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Artikel „Huët, Albert“ von Friedrich Teutsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 283–286, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hu%C3%ABt,_Albert&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 18:16 Uhr UTC)
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Huët: Albert H. (auch Hutter, lat. Pileus, magyar. Syveg genannt) Sachsengraf und Königsrichter von Hermannstadt in Siebenbürgen, geb. 2. Febr. 1537. Er war der Sohn des Georg H., der 1539 zum Hermannstädter Königsrichter und Sachsengrafen (Comes nationis Saxonicae atque judex regius Cibiniensis) eingesetzt, zu den Patriziern Hermannstadts zählte, zu denen auch das Haus seiner Gattin, der Mutter Albert Huet’s, Barbara Armbruster gehörte. An den Schulen Hermannstadt’s, nach des Vaters frühem Tod († 1543) herangebildet, setzte er die Studien in Wien fort, erwarb sich allseitige wissenschaftliche Bildung und besonders ungewöhnliche Sprachkenntnisse. Von Gönnern an den Hof Kaiser Karl’s V. eingeführt, wirkte der Kampf der Gegensätze auf allen Gebieten des Lebens mächtig auf ihn ein und schärfte den staatsmännischen Blick des Mannes. Nach Karls V. Abdankung trat er in den Dienst Ferdinand’s I., unter ihm wie unter Maximilian „in und außerhalb der ungarischen Kanzlei beschäftigt“ und verließ ihn „als ein verdienter Streiter“ 1574, wo er reich an huldvoller Anerkennung von Seiten der Kaiser, nach Hermannstadt zurückgekehrt, unter des Fürsten Stephan Bathoris ehrender Theilnahme den 6. Febr. 1575 Hochzeit hielt mit Margaretha, der Tochter des Kaufmanns Hamlescher, einem Enkelkind des Sachsengrafen Augustin Hedwig, dessen Nachfolger im Amt er wurde. Zu Anfang des Jahres 1576 in die Hundertmannschaft gewählt, kam er am 1. Februar 1577 in den Hermannstädter Rath und wurde schon im März desselben Jahres Hermannstädter Königsrichter und Comes der Sachsen, in welches Amt er feierlich nach altem Herkommen, wonach u. a. die Kürschnerzunft den „Schwerttanz“ aufführte, am 27. März eingeführt wurde, vom Fürsten [284] durch reiche Schenkungen adliger Besitzungen (Klein-Logdes, Gießhübel) ausgezeichnet. Um die umfassende Thätigkeit des bedeutenden Mannes übersichtlicher zu kennzeichnen, betrachten wir abgesondert die verschiednen Zweige derselben. Auf dem politischen Gebiet ist seine Arbeit ein fortwährender Kampf, die deutsche Herrschaft des Hauses Habsburg in Siebenbürgen möglich zu machen und zu befestigen und die Rechte des Sachsenvolkes zu beschützen. Da Siebenbürgens Fürst Sigismund Bathori durch eine Heirath in nähere Verbindung mit Kaiser Rudolf zu treten wünschte, ging zu ihrer Vermittelung auch H. hinauf und brachte die Braut Maria Christina von Steiermark nach Siebenbürgen, wie er auch an den Unterhandlungen sich betheiligt, die 1595 zur Abtretung Siebenbürgens an Kaiser Rudolf führten. Bis zur Uebernahme des Landes durch den Kaiser war die Regierung desselben St. Botschkai und H. anvertraut; in den parteivollen und wirrenreichen Zeiten bis 1604, wo Rudolf für kurze Zeit wirklich Herr des Landes wurde, hatte H. für das Haus Habsburg mit solchem Eifer und solcher Ausdauer gekämpft, daß er von sich rühmen konnte: „wie das Weiße im … österreichischen roten Schild in der Mitte ist, so ist die Lauterkeit in meinem Herzen gegen Ew. Majestät in allen Sachen“, worauf Rudolf anerkennend antwortete: „Die vorzügliche Reinheit Deiner Gesinnungen gegen uns und unser erlauchtes Haus haben wir mit Wohlgefallen aus den Zeugnissen Vieler ersehen; Du kannst Dir von unsrer Gnade Alles Gute versprechen; wir setzen auf Dich ein besondres Vertrauen.