ADB:Isenflamm, Heinrich Friedrich

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Artikel „Isenflamm, Heinrich Friedrich“ von Ernst Gurlt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 632–634, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Isenflamm,_Heinrich_Friedrich&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 13:22 Uhr UTC)
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Isenflamm: Heinrich Friedrich I., kaiserl. russischer Hofrath und Professor der Anatomie, königl. bayerischer Kreis- und Stadtgerichtsarzt zu Erlangen, war als ein Sohn von Jacob Friedrich I. (s. diesen) und von Jacobine Christine Kießling, jüngsten Tochter des Erlanger Professors der Theologie K., am 20. Juni 1771 in Erlangen geboren. Wie aus seines Vaters Biographie zu ersehen, unterrichtete dieser seine Kinder zunächst selbst, namentlich in Sprachen, darauf mit Hilfe mehrerer Hauslehrer. Im März 1783 wurde I. in das Gymnasium zu Erlangen als Secundaner aufgenommen und verließ es bereits im Septbr. 1785, etwas vorzeitig, indem er noch nicht ganz 15 Jahre alt war, um zugleich mit seinem älteren Bruder, dem späteren Arzte Dr. Joh. Christian Friedrich I. die Universität Erlangen zu beziehen. Er studirte daselbst sechs Jahre lang Medicin, ein halbes Jahr in Würzburg und besuchte auch noch die Universitäten Mainz, Heidelberg, Jena, Erfurt, Leipzig, Halle. Im Januar 1791 promovirte er zum Dr. med. et chir. mit der Dissertation „De absorptione morbosa“, machte das medicinische Staatsexamen nach den Verordnungen unter Markgraf Alexander’s Regierung in Erlangen, reiste von da nach Wien, wo er vorzüglich das Allgemeine Krankenhaus und das Militärhospital besuchte, auch [633] einen Abstecher nach Preßburg unternahm. Im December 1791 nach Erlangen zurückgekehrt, begann er unter Anleitung seines Vaters zu practiciren, disputirte zu Michaelis 1793 als Dr. legens mit der Dissertation „De motu linguae“ und fing an Vorlesungen über Anatomie zu halten. Am 21. Novbr. 1794 wurde er als Professor extraord. der Medicin, jedoch ohne Gehalt bei der damals preußischen Universität Erlangen angestellt, habilitirte sich dazu durch die im Juli 1795 gehaltene lateinische Antrittsrede „De denominatione partium corporis humani a pathematibus“, nachdem er dazu durch ein lateinisches Programm „Descriptio foraminum, fissurarum et canalium capitis ossei“ eingeladen und eine 1796 im Druck erschienene Dissertation „Brevis descriptio sceleti humani variis in aetatibus“ vertheidigt hatte. Im J. 1796 wurde er als Prosector bei dem anatomischen Theater mit 150 fl. Gehalt angestellt. In der Zeit von 1800–1803 gab er, zusammen mit dem Leipziger Anatomen Joh. Christ. Rosenmüller, „Beyträge für die Zergliederungskunst“ in zwei Bänden heraus, in denen sich von I. acht verschiedene Beiträge, theils rein anatomischen Inhalts (Verschiedenheiten der rechten und linken Seite, über die Flechsen, das Knochenmark, das anatomische Theater in Erlangen), theils pathologisch-anatomischen Inhalts (über eine Mißgeburt ohne Extremitäten, über eine solche ohne Kopf) befinden. – 1802 erhielt I. mit dem Charakter eines kaiserl. russischen Hofrathes einen Ruf als Professor ordinarius der 7. Classe für Anatomie, Physiologie und gerichtliche Medicin mit 2500 Rubel Gehalt an die Universität zu Dorpat, wohin er abging, nachdem er unter dem 7. März 1803 seine Entlassung von der preußischen Regierung bekommen hatte. In der Zeit von 1803 bis 1810 wurde er zum Mitgliede mehrerer sehr angesehenen gelehrten Gesellschaften (der kaiserl. Leopoldinischen Akademie der Naturforscher, der kaiserl. physiolog.