte nach Kräften den Uebeln abzuhelfen. Den Friedensunterhandlungen zu Rastatt wohnte er selbst öfter an, nach Baden im Aargau schickte er einen Gesandten. Am 11. Mai 1714 stellte er die Leiden seines Landes in den letzten Kriegen dem Kaiser, dem Reichsstage in Augsburg, dem Prinzen Eugen von Savoyen und dem Marschalle von Villars dar, forderte Abhülfe für seine Beschwerden und Eugen nebst Villars versprachen ihm Unterstützung. Seine zu Baden gestellten Forderungen waren: die endliche Berücksichtigung seiner Rechte an die Hohengeroldseck’schen Güter, die Uebergabe der Stadt Neuenburg am Rhein Seitens der Habsburger als Schadenersatz für ihn, [239] die Befreiung seines Hauses auf einige Zeit von den Reichs- und Kreislasten und die Mitbelehnung seines Hauses mit mehreren Lehen des Hauses Baden-Baden. Aber der Badener Friede vom 7. September 1714 brachte ihm keinen Schadenersatz etc., nur erhielt er von Frankreich die Rheininseln bei Hüningen zurück. Redlich bemühte er sich nun, die schweren Wunden, die der lange Krieg dem Lande geschlagen, zu heilen; er brachte die Finanzen, die er total erschöpft angetroffen, in gute Ordnung und das Land blühte unter ihm auf. Von Hessen-Darmstadt aufgefordert, trat K. W. 1713 dem Maulbronner Fürstenbündnisse gegen die reichsunmittelbare Ritterschaft bei, welches der Kaiser nicht bestätigte. 1716 sandte er dem Kaiser für den Türkenkrieg ein Regiment von 2300 Mann, das ihm 10 Jahre dienen sollte, das er ihm dann jedoch für immer überließ. 1715 wurde er kaiserlicher Generalfeldmarschall und sein Patent auf 1694 zurückdatirt, so daß er zu den ältesten Generalen zählte. Da die Durlacher sich weigerten, Grundstücke zu einer neuen Vorstadt abzutreten, faßte K. W., dessen Ueppigkeit bei ihnen Anstoß erregt hatte, den Gedanken, sich ein Lustschloß im Hardtwalde zu erbauen und legte dazu am 17. Juni 1715 den Grundstein; er entwarf meist selbst die Risse für das Schloß, welches mit Ausnahme des steinernen Bleithurms der Eile wegen in Holz aufgeführt wurde, für die schönen Gärten und endlich für die neue Stadt, die sich darum gruppiren sollte. Um dies „Karlsruhe“ zu bevölkern, erließ er am 24. September 1715 ein Rescript, worin er allen Ansiedlern daselbst Religionsfreiheit, Steuerfreiheit auf 20, später auf 30 Jahre, Zoll- und Abgabebefreiung für Geräthschaften und Waaren, Freiheit von der Leibeigenschaft und allen Frohnden u. dgl. verlieh und jedem Baulustigen einen Bauplatz, Holz und Sand frei gab. Von allen Seiten kamen solche herbei und für Arbeiter, Handwerker etc. wurde Klein-Karlsruhe angelegt. K. W. bezog das neue Schloß, 1719 waren schon 620 Bürger aufgenommen, um 1720 standen an 100 einstöckige Holzhäuser da; 1717 wurde die Schloßkirche, 1722 die Concordien-Stadtkirche eingeweiht; am 28. Juni 1719 erhielten die Reformirten die Erlaubniß zum Bau einer Kirche, den Katholiken wurde eine Kirche, den Juden eine Synagoge gestattet. 1718 siedelte die Regierung mit allen Collegien, 1724 das Durlacher Gymnasium nach Karlsruhe über; 1728 entstand hier das Rathhaus, 1730 das Pfarr- und Schulhaus. Am 12. Februar 1722 und im August 1724 wurden weitere Privilegien bewilligt, da die Bewohner von Karlsruhe keine Spur von Gemeinsinn zeigten, sondern nur stets eigennützige neue Anforderungen an den Markgrafen stellten. Am Tage, da er Karlsruhe gründete, stiftete K. W. zum Gedächtnisse den „Hausorden der Treue“, der bald sehr gesucht war.