“ Seinem rastlosen Eifer war es mit eine Anerkennung, da Kaiser Rudolf an die sächsische Nation am 4. November 1600 schrieb: „getrieben von der Pflicht, ein Wort der Ermutigung zu sprechen an Euch, die ihr nach Herkunft und Sprache und was mehr ist als Alles, nach angestammter Reinheit der Gesinnung Deutsche, d. i. unsres Blutes seid“, „wir lassen es uns angelegen sein, daß Euch die Treue, mit der ihr uns ergeben seid, nicht gereue.“ Als trotz des aufopfernden Kampfes das Land für Habsburg wieder verloren ging, mußte Siebenbürgen und mit ihm H. am Ende seines Lebens St. Botschkai (1605) und nach dessen raschem Tod Sigismund Rakotzi (1607) als Fürsten anerkennen. Die Aufgabe, die eine so stürmische Zeit dem Haupt des deutschen Volkes in Siebenbürgen setzte, für die Rechte desselben und sein deutsches Dasein zu wachen, hat H. in großartiger Weise erfüllt. Den protestantischen Sachsen war im Jesuitenorden, der von Stephan Bathori ins Land gerufen worden, ein gefährlicher Feind erwachsen. Sie streckten die begehrliche Hand nach den Gütern der aufgehobenen Klöster im Sachsenland und den Zehnten der evangelischen sächsischen Geistlichen aus. Im Namen der Stände verlangte H. 1588 auf dem Mediascher Landtag die Entfernung der Jesuiten aus dem Lande, worin der Fürst endlich, wenn auch ungern, willigte. H. schätzte auch 1592 in Weißenburg und 1593 in Großau die Rechte der evangelischen Kirche auf die freie Pfarrerswahl und den Zehnten gegen fürstliche Willkür und des bestechlichen Kanzlers bösen Willen. Da die deutschfeindliche Gesinnung des magyarischen Adels in des Fürsten Umgebung die Sachsen gern zu Hörigen gemacht hätte und eine lange Reihe böser Rechtsverletzungen sächsische Ehre und sächsisches Gut bedrohten, hielt H. im Auftrag der sächsischen Nationsuniversität (Vertretung des Sachsenlandes) am 10. Juni 1591 in Weißenburg vor dem Fürsten und seinen Räthen die berühmte Vertheidigungsrede für sein Volk, die ihm vor allem den Ruhm eines Sachsenstreiters verschafft hat und worin er nachweist, daß die sächs. Nation ebenso alt und so gut berechtigt in Siebenbürgen als die magyarische, daß die Arbeit von der sie sich nährt, keine Schande ist und ihrer Tapferkeit für Thron und Land keinen Abbruch thut, endlich „daß seine Durchlaucht es lieber soll dulden und wir es lieber tragen die Namen Kürschner, Schuster, Schneider als Diebe, Räuber und Mörder“. Kurz vor seinem Tode setzte H. [285] auf dem Klausenburger Landtag 1607 den Beschluß durch, daß der Hermannstädter Königsrichter als solcher stets im Rath des Fürsten Sitz und Stimme habe, ein Gegengewicht gegen der Mitstände immer erneuten Haß und rechtswidrige Forderungen. Die Reformation hatte die Sachsen aufmerksam gemacht auf die Lebensbedingungen des Deutschthums dort; auf allen Gebieten suchte man durch geschriebenes Recht ihnen Halt und Dauer zu verschaffen; auf allen ist H. thätig gewesen. Bald nach seiner Uebernahme des Königrichteramtes machte „die geistliche und weltliche Universität“ die ersten „Artikel“ für die Generalkirchenvisitation im Jahr 1577; 1581 wurde von der sächsischen Universität das „Eigen Landrecht der Sachsen in Siebenbürgen“ oder „die Statuta“ zum Abschluß gebracht und H. ließ sie von Stephan Bathori, der sich auch nach der Wahl zum polnischen König die Oberhoheit über Siebenbürgen vorbehalten hatte, in Krakau bestätigen (1583). Sie sind im Sachsenland Gesetz gewesen bis 1853 und haben in jenem Jahr auf Ansuchen der sächsischen Nationsuniversität dem