-medicinischen Gesellschaft und der Gesellschaft der Naturforscher zu Moskau, der kaiserl. Akademie der Wissenschaften und der kaiserl. medicinisch-chirurgischen Akademie zu St. Petersburg, der kaiserl. Akademie zu Wilna) ernannt. Während seines siebenjährigen Aufenthaltes in Dorpat, während welches er mehrere Schriften veröffentlichte (als Einladungsschrift: „Tagebuch des anatomischen Theaters der kaiserlichen Universität zu Dorpat vom Jahre 1803 und 1804“, 1805, das Programm „De vulneribus diaphragmatis observatio“, 1806, „Beschreibung der äußern und innern Beschaffenheit einer angebornen vorgefallenen umgestülpten Harnblase und der dazu gehörigen Theile eines männlichen Körpers“, 1806) machte er einige Reisen nach St. Petersburg, Reval, Wilna, Königsberg, Berlin, Heidelberg, Würzburg, Frankfurt a. O. etc. Im Sommer 1810 ging er, seiner Gesundheit und Familienverhältnisse wegen, zurück in seine Vaterstadt Erlangen und erhielt am 30. Novbr. 1810 seine erbetene Entlassung von der Universität Dorpat. Er wurde in Erlangen am 1. Septbr. 1810 Ehrenmitglied der dortigen physikalisch-medicinischen Gesellschaft, in der er eine 1812 im Druck (in den Denkschriften der Gesellschaft) erschienene Abhandlung „Beschreibung einiger menschlichen Köpfe von verschiedenen Rassen“ vorgetragen hatte. – Im März 1811 reiste I. nach München und wurde dann am 1. April 1814 als königl. bayerischer Kreis- und Stadtgerichtsarzt in Erlangen mit 500 fl. Gehalt angestellt. Vom Juni 1815 an fungirte er als erster Arzt bei dem daselbst etablirten kaiserl. russischen temporären Militärhospital. Vierzehn Jahre lang versah er noch, ungeachtet seines aus Rußland mitgebrachten kränklichen Körpers, sein Amt als Gerichtsarzt mit seltener Gewissenhaftigkeit. Sein Geist blieb bis zum letzten Augenblick seines Lebens heiter. Seine exemplarische Thätigkeit und Liebe zu den Wissenschaften, namentlich seine Vorliebe für die Anatomie (noch im J. 1822 veröffentlichte er „Anatomische Untersuchungen“ mit 2 Kupfertafeln) verließ ihn bis zum Vorabend seines am 23. Mai [634] 1828 erfolgten sanften Todes nicht. Er, der 23 Jahre lang asthmatisch und brustleidend gewesen, zuletzt noch wassersüchtig geworden war und alle diese Leiden mit größter Resignation ertrug, hatte durch seinen letzten Willen festgesetzt, theils um nach seinem Tode noch der Wissenschaft zu nützen, theils um seine Einfachheit und Anspruchslosigkeit auch nach diesem fort zu behaupten, daß seine Leiche Abends in der Stille von vier Medicinern auf der Leichenbahre auf das anatomische Theater gebracht, am andern Tage öffentlich secirt, alles etwa dabei sich vorfindende Merkwürdige der pathologischen Präparatensammlung einverleibt und am dritten Morgen sein Körper von der Anatomie aus in der einfachsten und prunklosesten Weise beerdigt werde. Seine Anordnungen wurden durch seine Schwester, seinen Sohn und den ihm befreundeten Anatomen Dr. Fleischmann, die sich dazu durch Unterschreiben des einige Monate vor seinem Tode aufgesetzten letzten Willens verpflichtet hatten, pünklich erfüllt. – Wenn auch nicht zu den hervorragendsten Anatomen gehörig, hat I. doch ganz Anerkennenswerthes in seiner Wissenschaft geleistet.

Vgl. G. W. A. Fikenscher, Vollständige akademische Gelehrten-Geschichte der … Universität Erlangen, Abth. 3. 1806. S. 42. – (Hallesche) Allgemeine Literatur-Zeitung 1828. Nr. 190. Sp. 665. – Neuer Nekrolog der Deutschen. Jahrg. 6. 1828. Th. 1. S. 415. (Autobiographie und letzter Wille). – F. v. Recke und K. E. Napiersky, Allgem. Schriftsteller- und Gelehrten-Lexikon der Provinzen Livland, Esthland und Kurland, Bd. 2. 1829. S. 402.