ADB:Jezler, Christoph
Euler lehrte. Im März 1763 reiste J. dorthin, fand bei Euler, Lambert, Sulzer und anderen Gelehrten freundliche Aufnahme, so daß er mit einer kurzen Unterbrechung, als der Hinschied der Mutter ihn gegen Ende 1763 nach Schaffhausen zurückrief, volle zwei Jahre mit großem Gewinn für seine wissenschaftliche Ausbildung in Berlin verbrachte. 1765 in die Schweiz heimgekehrt, siedelte er sich nach einer Reise in die Alpen, wobei er mit einem Reisebarometer eigener Construction Beobachtungen machte, in Schaffhausen an und übernahm auf Bitte der Obrigkeit das Amt eines Stadtbaumeisters. Allein seine Gewissenhaftigkeit, Strenge und Thätigkeit räumten zwar zu großem Vortheil des Gemeinwesens mit zahlreichen Mißbräuchen nachdrücklich auf, erweckten ihm aber so viele Gegner und Verdrießlichkeiten, daß J. im August 1768 seine Entlassung einreichte. Die Abfassung eines Memorials über nothwendige Verbesserungen in der Bewirthschaftung der städtischen Forste, welches er jetzt schrieb, fand ebenfalls Tadel, bewirkte indessen, daß der Rath ihm die Leitung des Forstwesens anbot, was J. aber, im Wunsche eine größere wissenschaftliche Reise zu unternehmen, ausschlug. Doch versprach er wiederzukommen und alsdann sich öffentlichen Geschäften nicht zu entziehen, wenn man ihm solche übertragen wolle. J. wandte sich im Sommer 1770 zunächst nach Yverdon, wo er mit dem Mathematiker Jeanneret und mit de Félice, dem unternehmenden Herausgeber der Yverdoner Encyclopédie und anderer bedeutender Werke Umgang pflog, ging im Juni 1771 nach Paris, im October nach London, im April 1772 nach Holland und traf im Juli 1772 wieder zu Hause ein. Ueberall hatte er in den Kreisen der Gelehrten, in Paris bei Jeaucourt, d’Alembert, Blondel, Lalande u. A., in [5] London, wo er Franklin sah, bei Dollond und Maskelyne, beste Aufnahme gefunden und seine wissenschaftlichen und praktischen Kenntnisse vielfach bereichert. In Paris war von Blondel eine Arbeit Jetzler’s, die Beschreibung und Zeichnung der damaligen Rheinbrücke in Schaffhausen von Grubenmann, seltenes Muster eines Sprengwerkes in Holz, der Académie d’architecture vorgelegt und mit Beifall aufgenommen worden. Einen in Paris ihm zugekommenen einladenden Antrag von Sulzer in Berlin zum Eintritt in preußische Dienste, als Director einer Schule für Ingenieure, hatte J. abgelehnt; er wollte seinem der Vaterstadt gegebenen Versprechen nicht ungetreu werden. Wirklich wurde ihm nun 1774 die Verwaltung der städtischen Waldungen übertragen, die er zwölf Jahre lang mit der ihm eigenen Gewissenhaftigkeit und Energie besorgte. Daneben aber folgte er auch dem 1775 an ihn ergangenen Rufe des Rathes, die erledigte Professur der Mathematik (1778 auch der Physik) an der höheren Schule in Schaffhausen zu übernehmen, wo er ebenso sehr als durch seinen Fachunterricht, durch seine ganze Persönlichkeit und den Ernst seines patriotischen Wesens, die begabteren Schüler an sich fesselte und tief anregte. Vor Antritt dieser Stelle hatte er einen längeren Urlaub im Sommer 1776 zu einer Reise nach Augsburg, Wien, Prag und Dresden, zu abermaligem Besuche von Berlin und von Göttingen benutzt, überall wieder mit den ersten Vertretern der mathematischen und physikalischen Wissenschaften im Verkehr, und sich durch diese Erfrischung auf sein Lehramt vorbereitend. Indessen beschäftigte ihn mehr und mehr ein Plan, mit dem er sich seit mehreren Jahren trug. Aus der tiefen Religiosität, die seiner Gewissenhaftigkeit