ADB:Heinrich I. (Bischof von Konstanz)
Friedrich II. hochangesehenen und einflußreichen Geschlechte der Reichsdienstmannen von Tanne, das seinen Sitz in Tanne, jetzt Altthann, im württembergischen Allgäu hatte und das heutzutage noch in den Fürsten von Waldburg fortblüht. Wir treffen unsern Heinrich zum ersten Male den 27. Juni 1204 als Domherrn zu Konstanz. Am 17. Februar 1217 erscheint er als Dompropst von dort und als Protonotar K. Friedrich’s II. auf dessen feierlichem Hoftage [510] zu Ulm. In letzterer Eigenschaft sehen wir ihn thätig in diesem und in den folgenden Jahren zu Augsburg, Ulm, Nürnberg, Hagenau und Weingarten. Im Jahre 1220 begleitete er König Friedrich II. auf seinem Zuge nach Italien; im Lager vor Bologna beglaubigte dieser ihn nebst dem Bischofe G. von Como und dem Bruder Hermann als Gesandten bei dem Papste. Der Gegenstand ihrer Sendung war wol kein anderer als der, den Papst zu bestimmen, Friedrich II. zum Kaiser zu krönen. Diese etwas delicaten Verhandlungen gelangen vollständig; am 22. November war die Kaiserkrönung. Noch blieb H. einige Zeit bei dem Kaiser; dann eilte er über die Alpen zurück, um auch seinen Pflichten als Dompropst von Konstanz ein Genüge zu leisten. Im Winter 1222/23 sehen wir ihn wieder als Protonotar bei K. Friedrich II. in Apulien. Nun erhielt er einen anderen entsprechenden Wirkungskreis. Hatte der Kaiser früher schon den Schenken Konrad von Winterstetten und den Truchseßen Eberhard von Waldburg – beide gehörten demselben Geschlechte von Tann an – seinem Sohne K. Heinrich als Erzieher und Rathgeber an die Seite gestellt, so theilte er ihm nun auch unsern H. als Protonotar zu. Wir finden ihn in dieser Stellung vom 3. April 1224 bis 13. August 1230. Das Jahr 1227 zeigt ihn uns auch im Besitz der Dompropstei in Augsburg, neben welcher er jedoch seine frühere noch beibehielt. Am 19. Februar 1233 starb Bischof Konrad von Konstanz und an seine Stelle trat nun durch die Wahl des Capitels der seitherige Dompropst Heinrich von Tann. Am 23. April 1233 erweist K. Heinrich dem Bischof Heinrich von Konstanz, seinem lieben Fürsten in Anbetracht seiner ausgezeichneten Treue und dienstwilligen Ergebenheit die Gnade, in der Vorburg seines Schlosses Meersburg einen Wochenmarkt halten zu dürfen. In der letzten Zeit, als der junge König angefangen, schlimme Bahnen einzuschlagen, hatte er seinen seitherigen Protonotar von sich fern gehalten, wenigstens erscheint dieser seit August 1230 nicht mehr in seiner Umgebung. Suchte er etwa jetzt, da er sich mit dem Gedanken des Abfalls trug, den mächtigen Bischof auf seine Seite zu ziehen? Erinnerte er ihn deswegen so sehr an seine Treue und an seine frühere bewährte Hingebung? Wohl mag dies die Absicht gewesen sein, doch Bischof H. wollte sie nicht verstehen. Dagegen sehen wir ihn in den Jahren 1235–1237 wieder bei Friedrich II., als dieser den Aufstand seines Sohnes niederschlug und die Verhältnisse Deutschlands ordnete. In den folgenden Jahren widmete er, wie er dies gleich vom Antritt seines Amtes gethan hatte, seine ängstliche Sorgfalt seinem so ausgedehnten Bisthumssprengel. Durch materielle Sicherstellung der Klöster, deren Rechte er gegen Eingriffe von Seite mächtiger Grafen energisch wahrte, suchte er ihnen die Möglichkeit zu schaffen, sich frei und ungehindert ihrem eigentlichen Berufe hingeben zu können; freien Genossenschaften gab er eine bestimmte Regel, Pfarreien eine genaue Ordnung und Abgrenzung; kräftig handhabte er die Kirchenzucht und für einen sittenreinen Clerus war er eifrig bedacht. Daneben vergaß er aber weder das allgemeine Wohl – denn 1241 ließ er