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Artikel „Hendrichs, Hermann“ von Joseph Kürschner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 736–737, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hendrichs,_Hermann&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 06:07 Uhr UTC)
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Hendrichs: Hermann H., „der letzte große Romantiker der deutschen Bühne“, geb. am 17. October 1809 in Köln a. R., † am 1. November 1871 in Berlin. Der Lebenslauf dieses mit den seltensten physischen Mitteln begnadeten Künstlers ist ein vom Glück besonnter, so trüb er auch abschließt. Hendrichs’ Vater, ein Thurn- und Taxis’scher Postbeamter, that den Knaben in Frankfurt a. M. zu einem Kaufmann in die Lehre. Das Theater der alten Kaiserstadt übte bald eine tiefe Wirkung auf den Sinn des jungen Mannes, der nicht zufrieden, nur auf einer Liebhaber-Bühne seinem Darstellungsdrang gerecht zu werden, auch auf den wirklichen Brettern Triumphe feiern wollte. Hatte ihm doch schon C. M. Heigel bei den Vorstellungen auf dem Liebhabertheater „Zu den drei Sauköpfen“ vielversprechend gesagt: „Junger Mann, in Ihnen steckt ein großes Talent.“ Ein Versuch in Offenbach glückte nicht recht, desto mehr ein anderer unter Küstner in Darmstadt, wo H. am 26. April 1831 in der erstens Räuber-Aufführung als Kosinsky mit Erfolg die erste größere Bühne betrat. Küstner rühmte sein schönes weiches Organ, sein warmes tiefes Gemüth und das ansprechende Aeußere. Noch im selbigen Jahr wurde H. als jugendlicher Liebhaber für das Frankfurter Stadttheater engagirt, das er am 12. Sept. 1831 als Quintin Durward in Delavigne’s „Ludwig XI. in Peronne“ zum ersten Mal betrat und dem er bis 1837 angehörte. In diesem Jahr kam er durch Holbeins Vermittelung nach Hannover, wo er rasch Namen und Bedeutung erlangte, die durch verschiedene Gastspiele in Hamburg, Berlin, Dresden, Prag noch gesteigert wurden. Als daher sein Contract abgelaufen war, erhielt und folgte er 1840 einer Berufung an das Hoftheater zu Berlin, dem er aber nur 6 Monate angehörte und von dem er nach Hamburg (Stadttheater) ging, wo er, wie früher in Frankfurt a. M. an Elise Bürger, jetzt an Karl Toepfer einen für seine Entwickelung bedeutsamen Lehrer fand. 1844 kehrte er nach Zahlung einer Conventionalstrafe von 3000 Thalern ans Berliner Hoftheater zurück, das ihn diesmal bis 1864 den Seinigen nannte. Dann ließ er sich als Königl. Hofschauspieler pensioniren, ohne indeß der Bühne überhaupt zu entsagen. Im Winter gab er regelmäßig am Berliner Victoriatheater Vorstellungen und noch wenige Wochen vor seinem Tod übernahm er die Direction dieses Instituts, auf dessen Bühne er am 21. Oct. 1871 als Don Ramiro (Schule des Lebens) zum letzten Mal vor seinen Bewunderern erschien. Wenige Tage später raffte ihn der Tod dahin. Da er, um den Prediger durch seine ansteckende Krankheit nicht zu gefährden, auf die letzte Oelung verzichtet hatte, versagte die Geistlichkeit die Theilnahme [737] an seinem Begräbniß! H. erfaßte seine Aufgaben mit der Empfindung, nicht mit dem Verstand, weshalb ihm z. B. ein Faust nicht gelang. Nicht die psychologische Durchbildung, nicht das Detail reizte ihn, er brachte mehr ein naiv geschaffenes, aber frisch und gesund wirkendes Ganze. Besonders das Ritterliche und Heroische fand an ihm seinen Meister, so war er ein unvergleichlicher Götz, bei dem jede Charakterseite zu scharfem Ausdruck kam. Ebenso war er vortrefflich als Tell, Egmont, Wetter von Strahl u. A. Früher hatte er den Romeo, Max Piccolomini und ähnliche Partieen erfolgreich zum theatralischen Leben erweckt. Unter den zahlreichen Gastspielen, die er gegeben und die ihn nach seiner Pensionirung selbst nach Amerika und Rußland führten, nimmt einen ersten Rang seine Mitwirkung an den Münchener Mustervorstellungen (1854) ein, bei denen er als Faust, Egmont, Don Cesar, Clavigo und Prinz in „Emilia Galotti“ auftrat. Als Mensch rühmt man H. Liebenswürdigkeit und Noblesse nach.