ADB:Hünerwadel, Samuel Gottlieb

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Artikel „Hünerwadel, Samuel Gottlieb“ von Albert Schumann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 410–412, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:H%C3%BCnerwadel,_Samuel_Gottlieb&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 06:00 Uhr UTC)
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Hünerwadel: Samuel Gottlieb H., evangelischer Theolog, wurde als der Sohn eines Pfarrers am 31. Januar 1771 zu Koppigen im Kanton Bern geboren. Da die Familie durch bürgerlichen Verband der Stadt Lenzburg (Aargau) angehört, so wurde H., der sich vornehmlich durch den Einfluß seiner strenggläubigen Mutter schon früh zur Wahl des geistlichen Berufes bestimmen ließ, seit dem achten Altersjahre den Schulen seines Heimathortes übergeben, [411] worauf er nach fünfjährigem Aufenthalte in die Berner Akademie eintrat. Neben seinen Studien, die ihn namentlich zu einer gründlichen Kenntniß des Hebräischen und der klassischen Sprachen führten, beschäftigte ihn noch das Amt eines Hauslehrers in zwei vornehmen Berner Familien. Nach rühmlich bestandenem Examen wurde er 1793 unter die Candidaten des Predigtamtes aufgenommen. Nachdem er dann kurze Zeit die Stelle eines Vicars auf Staufberg bei Lenzburg bekleidet hatte, besuchte er zur Vervollständigung seiner theologischen Bildung noch die Universitäten Tübingen und Göttingen. An der ersteren lehrten damals Storr, Flatt und Bengel, deren theologische Richtung fortan einen maßgebenden Einfluß auf ihn übte. Der Tod seiner Mutter rief ihn 1797 nach der Heimath zurück, wo er zunächst als Vicar seines inzwischen nach Bätterkinden (Bern) versetzten bejahrten Vaters thätig war. Als im Frühlinge 1798 beim Anmarsche der Franzosen neben vielen Anderen auch sein Vater flüchtete, blieb er allein im Pfarrhause zurück und rettete durch unerschrockenen Muth und mit Lebensgefahr das Dorf, welches die Franzosen wegen der Ermordung eines der Ihrigen in Brand stecken wollten. Von 1802–9 war er als zweiter Pfarrer in Zofingen und wirkte dort neben seinem geistlichen Amte auch noch als Schul- und Armeninspector des Bezirks, sowie als Mitglied des aargauischen Erziehungsrathes. Im Frühling des letztgenannten Jahres siedelte er nach Bern über, wohin er als Professor der systematischen und historischen Theologie an die drei Jahre vorher neu eingerichtete Akademie berufen worden war. Seine Vorlesungen erstreckten sich hier über Dogmatik, Moral und Kirchengeschichte; daneben aber entfaltete er auch auf verwandten Gebieten eine ungemein fruchtbare Thätigkeit. Er versah die Stelle eines Religionslehrers am Gymnasium, ertheilte den Konfirmandenunterricht, war von 1816–31 fast ununterbrochen Mitglied des Kirchen- und Schulrathes und betheiligte sich als solches in hervorragendster Weise an der Umarbeitung der Predigerordnung (1824) und an den Vorbereitungen zum Reformationsfeste (1828). Bei letzterem hielt er dann auch die akademische Festrede „über die symbolischen Bücher“ (s. u.) und dichtete die Festcantate. Damals ehrte ihn die Universität Basel durch die Ernennung zum Doctor der Theologie. 1832 zum Mitgliede der neu eingeführten Synode gewählt, half er in deren Kommission eine neue Liturgie ausarbeiten; in der Bibelgesellschaft, in deren Comité er kurz nach der Uebernahme seines akademischen Lehramtes eingetreten war und der er von 1830–46 als Präsident vorstand, besorgte er hauptsächlich die 1820 unternommene Ausgabe der in der bernischen Landeskirche gebräuchlichen Piscator’schen Bibelübersetzung. Als die Akademie 1833 in eine Hochschule verwandelt wurde, legte er seine Professur nieder, theils weil er sich nach Erleichterung sehnte, theils weil ihm die neue Anstalt jüngerer Kräfte zu bedürfen schien, und übernahm dagegen die Pfarrstelle an der Kirche zum heil. Geiste. Mit glorreicher Pflichttreue wirkte er hier bis zu seinem Tode, der am 6. December 1848 in Bern erfolgte. Während dieser letzten Zeit war seine Thätigkeit vornehmlich auch der Armenpflege und dem Primarschulwesen zugewendet. Hünerwadel’s theologischer Standpunkt war ein streng kirchlicher; doch gestand er, gleich seinen oben genannten Tübinger Vorbildern, daneben der kritischen Forschung ihre Berechtigung zu. Infolge eines rastlosen Fleißes und eines äußerst glücklichen Gedächtnisses hatte er sich eine erstaunliche Fülle von Gelehrsamkeit angeeignet. Sein Hauptfach war die Kirchengeschichte. Von theologischen Schriften hat er folgende veröffentlicht: „De Mysticismo, ejus indole, progressu et sequelis“ (zuerst im Litterarischen Archiv der Akademie zu Bern, 3. Bd. Bern 1810, S. 232–96, dann auch besonders); „De iis, qui in religione nimii esse modumve excedere dicuntur, Mysticis, Fanaticis et Pietistis“ (ebenda: 5. Bd. Bern 1826, S. 441–93 und besonders); „De libris ecclesiae symbolicis eorumque [412] usu in aestimanda et conservanda, quam beati reformatores nobis restituerunt, doctrina ecclesiae. Oratio academica“, Bernae 1828 (s. o.); außerdem einzelne Predigten, Kasualreden und geistliche Lieder. – H. war auch ein eifriger Freund und Kenner der bildenden Künste und übte sich in früheren Jahren nicht ohne Glück in der Landschaftsmalerei. Seiner Einsicht und seinem Rathe hatte es der bekannte Kupferstecher Samuel Amsler vorzüglich zu danken, daß ihm sein Vater erlaubte, die künstlerische Laufbahn zu betreten. Daß H. poetisches Talent besaß, bezeugen seine in den „Alpenrosen“ gedruckten Gedichte, besonders die größere Legende „Basilides und Potamiäna“ (Alpenrosen 1828, S. 115–31; wiederholt im Berner Taschenbuch 1855, S. 88–99).

(J. J. Frikart), Tobinium ecclesiasticum, Zofingen (1824), S. 73. – N. Nekr. 26 (1848), S. 1113 u. Bd. 27 (1849), S. 44–46. (Von Fr. Fiala.) – (K. Wyß), Ein Wort der Rückerinnerung an den selig verstorbenen Hrn. Dr. S. G. Hünerwadel (Bern 1848). – Kirchenblatt für die reformirte Schweiz. Herausgeg. v. K. R. Hagenbach, 4. Jahrg., Zürich, Nr. 25 vom 14. Decbr. 1848, S. 200. – L. Lauterburg im Berner Taschenb. a. d. J. 1855, S. 218 ff. (Bei Frikart wie im N. Nekrol., auch Goedeke III. S. 977 wird der Tauftag irrig als Geburtstag angegeben.) Außerdem Aufzeichnungen einer in Lenzburg aufbewahrten handschriftlichen Familienchronik.