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Artikel „Hoeppl, Christian“ von Ludwig Julius Fränkel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 465–466, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hoeppl,_Christian&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 17:27 Uhr UTC)
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Hoeppl: Christian H., Lyriker, geboren 1826 zu Ansbach, studirte zu Erlangen, Göttingen, Halle und München classische und morgenländische Sprachen, wandte sich aber nicht, wie ursprünglich beabsichtigt, dem philologischen Berufe zu, sondern lebte in Mainz, Wiesbaden und Düsseldorf litterarisch thätig, auch bei Zeitschriften beschäftigt. In Wiesbaden hat im Sommer 1857 sein Altersgenosse Rodenberg, der bekannte Dichter, mit ihm einige Wochen verlebt, aber bald danach, als Hoeppl’s Briefe immer verwirrter wurden, die Beziehungen zu ihm abgebrochen, und er vermag jetzt (s. u.) nichts Näheres mehr über ihn auszusagen, obwohl Hoeppl’s letztes Buch „Meinem lieben Freunde Julius Rodenberg zugeeignet“ ist. Die Herausgabe eines von vornherein nicht lebensfähigen litterarisch-journalistischen Unternehmens, „Der Rhein“, stürzte ihn in eine solche Schuldenlast, daß er nicht hoffen konnte, diese je zu decken, und deshalb in die Schweiz flüchtete. Da es ihm nicht gelang, sich wieder aufzurichten oder gar emporzuarbeiten und sich ihm keine Aussicht auf Besserung in der Zukunft zeigte, endete H. verzweifelnd sein Leben 1862 durch Selbstmord auf dem Züricher See. Vier selbständige Bücher hat H. drucken lassen, sämmtlich durchaus Früchte ausgesprochenen lyrischen Schaffens enthaltend. Der starke Band „Gedichte“ (1851; 2. Aufl. 1853) bringt eine Fülle verschiedenster Stimmungen in meistens glatten, doch vorzugsweise einfachen Formen zur Anschauung: „wir finden darin Poesien voll tiefer Empfindung, voll gesunder Lyrik, voll warmer Vaterlandsliebe, kurz Proben eines entschieden dichterischen Berufes“ urtheilte Levin Schücking in der „Kölnischen Zeitung“. Auch einige gelungene freie Nachbildungen aus dem Englischen, dem Neugriechischen und aus Hafis’ ‚Divan‘. Wie letztere so bekundet auch „Sakontola, lyrisches Drama“ (1854; 2. Aufl. 1857) den ehemaligen Orientalisten; ein längerer Artikel im „Magazin für die Litteratur des Auslandes“ wies hin, wie H. durch Europäisierung das herrliche indische Gedicht auch dem größern Publicum, auch der Frauenwelt zugänglich gemacht habe. Höhere Stufen zu erklimmen wagte das subjectiv lyrisch-epische Werk „Atlantis. Eine Dichtung“ (1856). Denn es ward, hieß es in einer längeren Besprechung im ‚Jahrbuch deutscher Dichtung‘, „seine Atlantis ein Preislied der Natur voll reizender Schilderungen, tiefer Anschauung und hoher Gedanken. Die lebendige Natur dient ihm nicht als bloße Staffage, auch nicht als Hülle, um darunter eine Idee verblümt zu geben, nicht Fabel, nicht Märchen ist seine Dichtung, sie ist etwas Höheres – die poetische Verklärung der in der Vielheit der Naturerscheinungen sich offenbarenden geistigen Einheit. Die gleichsam wie in lichten, rosigen Morgenschein getauchte, wie Blumenduft zart hingehauchte Dichtung … wird auch dem aus der Halbheit und Unnatur unserer Cultur- und Gesellschaftszustände sich heraussehnenden Denker genußreiche Befriedigung gewähren“. Von dieser zu enthustastischen Lobpreisung muß auf jeden Fall auf Kosten des Rhythmus und der äußern Form überhaupt ein Abzug vorgenommen werden. Dagegen ist es H. in seiner letzten Sammlung „Ein weltlich Liederbuch“ (1859) nicht nur in einer längeren Reihe von Gedichten gelungen, Form und Inhalt harmonisch auszugestalten, sondern auch über das ausschließliche Empfindungsgebiet hinausdringend, Stimmungen aus Natur, Seele, Leben in Bildern, welche deutlich der eigenen Erfahrung abgelauscht sind, widerzuspiegeln. Viele tiefernste sowie etliche mit der Thräne im Auge halbheiter anklingende Nummern dieses „weltlichen“ Liederbuchs – dem trotz des Titels eigentlicher Realismus ziemlich fremd bleibt – sollten dem völlig verschollenen Namen des unglücklichen Dichters eine Stätte bei der [466] Buchung der nicht zu reichen lyrischen Ausbeute der sog. Reactionsperiode 1850–60 verbürgen.

Lebensabriß bei Frz. Brümmer, Lex. d. dtsch. Dchtr. u. Pros. d. 19. Jhs. 4 u. 5 II 201 f., dessen lebensgeschichtl. Daten beruhen meist auf H. Kurz, Gesch. d. d. Lit. IV, 30 a, dem zufolge auch Hoeppl’s „weltlich Liederbuch“ „eine kühne, oft allzukecke Weltanschauung“, die Märchendichtung „Atlantis“ episches Talent (vgl. ebd. S. 365 a) bekunde. Nach Kurz S. 8 b hatte sich Hoeppl an die 1851 von Hamburg aus (durch Krüger und Wulff) begründete sog. „Junggermanischen Schule“ (vgl. „Die J. Sch. Ziel und Grundsätze derselben, dargestellt von ihr selbst“, 2. Aufl. Altona 1859) mit vielen andern frischen Talenten angeschlossen (vgl. auch deren Zeitschrift „Teut“). – Kurze briefl. Auskunft Prof. Dr. J. Rodenbergs 14. Novb. 1904. Die citirten Urtheile auf dem Rückumschlag des „weltl. Liederbuchs“.