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Artikel „Gräfenhan“ von Conrad Bursian in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 564–565, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gr%C3%A4fenhan,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 09:55 Uhr UTC)
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Gräfenhan: zwei Brüder dieses Namens, Söhne des Weißbäckers Johann Valentin G. zu Gotha, haben sich durch ihre pädagogische und philologische Thätigkeit bekannt gemacht. Der ältere, Ernst August Wilhelm G., geboren 18. März 1794, besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt, bezog im Oktober 1813 die Universität Jena, um Theologie zu studiren, wandte sich aber bald mehr dem Studium der Philologie zu, das er von 1815 an in Leipzig unter G. Hermann’s Leitung fortsetzte. Nachdem er 1816 nach Gotha zurückgekehrt war und dort die theologische Prüfung bestanden hatte, wurde er 1817 als Lehrer am königl. Pädagogium der Francke’schen Stiftungen in Halle angestellt. 1821 wurde er Subconrector am Gymnasium in Eisleben, 1826 Prorector am Gymnasium zu Mühlhausen, erhielt 1830 das Directorat dieser Anstalt und zugleich der Bürgerschule daselbst und starb ebendort am 7. Juli 1836. An schriftstellerischen Arbeiten hat er eine in kritischer Hinsicht wenig befriedigende Ausgabe der Poetik des Aristoteles (Leipzig 1821), den die Indices enthaltenden Supplementband zu der großen Heyne’schen Ausgabe der Homerischen Ilias (Vol. IX. Leipzig 1822), Programmabhandlungen zu Theognis (Mühlhausen 1827), zu Platon’s Kriton und Sophokles’ Antigone (ebd. 1828) und über des Aristoteles’ Lobgedicht auf Hermias (ebd. 1831), endlich eine Uebersetzung von Tragödien Racine’s (3 Bdchen., Gotha 1825–27) veröffentlicht. – Der jüngere Bruder, Ernst Friedrich August G., geb. am 4. Juni 1807, studirte, nachdem er gleichfalls auf dem Gymnasium zu Gotha seine Vorbildung erhalten hatte, von Michaelis 1827–28 in Göttingen Philologie und Geschichte und setzte diese Studien von Michaelis 1828 an in Berlin fort. Nach abgelegter Staatsprüfung trat er am 27. December 1830 am Gymnasium zu Mühlhausen als Lehrer ein. Nach siebenjähriger Thätigkeit daselbst wurde er an das königl. Gymnasium zu Eisleben versetzt, wo er 39 Jahre lang unausgesetzt und mit ungeschwächter Kraft als Lehrer der classischen Sprachen, in den letzten 10 Jahren auch der französischen und hebräischen Sprache bis zu seinem am 9. September 1876 erfolgten Tode gewirkt hat. Im J. 1836 veröffentlichte er, nachdem er 1835 in Halle auf Grund einer Dissertation „De accentus inclinatione apud epicos“, zum Dr. phil. promovirt worden war, unter dem Titel „Grammatica dialecti epicae. Voluminis primi liber primus continens quatuor capita: I) de alphabeto graeco II) de digammate III) de aspiratione IV) de accentu“ den ersten Abschnitt eines Werkes, welches eine vollständige Darstellung der Laut- und Formenlehre und der Syntax des epischen Dialects der Griechen nebst Untersuchungen über das Wesen und die Eigenthümlichkeit der Sprache Homer’s und der späteren griechischen Epiker enthalten sollte. Eine Fortsetzung dieser Arbeit ist, trotz der Bemerkung des Verfassers im Vorwort zu dieser ersten Abtheilung, daß das ganze Werk schon nahezu vollendet sei, nicht erschienen, wahrscheinlich weil die vom Verfasser erhoffte und erwartete Aufmunterung dazu von Seiten gelehrter Männer ausblieb. Gräfenhan’s Hauptwerk ist die „Geschichte der klassischen Philologie im Alterthum“ (4 Bde., Bonn 1843–50), [565] worin er die Geschichte der philologischen Studien bei den Griechen und Römern von den ersten Anfängen philologischer Thätigkeit bis zum Ende des 4. Jahrhunderts nach Christo mit anerkennenswerthem Fleiß in der Sammlung des sehr umfänglichen Materials, aber in wenig übersichtlicher, nothwendig zusammengehöriges vielfach auseinander zerrender Anordnung, ohne die nöthige Genauigkeit in den Einzelheiten und nur selten auf Grund eindringender selbständiger Forschung dargestellt hat. Einzelne Partien der Geschichte der Philologie im Alterthum behandeln seine Aufsätze über die älteste Exegese bei den Griechen bis auf Aristoteles (Jahn’s Archiv für Philologie und Pädagogik Bd. VII. S. 403 ff. und Bd. VIII. S. 31 ff.) und seit der christlichen Zeitrechnung bis ans Ende des 4. Jahrhunderts (ebd. Bd. XI. S. 23 ff.), Lexilogie der Römer von Augustus bis zum Ende des 4. Jahrhunderts (ebd. Bd. XIII. S. 96 ff.) und „De Tryphone Alexandrino“ (ebd. Bd. XVIII. S. 273 ff. u. S. 604 ff.). Außerdem hat er folgende didactische Schriften veröffentlicht: „Vorübungen zum Uebersetzen aus dem Deutschen ins Hebräische mit Hinweisung auf Gesenius und Ewald“. Gotha 1833. „Griechische Grammatik für die unteren Classen der Gymnasien mit Beispielen zum Uebersetzen“. Mühlhausen 1834. „Französisches Elementarwerk für Gymnasien“, 2 Thle. Gotha 1836. „Karl Feldmann oder der angehende Gymnasiast. Winke für Eltern und Schüler“. Eisleben 1856. „Geographischer Leitfaden für die mittleren und unteren Classen der Gymnasien und Realschulen“. Eisleben 1860. 2. Aufl. 1864. „Unterrichtsplan für das Hebräische in Secunda und methodisches Hülfsbuch zur Einübung der hebräischen Grammatik“, 2 Thle. Braunschweig 1872.

Für Wilh. G. habe ich den Artikel von H. Döring in der Allg. Encykl. d. W. u. K. S. I. Bd. 78, S. 78 ff., für Aug. G. Privatmittheilungen benutzt.