ADB:Gnidius, Matthäus
[WS 1], pseudonymer Verfasser einer gegen Thomas Murner gerichteten Schmähschrift in Form eines aus Augsburg vom 13. Dec. 1520 „an alle Studirenden und Gelehrten“ datirten Briefes: „Defensio Christianorum de Cruce, id est Lutheranorum“ (o. O. u. J. 12 Bl. 4°.), die nach dem Buchdruckerzeichen des Titelblattes in dem lothringischen Kloster St. Dié [294] gedruckt sein könnte. Es sind noch einige Stücke schmähenden Inhaltes angehängt, darunter zwei Briefe eines Petrus Francisci, der eine an Luther, der an andere an Hutten, angeblich aus Hagenau vom 25. Decbr. 1520. Murner hatte ohne seinen Namen zu nennen vom 10. Novbr. bis zum 24. Decbr. 1520 seine Büchlein von der Messe, den verdächtigen Lehren Luthers (gegen Spengler’s Schutzrede), vom Papstthume und an den deutschen Adel erscheinen lassen, in denen er Luther’s Lehren rein sachlich erörterte und die Entscheidung darüber von denen erwartete, denen dieselbe zustehe, sei es Papst, Kaiser oder Concil. Luther selbst, dem in dieser Schmähschrift Murner als Verfasser angezeigt wurde, urtheilte milde über dieselbe, während der angebliche G. sie in verächtlichster Weise behandelt, keiner Widerlegung Werth nennt und auch nicht widerlegt, ja nicht einmal irgend etwas vom Inhalte derselben angibt, dagegen den Verfasser mit den ausgesuchtesten Schmähungen überschüttet, der nichts als schmähen könne und darin doch von den alten Weibern übertroffen werde, ja wol selbst ein Weib sei: Non desunt enim qui te spadonem esse contendant qui si etiam nervo emarcido differat nonnihil a sexu foemineo, moribus et animi mollite nihil differet oder: interdiu monachus vagus, nocte Milesius strenuissimus. In ähnlicher und gröberer Weise wird Murner lediglich geschimpft und G. rühmt sich, der erste zu sein, der den Mönch anrenne; jeder Lutheraner möge ihm folgen. Von diesem Pasquill datiren dann die zahlreichen Schmähungen gegen Murner, deren Verfasser es gerathen hielten, sich nicht zu nennen, unter denen ein pseudonymer Raphael Musaeus, Verf. des Murnarus Leviathan ohne Grund mit G. identificirt ist. Eher könnte man G. für den Verfasser des Eccius dedolatus halten, da in dem an Hutten gerichteten Briefe des angeblichen Petrus Francisci gesagt wird: Eram hunc (Murnerum) dedolaturus, velut Eccium illum, aber es habe an Muße gefehlt. Murner erwähnt in einem Briefe an Sebastian Brant (13. Januar 1521) eines versmachenden jungen Mannes, den der Rath in Basel wegen des Eccius dedolatus ausgewiesen habe und dessen Possen nun in Straßburg offen verkauft und ausgestreut würden. Den Namen des Verfassers scheint er jedoch nicht gekannt zu haben, da die einzige Erwähnung des Gnidius in Salats Chronik (wo irrig Ouidius gedruckt ist) nur den Pseudonymen nennt und von Raphael Musaeus unterscheidet.
Gnidius: Matthäus G.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Laut der GND-Datei der Deutschen Nationalbibliothek ist Matthäus Gnidius ein Pseudonym für Nikolaus Gerbelius.