1717 ließ er im ganzen Lande das zweite Säculum der Reformation feiern. An der Stelle des Dominikanerinnenklosters in Pforzheim entstand 1718 ein großes Waisenhaus, verbunden mit Irren- und Zuchthaus und mit den Einkünften der St. Georgskirche und einiger ehemaligen Spitäler dotirt. K. W. that viel für Anstalten zur Pflege der Gesundheit; er ließ bei der jüngst entdeckten Mineralquelle in Langensteinbach eine Badeanstalt bauen und wandte rege Sorgfalt den Heilquellen und Mineralbädern in Badenweiler, Sulzburg, Fischingen, Hauingen, Maulburg etc. zu. Unter ihm begann die Anpflanzung der Kartoffel, die das Volk wenig beachtete; er war ein großer Freund des Ackerbaues und der Gartenzucht, ließ Pflanzen aller Art aus dem Auslande kommen, arbeitete oft selbst in seinen Gärten und Holland versorgte ihn mit den prächtigsten Blumen, die ihn sehr viel Geld kosteten; seine Tulpen waren sein Stolz. Eine große Menagerie und andere Liebhabereien verschlangen große Summen; dabei war der Markgraf ein leidenschaftlicher Jäger und der übergroße Wildstand schadete dem Lande sehr. Mehrerer Sprachen mächtig, liebte er auch sehr Chemie [240] und Naturwissenschaften; sein Lieblingsfach waren die Cameralia. K. W. besaß eine Reihe trefflicher Eigenschaften. Er regierte ganz selbständig, duldete nie die Einmischung von Günstlingen, war stets thätig, hatte für Alles, was dem Lande noth that, ein offenes Auge und wehrte nach bestem Vermögen dem Uebel. Für die Rechtspflege war er ein besonderer Schützer. Da er es für weit besser hielt, das allmählich vergriffene alte Landrecht wieder unter das Volk zu bringen als die Zeit mit dem Entwurfe eines neuen, an dem sein Vater durch den Krieg gehindert worden, verstreichen zu lassen, so verordnete er 1710 eine neue Ausgabe des alten badischen Landrechts und der Landesordnung, um den Gesetzen wieder allgemeine Geltung zu verschaffen. Um sein Hofgericht in Controle zu halten, holte er in Strafsachen bisweilen auf seine Kosten die Erkenntniß auswärtiger Schöffenstühle ein. Er begann Reformen in der Landespolizei, unterdrückte Mißbräuche, verbesserte daß Zunftwesen, ließ sich das Resultat der Berathungen der höheren Behörden immer vorlegen, prüfte es genau und schrieb meist persönlich seine Entschließung nieder. Der Armuth suchte er dauernd abzuhelfen und gewährte viel aus eigenen Mitteln. Die einzelnen Pfarrer und Schullehrer mußten seit 1719 zum Pfarrwittwenfiscus beisteuern, dann durften ihre Wittwen und Waisen Ansprüche daran machen. Obgleich Karl Wilhelms Hof im glänzenden Stile gehalten wurde, gelang es ihm große Schulden vom Lande abzuwälzen. Sonst ein sehr guter Rechner, verschleuderte er hingegen, von unbändiger Sinnlichkeit beherrscht, großartige Summen an Favoritinnen und hielt im Bleithurme einen Harem, die sogenannten „Kammermädchen“, seine hochherzige Gemahlin bei Seite setzend. 