ADB:Henckel, Johann Friedrich

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Henkel, Joh. Friedrich“ von Wilhelm von Gümbel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 760–761, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Henckel,_Johann_Friedrich&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 04:52 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Henkel, Wilhelm
Band 11 (1880), S. 760–761 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Friedrich Henckel in der Wikipedia
Johann Friedrich Henckel in Wikidata
GND-Nummer 124667651
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|11|760|761|Henkel, Joh. Friedrich|Wilhelm von Gümbel|ADB:Henckel, Johann Friedrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=124667651}}    

Henkel: Joh. Friedrich H. (Henckel), berühmter Mineralog und Chemiker, geboren am 11. August 1679 zu Merseburg, gestorben am 26. Januar 1744 zu Freiberg. H. widmete sich nach dem Besuche der Vorschulen auf der Universität Leipzig dem Studium der Medicin, promovirte daselbst und ließ sich alsdann als praktischer Arzt in Freiberg nieder. Hier zog ihn der Hang zu wissenschaftlichen und besonders zu chemischen Untersuchungen so sehr von der Praxis ab, daß er diese bald aufgab und nunmehr ausschließlich der wissenschaftlichen Beschäftigung hauptsächlich mit Mineralogie, Chemie und deren Anwendung im Hüttenwesen lebte. Es glückte ihm bald, für die Porzellanfabrikation nutzbare Versuche zu machen, welche in Meißen mit Vortheil in Anwendung gebracht wurden. Als Anerkennung hierfür wurde er vom König August II. zum kurfürstlich sächsischen Bergrath ernannt und vielfach in technischen Fragen zu Rathe gezogen. Er erwarb sich nach und nach einen so großen Ruf, daß viele Wißbegierige aus allen Ländern nach Freiberg kamen, um unter seiner Leitung sich in Bergbau und in der Chemie auszubilden. Vieles trugen zu seiner Berühmtheit seine zahlreichen, mit umfassendem Wissen geschriebenen Werke bei, in welchen er sich als ein auf die thatsächlichen Erfahrungen und seine zahlreichen Versuche sich stützender, vorurtheilsfreier Naturforscher kennzeichnet. Leider verliert sich oft der Gedanke in der Fluth seiner weitschweifigen und schwülstigen Darstellung. H. muß als einer der hauptsächlichsten Förderer der chemischen Mineralogie seiner Zeit angesehen werden, die durch ihn eine ganz neue Gestalt gewonnen hat. Seine hauptsächlichsten Werke sind folgende: „Flora saturnizans, oder die Verwandtschaft des Pflanzen- mit dem Mineralreich“, Leipzig 1722, neue Auflage 1755. Hierin suchte H. in Bezug auf die Verwandtschaft von Pflanzen und Mineralien nachzuweisen, daß sie einerlei Ursprungs seien oder daß eines von dem anderen abstamme, indem die Pflanzen aus der Erde als ihrer Mutter erzeugt werden und beide, Pflanzen und Mineralien, in ihren uranfänglichen Theilen, nämlich in Wasser und Erde, sich wie Geschwister verhielten. Dies beweise auch der Uebergang von Pflanzen in Stein in Form von Versteinerungen, z. B. versteinertem Holz, welche Formen keine Naturspiele seien, sondern durch einen Vererdungsproceß bewirkt würden und mit der Sündfluth im Zusammenhang ständen. In der berühmten „Pyritologia oder Kieshistorie, als des vornehmsten Minerals, nach dessen Namen, Arten, Lagerstätten, Ursprung“ etc. etc. Leipzig 1725, neu 1754 (auch ins Französische und Englische übersetzt), haben wir eine der ausführlichsten Monographien der sogen. Kiese, von denen H. drei Arten unterscheiden lehrt, den gelblichen Eisenkies, den gelben Kupferkies und den weißen Arsenikkies, obgleich sie ihrem inneren Wesen nach einerlei seien; denn aller Kies bestehe aus einer Eisenerde, die von Schwefel oder Arsenik oder von beiden flüchtigen Substanzen durchsetzt sei. Kupfer und Silber, auch Gold