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Artikel „Heberer, Michael“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 197–198, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heberer,_Michael&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 12:17 Uhr UTC)
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Heberer: Michael H., Reisender und Reisebeschreiber in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh., wurde zu Bretten in der Kurpfalz, der Heimath Philipp Melanchthons und als dessen naher Verwandter geboren. Sein Geburts- und Todesjahr sowie der Stand seiner Eltern sind unbekannt. Zum Studiren bestimmt, besuchte er zuerst die Schule seiner Vaterstadt, dann das Gymnasium zu Heidelberg und hierauf das Lyceum zu Neuhausen bei Worms, welches damals in großem Ansehen stand. Von 1579–82 studirte er zu Heidelberg, wo er am allgemeinen Stipendium Antheil hatte, die Rechte und zeichnete sich hier durch Fleiß, Kenntnisse und angenehme Manieren so sehr aus, daß er unter den Professoren und sonstigen [198] angesehenen Persönlichkeiten manche Gönner fand, die ihm gerne in seinem Fortkommen behilflich sein wollten. Warme Empfehlungen verschafften ihm die einträgliche Stelle eines Hofmeisters bei dem jungen schwedischen Grafen Erich Bjelke, der sich damals „Studierens halber“ in Heidelberg aufhielt, und er bekleidete drei Jahre diesen Posten zur vollsten Zufriedenheit der Eltern seines Schutzbefohlenen, die ihm ein beträchtliches Geldgeschenk reichen ließen, als der jugendliche Graf im Frühjahre 1582 in seine nordische Heimath zurückberufen wurde. Mit dem empfangenen Geschenke und einigen Ersparnissen in der Tasche bemächtigte sich des jungen Studenten eine unwiderstehliche Lust zum Reisen! Fremde Länder und Städte zu sehen und zugleich an französischen und italienischen Universitäten seine Studien fortzusetzen, war das Ziel seiner brennenden Wünsche. Er trat deshalb auf mehrere Jahre als Präceptor in die Dienste einer Edeldame aus Burgund und später als Reisebegleiter in die des Grafen de Toyres, mit dem er einen Theil von Italien und Frankreich durchzog. Wegen religiöser Verfolgung 1585 aus Paris nach Marseille flüchtend, gelang es ihm hier, auf einem Maltheser-Schiffe Zuflucht zu finden, das eben eine Kreuzfahrt gegen die Barbaresken unternahm, dieses aber wurde von den Türken erobert, so daß H. als Sklave nach Egypten und von da 1586 als solcher nach Konstantinopel kam. Hier wurde er wieder an eine Caravane vermiethet, welche nach Jerusalem zog, wie er auch viele andere mühselige Seefahrten nach Trapezunt und andern Häfen des schwarzen Meeres, stets als Sklave, machen mußte. Endlich gelang es ihm mit Hülfe des französischen Gesandten, Grafen von Savary, zu Konstantinopel sich loszukaufen. Während seiner dreijährigen Gefangenschaft hatte er die arabische Sprache gründlich erlernt. Nach seiner Befreiung durchreiste er nochmals verschiedene europäische Länder, setzte eine Zeit lang zu Padua das Studium der Rechte fort und kehrte am 7. Septbr. 1592 nach Heidelberg zurück, wo nun und weit über die Kurpfalz hinaus seine seltsamen Schicksale und Abenteuer die allgemeinste Theilnahme erregten. Der Kurfürst Friedrich IV. ernannte ihn bald darauf zum Kanzleiregistrator (Archipalatini scrinii custos). Kurz vor seinem Tode, der vermuthlich in das J. 1612 fällt, schrieb er die Denkwürdigkeiten seines vielbewegten Jugendlebens, die unter dem Titel erschienen: „Aegyptiaca servitus“ ... Heidelberg o. J. (Vorrede datirt vom 14. Aug. 1610, hierauf latein. Gedichte des Janus Gruterus) und nachgedruckt als „Pfälzischer Robinson“, Frankf. a. M. 1747. In der Original-Ausgabe begegnet auch (S. 63) die erstmalige Erwähnung der ironischen sprichwörtlichen Redensart „Er kommt daher wie das Hündlein von Bretten“; vgl. dazu S. Fr. Gehres, Kleine Chronik von Bretten S. 8–11 und Wilh. Wackernagel’s Kl. Schriften I, 423–34. Auch als lateinischer Dichter versuchte sich H. an mehreren Stellen seiner Reisebeschreibung, wie er auch den Tod der Elisabeth, der Gemahlin des Pfalzgrafen Ludwig in einem besondern lateinischen Gedichte („Turnemainnus triumph. poët.“, Francof. 1624 p. 319) besungen hat.

Heidelberger Kirchenraths-Protocoll vom 18. Octbr. 1567, Bl. 161 und vom 18. Febr. 1568, Fol. 204. J. H. Andreae, Bretta, Heidelb. 1769. J. O. Hansen in der Zeitschr. Illustr. Chronik, 1878. S. 67–72.