zu Grunde lag, war der Entschluß entsprungen und in J. festgewurzelt, sein Vermögen und seine Kraft der Erziehung armer oder vernachlässigter Kinder zu widmen; ein Ziel, das er durch Umgestaltung und Erweiterung des Waisenhauses in Schaffhausen und Uebernahme der Leitung desselben am unmittelbarsten zu erreichen hoffte. Dieser Anstalt und ihrer Entwickelung nach seinen Ideen gedachte er den größten Theil seines Vermögens theils schenkungsweise, theils testamentarisch zu bestimmen. Schon auf seiner Reise im J. 1776 setzte er zu Wien eine hierauf bezügliche Urkunde auf; 1778 eröffnete er dem Rathe in Schaffhausen seinen Wunsch und Plan. Mit dankbarer Anerkennung ging der Rath auf Jetzler’s Vorschlag ein, ertheilte ihm Vollmacht zur Ausführung des Baues und der Einrichtung der projectirten Waisenanstalt und sicherte eine Beisteuer vom Staate zu. Allein als nun J. zum Bau selbst schritt und die Statuten und Reglemente für die Anstalt entwarf und den Behörden vorlegte, kam es bei seiner an Eigensinn streifenden Entschiedenheit, Genauigkeit und Strenge theils über den Bau, in welchen er erst 1788 einziehen konnte, theils über die einzuführende Hausordnung, welche J. durchaus nach seinen strengen Ideen gestaltet sehen wollte, zu so mancherlei Reibungen und Streitigkeiten zwischen J., den Behörden und den Angestellten, daß J. noch anfangs 1790 keine Zöglinge in dem neuen Hause hatte und schließlich, obwol mit blutendem Herzen, im April 1791 von seinem Vorhaben zurücktrat. Er legte seine Stelle nieder, entschlossen, nach Deutschland zu gehen und dort ein Waisenhaus zu suchen, dessen Leitung er übernehmen könne. Zuvor wollte er noch einmal die Alpen besuchen. Von Appenzell aus, wo er ein paar Tage zubrachte, erstieg er am 1. September 1791 den hohen Mesmer, einen der Gipfel des nördlichen Armes der Säntiskette. Mit seinem Reisebarometer versehen, erreichte er glücklich die Höhe, fand aber hierauf durch einen unglücklichen Sturz sein plötzliches Ende. Erst am 14. September fanden zwei Bergsteiger seine schon in Verwesung begriffene Leiche, die unter großer Theilnahme in Gais bestattet wurde. Zu größeren wissenschaftlichen Arbeiten gelangte J. bei den ihm übertragenen Geschäften und seiner Eigenthümlichkeit nicht. [6] Man besitzt von ihm nur die zwei Schriften: „Jezeler, Christ., Beschreibung der hölzernen Brücke über den Rhein in Schaffhausen, nebst einem Abriß derselben“, Winterthur 1778, und „Plan zu einem Waisenhause und Vorschläge zur Ausführung dieses Vorhabens“, Schaffhausen 1779. Seine Correspondenz mit Vielen der besten seiner Zeit bewahrt die Stadtbibliothek in Schaffhausen.
Jetzler: Christoph J. (oder Jezeler, wie er sich schrieb), Mathematiker in Schaffhausen, geb. am 20. December 1734, † am 1. September 1791. – Sohn des Kürschners J. Georg J. in Schaffhausen, wurde J., der dem ihm vom Vater beliebten Studium der Theologie sich nicht widmen wollte, zum väterlichen Berufe angehalten, verwendete aber alle freie Zeit, welche ihm das Handwerk übrig ließ, zu eifrigem Studium der Mathematik, zu welcher er sich frühe schon hingezogen fühlte. Als der Vater 1759 mit Hinterlassung eines beträchtlichen Vermögens starb, forderte die den Sohn zärtlich liebende Mutter, Dorothea Karpfis, ihn auf, das Handwerk aufzugeben und seinen Studien zu leben, und ermunterte ihn, nach Berlin zu gehen, wo- Dr. Rud. Wolf, Biographien zur Kulturgeschichte der Schweiz. Zweiter Cyklus. Zürich 1859 und die dort genannten Quellen.