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Artikel „Haverland, Gerwin“ von Nicht angegeben in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 117–118, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Haverland,_Gerwin&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 01:56 Uhr UTC)
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Haverland: Gerwin H., westfälischer Minorit im Anfang des 16. Jahrhunderts. Wahrscheinlich aus Soest gebürtig, wurde er Dr. theol. und Custos der Kölnischen Provinz, später Provinzial des Minoritenordens. Nach Hartzheim war er auch längere Zeit Guardian im Convent zu Soest (was sich urkundlich nicht nachweisen läßt) und schmückte das dortige Kloster mit einem schönen Kreuzgang; gleichfalls nach Hartzheim, der ex commentariis conventus Coloniensis conventualibus schöpft, gründete H. die Bibliothek des Minoritenklosters zu Duisburg und starb daselbst. Das Todesjahr ist ungewiß, wahrscheinlich aber 1534 oder 1535, denn in einem Schreiben des Minoriten-Guardians zu Soest an den dortigen Rath dd. 1535 op Dach Barnabe apostoli wird er verstorben genannt und über sein Erbe verhandelt. Hartzheim schreibt ihm die unter dem Pseudonym „Daniel von Soest“ verfaßten heftigen Streitschriften gegen die Lutheraner in Soest zu. Von diesen erschienen zwei 1539 im Druck und zwar in einer Oktavausgabe, die mehrfach in Bibliotheken vorkommt, und in einer Quartausgabe, welche bis jetzt nur in Einem Exemplar zu Soest aufgefunden ist (beschrieben bei Wackernagel, Bibliogr. zur Gesch. des deutschen Kirchenliedes, S. 129). Die erste in diesen Drucken enthaltene Schrift „Ein Gemeyne Bicht oder Bekennung der Predicanten tho Sost, bewyset wo vnd dorch wat maneren se dar tor stede dat wort Gods hebben ingeuort vp dat aller korteste durch Daniel van Soest beschreuen Im Jar M. CCCCC. xxxiij“ schildert in Form einer Komödie die Einführung der Reformation in Soest und das Treiben der dortigen Prediger, nicht ohne Witz und Geschick, in frischer und lebendiger Darstellung, aber von dem Standpunkt eines erbitterten und maßlosen Gegners aus: sie erzählt mit Vorliebe von den Prädikanten und ihren Hauptanhängern die ärgsten Schmutzgeschichten und leitet die ganze Glaubensveränderung her von der Niederträchtigkeit, Selbstsucht, Gemeinheit und Unsittlichkeit jener. Man erkennt wohl, daß der Verfasser auf das Genaueste mit den Verhältnissen und Persönlichkeiten in Soest vertraut ist; aber wie viel Wahrheit unter den von ihm vorgebrachten Berichten steckt, können wir jetzt nicht mehr entscheiden, da für die größte Zahl der so arg mitgenommenen Prediger sich (wie Vorwerck angibt) in Soest weder ehrende noch anklagende Zeugnisse finden und die Gegenschrift von Joh. Pollius, Nachteule betitelt, bis jetzt noch nicht wieder aufgespürt werden konnte. Aehnliches Inhalts, wie die Gemeyne Bicht, ist die zweite Schrift in den Drucken von 1539: „Ein Dialogon darinne de sprock Esaie am ersten Capitel, nömlich, wu iß de getruwe Stadt eine Hore worden – – Vnd etlicke ander sproke meer, vp de Lutherschen bynnen Sost recht gedüdet wert. Im jar M. D. XXXVJJ“. Sie ist in Form eines Dialogs zwischen Daniel und Philochristus abgefaßt. Die Quartausgabe des Druckes in Soest ist mit zwei anderen handschriftlichen Werken desselben Verfassers zusammengebunden, nämlich 1) Apologeticon, dat ys ein Entschuldynge an dey achtbaren hoechgelerten, wolwysen Legaten der Stadt Soest – dorch D. v. S. beschreuen ym yar M. CCCCC. vnd xxxviij. 2) Ketterspegel, van arth, natuyr vnd herkompft der ketteren – dorch D. v. S. ym yar Dusent vyffhundert dree vnd dertych beschreuen“. Das Apologeticon ist gerichtet an die vom Rathe 1537 nach Schmalkalden abgeschickten beiden Rathsmitglieder Riemenschneider und Osterkamp und den zugleich abgesandten Prediger Briccius, welcher die Schmalkaldischen Artikel mit unterschrieben hat. Zur Ueberreichung an dieselben Abgeordneten hat der Verfasser eine erweiterte Bearbeitung seines bereits 1533 verfaßten Ketzerspiegels beigefügt. Die [118] Gemeyne Bicht ist vielleicht schon 1534 im Druck erschienen (doch hat sich kein Exemplar davon gefunden); nach Hamelmann (Opera, S. 1112) wurde sie in diesem Jahre auf den Straßen von Soest verbreitet und an den Kirchenthüren angeschlagen, und – wie man damals glaubte – auf Veranlassung der angesehenen Gropper’schen Familie[WS 1] (wahrscheinlich in Köln) gedruckt. Die letztere Annahme ist sehr wahrscheinlich und erklärt den Eindruck, den die Streitschriften Daniels zu ihrer Zeit machten. H. kann übrigens unmöglich der Verfasser sämmtlicher sein, da zwei derselben erst nach seinem Tode entstanden sind; wol aber mag er bei den ersten mitgearbeitet haben, so daß das Gerücht entstehen konnte, er habe alle verfaßt. (Die neue Ausgabe der Gemeynen Bicht, welche L. F. v. Schmitz 1848 zu Soest unter dem Titel „Soester Daniel oder Spottgedicht Gerhard (so!!) Haverland’s“ besorgt hat, ist nicht nach den Originaldrucken, sondern nach einer späteren Abschrift gemacht, in Folge dessen völlig werthlos und unbrauchbar.)

Hamelmann, Opera (Lemgo 1711), S. 1095–1122. Hartzheim, Bibliotheca Coloniensis (1747), S. 102. Seibertz, westfälische Beiträge zur deutschen Geschichte (Darmstadt 1819), I, S. 267–270. Vorwerck, Daniel von Soest im Programm des Archivgymnasiums[WS 2] zu Soest. Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins XI, S. 212 ff.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. vgl. den Artikel ADB:Gropper, Johannes
  2. So die Vorlage, es handelt sich um das Soester „Archigymnasium“.

Laut GND ist Gerwin Haverland identisch mit „Daniel von Soest“.