ADB:Gotthart, Johannes Wilhelm

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Artikel „Gotthart, Johannes Wilhelm“ von Friedrich Fiala in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 485, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gotthart,_Johannes_Wilhelm&oldid=- (Version vom 12. Dezember 2024, 19:09 Uhr UTC)
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Gotthart: Johannes Wilhelm G., kath. Theologe und Schulmann, geb. in Solothurn am 5. Septbr. 1592, gest. am 19. Mai 1649. – Sein Vater, Georg G. (s. o.) erzog den Sohn in streng bürgerlicher Zucht. Derselbe erhielt seine Bildung an den Schulen der Vaterstadt und am Collegium Borromeum in Mailand, einer vom Cardinal und Erzbischof Carl Borromeo zu Gunsten der katholischen Kantone der Schweiz gegründeten philosophisch-theologischen Anstalt, die zur Regeneration der katholischen Schweiz im 16. und 17. Jahrhundert vieles beigetragen hat. Im J. 1616 empfing G. die Priesterweihe und kaum nach Solothurn zurückgekehrt, entwickelte er rege Thätigkeit, die Stadtschule zum Gymnasium zu erheben. Er wurde Lehrer der Oberclassen und Superintendent der neuen Schule und zugleich 1619 Canonicus am Collegiatstifte St. Ursus und Victor. Sein ganzes Leben ist ein Kampf für Schule und Kirche, einerseits für streng katholische Hebung derselben, andererseits gegen den vordringenden Einfluß der Gesellschaft Jesu. – Schon 1621 als Lehrer verdrängt, gewann er später als Stiftsscholarch wieder Einfluß auf die Schule und war als Secretarius, Bibliothecarius und Custos des Stiftes thätig, 1645 mit dem Titel eines Protonotarius Apostolicus beehrt. Wie er als junger Priester die Aufführung der von seinem Vater verfaßten dramatischen Volksspiele geleitet, so ist er später als theologischer Volksschriftsteller thätig. Seine „Catholische Gebettschuel“ (Augsburg 1631), „Augspiegel wahrer Religion“ (Luzern 1639), „Laytteren Jakob“ (Freiburg 1644), „Catholisch Solothurnisches Magnificat“ (Freiburg 1644) sind theilweise Ueberarbeitungen von ihm verfaßter lateinischer Schriften (Scala Jacob, Scala rationis humanae u. A.) und verdienen durch Gedankenreichthum, durch Würde und Herzlichkeit der Darstellung und Reinheit der Sprache die Beachtung des Theologen und Literarhistorikers. Von Melchior Schuler (Die Thaten und Sitten der Eidgenossen III, 473–76) wird G. genannt „einer der rüstigsten Streittheologen, dabei ein wirklich gelehrter und geistreicher Mann, in dessen Schriften mancher fruchtbare Gedanke liegt, und der, wie wenige zu seiner Zeit, in seiner Muttersprache klar und schön sich auszudrücken verstand“.