allgemeinen österreichischen bürgerlichen Gesetzbuch die Stelle geräumt. Endlich hat die Universität unter Huet’s Mitwirkung für das Gewerbewesen im Sachsenland durch neue Ordnungen für die Zünfte gesorgt, die diese in ihrer Aufgabe stärkten, eine Stätte deutscher Arbeit, sittlicher Zucht, ein Bollwerk des deutschen Volksthums zu sein. Wie unter Huet’s Amtswaltung die äußere Befestigung Hermannstadts gewaltig gemehrt wurde, so sorgte H. mehr noch für das Gedeihen des geistig-sittlichen Lebens. Die sächsische Universität beschloß 1578 Lehrer aus Deutschland nach Hermannstadt zu rufen und die Schule hier zu einer Landesschule zu machen, indem die einzelnen sächsischen Gaue zusammen die Kosten der Anstalt tragen sollten. 1598 wurden der Schule völlig neue Gesetze gegeben, an denen H. so hervorragenden Antheil hatte, daß er sich den Namen eines Neubegründers der Anstalt erwarb. Das Studium zu fördern ließ er mit edler Freigebigkeit die Kapelle neben der Schule zur Bibliothek herrichten, mit Inschriften, Bildern, u. a. auch Huet’s Bild und Wappen geschmückt. Durch Ankauf zweier Häuser wurde die Schule auch äußerlich vergrößert und 1602 hielt H. im Saal, den er selbst hatte schmücken und einrichten lassen, eine glanzvolle Rede (wie er überhaupt auch an den Disputationen eifrig theilnahm) über das Thema: „Die Schule eine Pflanzstätte des Gemeinwesens“, wobei er den Werth der Schulbildung betont und die Sorge für die Schule den Mitbürgern warm ans Herz legt. Bei seinem Tode schenkte H. der Schule seine ganze reiche Bibliothek, die durch sein Monogramm kenntlich, heute noch einen werthvollen Theil der dem evangelischen Gymnasium in Hermannstadt gehörigen „Kapellenbibliothek“ bildet, außerdem die Summe von 2000 Gulden, nach damaligem Geldwerth ein königliches Geschenk. In seinem häuslichen Leben war H. unglücklich. Zwei Frauen starben vor ihm; von der dritten mußte er sich ehegerichtlich scheiden lassen: seine Kinder überlebte er Alle. Ungebeugt aber hat er das persönliche Unglück und die Heimsuchungen seines Volkes ertragen, der letzte jener alten Sachsengrafen, die in Krieg und Frieden gleich tüchtig hier wie dort ihres Volkes Führer waren. Mit schneidigem Wort und tapferm Schwert kämpfte er für dasselbe, im Landtagssaal wie gegen die Türken, wo er z. B. bei Temeschvar unter den ersten gegen den Feind ging, und im Feldzug in der Walachei, wo er bei der Eroberung von Tergowischt, beim Abbrechen der Donaubrücke „nicht achtete der um und über sein Haupt pfeifenden Kugeln“. Mit Recht hat das Sachsenvolk ihn hoch gehalten als seinen Schutzgeist, dessen Hauch es bewahren könne im schweren Kampf für das deutsch-nationale Dasein. Er starb am 23. April 1607, über 70 Jahr alt, nach 30jährigem Wirken als Königsrichter und wurde in der Hermannstädter evangelischen Stadtkirche begraben, wo eine Inschrift von ihm meldet:

[286] Hierher begrub das Haus Huet den theursten der Söhne,
Aber dem Tode fern lebt er im Lichte des Ruhms.

J. G. Schaser, Denkwürdigkeiten aus dem Leben des A. Huet. Transsilvania von Benigni und Neugeboren, II, 1833, S. 98. D. Henrich, Erinnerungen an A. Huet. Hermannstadt 1847. J. Seivert, Von den Grafen der sächs. Nation in Siebenbürgen. Ungarisches Magazin III, 137. J. Trausch, Schriftstellerlexikon der Siebenbürger Deutschen. II. Band, 223. Dr. Fr. Teutsch, Der Sachsengraf A. Huet. Vortrag. Hermannstadt 1875. Huets Rede von 1591 ist öfters gedruckt, so lateinisch in J. Seivert, Nachrichten von siebenb. Gelehrten. Preßburg 1785, S. 190, deutsch in M. Miles, Siebenb. Würgengel, S. 152.