das Kreuz gegen die Tataren predigen – noch auch das materielle seiner Bisthumsangehörigen. Um das durch ungleiche Ausprägung und andere Ursachen entstehende Schwanken des Werthes der Münzen und die vielfach daran sich knüpfenden Nachtheile zu verhüten, versammelte er sachkundige Männer um sich und erließ nach deren Gutachten ein ausführliches Münzgesetz, das sich in 12 Artikeln über Feststellung des Werthes, Prägung, Prägestätten der Münze, Handel mit Silber, Strafen wegen Falschmünzerei, Beschneidung der Münzen u. dgl. verbreitete. Er sorgte auch für die äußere Stellung seines Bisthums. Er erwarb die Schlösser Tanneck und Küssaberg mit bedeutenden Gütern; desgleichen das Eigenthum an Schloß und Weiler Büttelschieß. Im Jahre 1243 zog er dem Grafen Wilhelm von Tübingen auf dessen [511] Bitte mit einem stattlichen Heere zu Hilfe und entschied dadurch dessen Sieg. Zum Danke dafür trat ihm genannter Graf die Vogtei und alle anderen Rechte, die er seither über das Kloster Marchthal geltend gemacht, aber schon früher an ihn als Pfandschaft hatte überlassen müssen, nun für immer ab. In dem Abtswahlstreit zu St. Gallen vermittelte H. so klug, daß der ihm ergebene Walter von Trauchburg zum Abt gewählt wurde, und dieses reichbegüterte Stift nun ganz auf seiner Seite stand. Dieses freundschaftliche Verhältniß erhielt er auch mit dessen Nachfolger, Berthold von Falkenstein, den er in seinem Kampfe mit den Grafen von Toggenburg bei der Belagerung von Wyl unterstützte. Mit den damals noch mächtigen Grafen von Kiburg und den immer mächtiger werdenden Grafen von Habsburg wußte er sich auf guten Fuß zu stellen. Dagegen trat er gegen seine Feinde energisch auf. Gottfried und Heinrich von Neiffen, mit denen er in Fehde gerathen war und die von vielen schwäbischen und fränkischen Grafen und Herren unterstützt wurden, schlug er, obgleich numerisch bedeutend schwächer, am 21. Juni 1245 im Schwiggersthal in heißer Feldschlacht und bekam sie nebst 40 vom Adel gefangen. Gewaltig befestigte er hierdurch sein Ansehen. – Am Abende seines Lebens sah H. sein Vaterland gespalten und voller Verwirrung. K. Friedrich II. war vom Papst in Bann erklärt und abgesetzt worden; in Deutschland war der Landgraf von Thüringen als Gegenkönig aufgetreten. H. hielt sich von dessen Hof fern, weshalb ihm von dem apostolischen Legaten, dem Erwählten von Ferrara, Excommunication und Suspension, und am 25. Juli 1246 ein Termin von 20 Tagen angekündigt wurde, innerhalb dessen er sich vor dem Papst stellen solle, ansonst dieser die Definitivsentenz fällen werde. Nun scheint er sich unterworfen zu haben, denn schon am 2. Mai 1247 erhielt er vom Papst einen Gnadenerweis und am 4. Mai desselben Jahres den Auftrag, den Abt von Rheinau von der Verwaltung der Abtei zu entfernen. Diesen Auftrag hat er vollzogen und überdies die Verwaltung der gedachten Abtei bis zu seinem Tode selbst geführt. Er blieb treu auf Seite des Papstes, von dem er in der Folge noch mehrere Aufträge erhielt, bis an seinen Tod, der am 21. August 1248 erfolgt sein soll. Seine letzte Urkunde, die ich kenne, ist vom 6. Juli genannten Jahres.
Heinrich I., Bischof von Constanz. Er stammte aus dem unter K.- Neugart, Episcop. Const.. I. 2, 428–437. Merk, Chronik des Bisthums Konstanz, S. 172–174. Schultheiß, Konstanzer Bisthumschronik im Freib. Diöces.-Archiv, 8, 33. Mone, Quellensamml. der bad. Landesgesch., I. S. 303. 312. Oberrhein. Ztschr. 28. 30. Schweiz. Geschichtsfreund 17. 42 u. 47 u. in a. Bänden. Stälin, Wirtemb. Gesch., 2, 615; 193 f. Wirtemb. Urkdb., Huillard Bréholles, Potthast, Regesta Pontific., an versch. Orten, u. s. w.