seien zufällig darin enthalten. Auch die Entstehung des Vitriols aus dem Kies sucht er zu erklären. Bezüglich der Entstehung der Mineralien nimmt er an, sie seien nicht gleich von Anfang an mit einander geworden, sondern sie hätten sich nach und nach gebildet dadurch, daß aus dem uranfänglichen Wasserball der Erde erst Erdtheilchen von einerlei Art sich abgeschieden hätten und daß diese dann in trockenen Haufen zusammengekommen durch andere proportionirte Feuchtigkeit, dazugekommene Sonnenwärme und Luftbewegung durchkocht, [761] gezeitigt und dicht gemacht in verschiedene Substanzen übergegangen seien. Allgemeiner spricht er sich über mineralogische Dinge in seiner „Idea generalis de lapidum origine“, Dresd. et Lips. 1734, und den „Kleinen mineralogischen und chemischen Schriften“, herausgegeben von Zimmermann, das. 1744, 1747, in Wien 1769 und in „Henkelius redivivus, d. i. Henkel’scher aufrichtiger und gründlicher Unterricht von der Mineralogie, herausgegeben von J. G. Stephani“, Dresden 1747 und 1759 aus. Sein Versuch aus der äußeren Betrachtung die innere Beschaffenheit der Steine ersehen zu können, sei von schlechtem Erfolge gewesen. Auch die verschiedene eigentliche angeborene Schwere sei zur Unterscheidung nicht zureichend, man müsse zur chemischen Zergliederung der Steine schreiten, dabei Wasser und Salze die Werkzeuge seien. Nach den hierüber angestellten Versuchen nun theilt er die Steine in vier Abtheilungen: 1) in Feuerbeständige, wie Demant, Smaragd, Topas und die Kiesel; 2) in Feuer erhärtende, bei denen die Theilchen im Feuer viel näher zusammentreten, sich genauer verbinden und also auch die äußere Gestalt nicht mehr so groß, sondern eingekrochen sei, wie Mergelgestein, Serpentin, Walkerde, Tripelerde; 3) in solche, welche sich durch Feuer zu Staub zerreiben lassen, Kalk- und Alabasterstein, russisches Frauen-Eis (Glimmer) u. s. w. und 4) in die im Feuer Schmelzenden, wie Dachschiefer, Bimsstein, Granat, Malachit u. s. w. Dabei unterscheidet er das eigentliche Bestandwesen der Steine: als 1) mergelartig (also thonig), 2) kreidenhafft (also kalkig), 3) aus beiden gemischt, endlich 4) metallisch mit einer beigesetzten Materie, welche salzig (Corallen, Belemniten), ölig (Steinkohlen, Alaunstein), metallisch (Granat, Amethyst) oder saltzig-schweflich (Alaunschiefer) sein könne. Besonders ausführlich sind seine Mittheilungen über die Metalle, die er als μετά άλλα als die Dinge, die über alle andern Körper zu setzen und zu schätzen seien, erklärt, wobei er dann die Eigenschaften der verschiedenen Metalle in sehr sonderbarer Weise mit menschlichen Eigenthümlichkeiten vergleicht, z. B.: das Gold einen geselligen Freund, das Quecksilber einen rechten Hermaphrodit u. s. w. nennt. Sehr eingehend schildert H. die Schwefelverbindung und deren Verhalten. Bemerkenswerth ist seine Ansicht über die Natur der dendritisch ausgebildeten Metalle, z. B. des Silbers; er meint, derartige baumartige und in Faden erscheinende Formen hätten mit den wachsenden Dingen im Pflanzenreich einerlei zeugende Ursache und erhielten von dem nährenden Wurzelsaft Anwachs und Größe, was beweise, daß die radiale Verbindung, welche sonst denen Vegetabilien und Animalien eigen ist, auch im Mineralreiche stattfinde. H. beschrieb auch zuerst den sächsischen Topas von Schneckenstein bei Gottesberg, als welcher dem orientalischen nichts nachgäbe und lehrte den Arsenik durch Sublimation darstellen. Unter seinen übrigen Schriften sind noch zu nennen: „Bethesda portuosa, das hülfreiche Wasser, zum langen Leben, insonderheit in dem Lauchstädter Brunnen“, 1726; „De medicorum Chymicorum appropriatione in argenti cumacido salis communis communicatione“. Dresden 1727.

Jöcher. Hirschling III; 1, 105. Ersch und Gruber, II. Sect. 5, 315.