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Artikel „Heinefetter“ von Joseph Kürschner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 364–365, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heinefetter&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:58 Uhr UTC)
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Heinefetter, Name von fünf Schwestern, die bei dem Theater angestellt waren und von denen sich drei einen bedeutenden Ruf erworben haben. Sämmtlich aus Mainz gebürtig und von jüdischen Eltern abstammend, waren die Mädchen in ihrer Jugend Harfenistinnen gewesen. Peth, der Geschichtsschreiber der Mainzer Bühne, erwähnt, daß 1826 die ganze Familie H. in der Oper „Die Zauberflöte“ im Mainzer Stadttheater mitwirkte, dabei auch zwei männliche Mitglieder Joh. Baptist und Adolph H. Die Pamina wurde an diesem Abend von Sabine H. gesungen, der berühmtesten der Schwestern. Geboren am 19. August 1809, ließ sie ein Kenner, den ihre Stimme entzückte, für die Bühne ausbilden, die sie 1824/25 zum ersten Mal in Frankfurt a. M. betrat. In Kassel, wohin sie von hier aus ging, fand sie in Spohr einen Lehrer, der sich große Verdienste um ihre künstlerische Ausbildung zu einer Sängerin von echt deutscher Schule erwarb. Bald aber brach sie ihren Contract, der sie auf Lebensdauer an Kassel fesseln sollte und entwich nach Paris, wo sie, von Tandolini unterrichtet, neben der Malibran und Sontag in der Italienischen Oper sang. 1829 kehrte sie nach Deutschland zurück und feierte namentlich in Wien Triumphe, 1832 in noch erhöhtem Maße an der Mailänder Scala und seit 1833 auch im königstädtischen Theater zu Berlin, dem sie zwei Jahre lang angehörte. 1835 ein halbes Jahr am Hoftheater zu Dresden engagirt, sang sie 1836 abermals in Mailand und zog dann gastirend umher, bis sie sich 1848 von der Bühne zurückzog und in Baden lebte. Wunderbar beanlagt, eine meisterhafte Darstellerin des Romeo, der Anna Bolena, Straniera, Rosine, Norma etc., auch darstellerisch beanlagt, fehlte ihr doch die Keuschheit der Kunstanschauung, die sie allein vor Manier und widernatürlichem Effect bewahrt haben würde. Seit 1853 mit dem Kaufmann Marquet in Marseille verheirathet, mußte sie wegen eines ausbrechenden Gehirnleidens 1872 in die Heilanstalt Illenau überführt werden, wo sie noch im selben Jahre, am 18. Novbr., verstarb.

Clara H., die zweite Schwester, nach ihrer Vermählung meist Stöckl-H. genannt, war geboren am 17. Februar 1816 und starb am 24. Februar 1857 in Wien in einer Irrenheilanstalt. Von ihrer Schwester Sabine unterrichtet, begleitete sie diese 1829 nach Paris, wo die Malibran die weitere Ausbildung ihrer Stimme übernahm. Als Agathe im „Freischütz“ machte sie am Kärnthnerthortheater zu Wien am 16. Januar 1831 ihren ersten Versuch und erwarb sich in dieser Rolle, wie als Dame in der „Zauberflöte“ und Neris in der „Medea“ den allgemeinsten Beifall der Kenner. Sogleich auf drei Jahre engagirt, bildete sie sich nun weiter unter Cicimara aus und trat auch in ersten Rollen, wie Irene („Maurer und Schlosser“), Smeton („Anna Bolena“), Page („Johann von Paris“), Camilla („Zampa“), Elvira („Don Juan“), Königin („Schreiberwiese bei Paris“) etc. auf. Auch gastirte sie in Mannheim, Stuttgart, München, Berlin u. a. O., in letztgenannter Stadt selbst von Spontini bewundert. 1837 sang sie unter Balochini’s Direction in Wien, ging dann nach Pest und heirathete hier am 27. Juni 1837 den ungarischen Nationaltänzer und Mimiker Franz Stöckl. Die nächsten Jahre sang sie in verschiedenen deutschen Theatern, 1840 auch im James-Theater in London und später an 63 Abenden am Drury-Lane-Theater daselbst. Ununterbrochen Gastspiele gebend, finden wir sie 1840/41 in Berlin, 1841 abermals in Wien, dann in Dresden, Hamburg, Prag, bis sie im October 1843 einen Contract ans Wiener Kärnthnerthortheater annahm. Besondere künstlerische Höhepunkte dieses Engagements waren ihre Leistungen als Lucrezia Borgia und Zayda („Dom Sebastian“), auch gastirte sie während dieser Zeit in Pest und München. Nach einer Kunstreise durch Deutschland folgte sie 1849 ihrem Gatten, der daselbst das Theater übernahm, nach Linz. [365] Durch die Geburt eines Kindes verlor sie ihre Stimme und dieser Unfall, wie das Mißgeschick, welches ihren Gatten traf, umnachtete ihren Geist, so daß sie schon 1855 in ein Irrenhaus gebracht werden mußte, wo sie auch starb. Wol die hervorragendste Leistung der vorzüglich geschulten Künstlerin war ihre Iphigenie, neben dieser gefiel sie als Gräfin („Figaro’s Hochzeit“), Leonore („Fidelio“), Norma, Kunigunde (Spohr’s „Faust“), Alice („Robert der Teufel“) u. a.

Kathinka H., die dritte, ebenfalls von Sabine gebildete Schwester, geboren 1820, gestorben am 20. December 1858 in Freiburg i. Br., ging 1840 in Paris zur Bühne und debütirte an der Großen Oper daselbst. Ausgezeichnet durch reiche Stimmmittel, Schönheit und treffliche Darstellungsgabe, wurde sie 1842 in Brüssel engagirt. Hier ereignete sich jener einst viel besprochene tragische Vorfall, daß in ihrem Zimmer der Pariser Advocat Eduard Caumartin seinen Collegen und Nebenbuhler, den Grafen Aimé Sirey niederstach, was zur Folge hatte, daß sich die Sängerin längere Zeit nicht auf den Brettern sehen lassen durfte. 1850 sang sie wieder in Paris, dann in Hamburg, Berlin, Wien und Pest, bis sie sich endlich in Freiburg i. Br. niederließ, wo sie an einer Herzkrankheit verschied.