1721 errichtete K. W. eine Landmiliz von 400 Mann. Mit der Abtei St. Blasien, Pfalz, Speier und anderen Nachbarn glich er Streitigkeiten gerne sofort aus und war bestrebt mit Allen in Frieden zu leben. Der alte Streit mit Nassau-Saarbrücken wegen Lahr, der 1719 abermals entbrannte, nahm einen ungünstigen Ausgang; der Markgraf mußte die Herrschaft auf kaiserlichen Befehl 1725 dem Saarbrücker Fürsten einräumen und dieser gab dagegen 1727 alle weiteren Forderungen auf. Umsonst brachte K. W. 1731, als der Pfalz-Zweibrückische Mannsstamm in Gustav Samuel Leopold erlosch, die von der Gemahlin des Markgrafen Friedrich VI. von Baden-Durlach, Christine Magdalene von Zweibrücken-Kleeburg, gewahrten Rechte an die Succession in Zweibrücken, Jülich etc. vor; Alles kam an die Birkenfelder Linie. Am 13. Februar 1726 setzte seine Tante Katharina Barbara den Markgrafen zum Erben ihrer Ansprüche an schwedische Gelder ein, doch erhielt er nichts. 1731 forderten ihn die protestantischen Schweizer Cantone auf, er möge 800 vom Könige von Sardinien aus Piemont vertriebenen Protestanten, die bei ihnen kümmerlich ihr Leben fristeten, eine Zuflucht gewähren, doch mußte er es abschlagen, indem sein durch die Kriege erschöpftes Land nicht noch mehr Bevölkerung ernähren konnte. 1721, 1723 und 1729 besuchte er Holland und kaufte sich 1729 in Haarlem an.

1733 wurde K. W. Generalfeldmarschall des schwäbischen Kreises, beanspruchte das erledigte Kreisdirectorium, aber vergebens, und trat sein Kreisregiment seinem Neffen Karl August ab, während ihm der Kreis 1737 sein Dragonerregiment verlieh. 1738 überflutheten in Folge der streitigen Wahl in Polen die Franzosen, den Freund Karl Wilhelms König Stanislaus unterstützend, die kaum erholte Markgrafschaft und K. W. verließ im October das Land; seine Gemahlin, Schwiegertochter und Enkel blieben zurück, um den Unterthanen möglichst zu nützen. K. W. ging nach Basel und da er für die Dauer des Kriegs Frankreich einen jährlichen Tribut versprach, wurde die Markgrafschaft schonend behandelt. Am 6. Januar 1736 machte K. W. in Basel sein Testament, setzte seinen Enkel Karl Friedrich zum Nachfolger und Erben ein, da seine zwei Söhne [241] 1712 und 1732 gestorben waren, bestimmte die Vormundschaft etc. Der Tod des Erbprinzen Friedrich 1732 beugte ihn derart, daß er nie mehr die Trauerkleider ablegte, hierzu kam der Schmerz, die Schwiegertochter unheilbar geisteskrank zu wissen. Erst im September 1736 kehrte K. W. nach Karlsruhe zurück. Hier rührte ihn am 6. Juni 1737 der Schlag; trotzdem blieb er rastlos thätig. Ein zweiter Schlaganfall nahm ihn am 12. Mai 1738 zu Karlsruhe hinweg. Seinem Wunsche gemäß wurde er in der Concordienkirche daselbst beigesetzt. Auf dem Markte zu Karlsruhe ruht jetzt seine Asche unter einer von Großherzog Ludwig I. 1823 errichteten Pyramide.

Zu Karl I. II. und III. wurden hauptsächlich benutzt: Schöpflin, Historia Zaringo-Badensis und Sachs, Einleitung in die Geschichte der Markgrafschaft und des markgräflichen altfürstlichen Hauses Baden, Karlsruhe 1764–1770, 5 Bde.; zu Karl III. speciell auch: Kleinschmidt, Karl Friedrich von Baden, Heidelberg 1878.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. es handelt sich hier um Casale Monferrato im Piemont, wobei Karl Wilhelm bereits den Rang eines kaiserlichen Obristen hatte