ADB:Gero (Markgraf der Elbmark)

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Artikel „Gero, Markgraf“ von Otto von Heinemann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 38–39, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gero_(Markgraf_der_Elbmark)&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 05:13 Uhr UTC)
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Gero, Markgraf, von unbekannter Herkunft aber wahrscheinlich einem im nördlichen Theile des Gaues Suevon ansässigen und begüterten Geschlechte entsprossen[WS 1], ward im J. 937 von König Otto I. mit der durch den Tod des Grafen Siegfried[WS 2] erledigten Legation gegen die Wenden betraut, ein Amt, welches sich unter seiner Verwaltung durch fortgesetzten Kampf gegen das Slaventhum bald zu einer Markgrafschaft im späteren Sinne des Wortes umgestaltete. [39] Otto übertrug ihm im J. 939 den Krieg gegen die wendischen Stämme an der mittleren Elbe und unteren Saale, und schon im J. 941 hatte G. theils durch die Erfolge seiner Waffen theils durch den Verrath des Hevellerfürsten Tugumir[WS 3] in Brandenburg den größten Theil dieser Stämme bis gegen die Oder hin der deutschen Herrschaft unterworfen. Gestützt auf zahlreiche in dem Gebiete der Wenden angelegte Burgwarde und durch die Begründung der Bisthümer Havelberg (946) und Brandenburg (948) in seinem Streben nicht unwesentlich unterstützt, schien er schon damals der Erreichung seines Zieles, der völligen Unterjochung der Wenden, nahe, als der grausame Bürgerkrieg, in welchen Deutschland nach Otto’s Rückkehr von seinem ersten italienischen Zuge durch den Ehrgeiz seines Sohnes und Eidams gestürzt wurde, und der große Ungarneinfall des J. 955 die unterworfenen Stämme noch einmal zu einer großen allgemeinen Erhebung ermuthigten. Allein sie wurden nach Otto’s Siege über die Ungarn bei Augsburg an dem Flusse Raxa (meist für die Reckenitz im Mecklenburgischen gehalten) am 16. Oktober des genannten Jahres in einer großen Schlacht, welche, obschon der König selbst beim Heere war, doch unter Gero’s persönlicher Leitung geschlagen ward, vollständig besiegt und nun ihre Unterwerfung durch eine Reihe von Feldzügen in den nächstfolgenden Jahren vollendet. Nachdem im J. 963 noch einmal die Lusici (Lausitzer) sich empört, aber durch G. in einem blutigen Treffen überwunden worden waren, konnte das ganze Land bis zur Oder als vollständig unterworfen angesehen werden, ja G. nöthigte durch die von ihm an den Grenzen Polens eingenommene drohende Haltung den König dieses Landes, die Oberhoheit des deutschen Reiches anzuerkennen. Bald nach diesen Erfolgen zog sich der „große Markgraf“, wie ihn seine Zeitgenossen nannten, von den öffentlichen Angelegenheiten mehr und mehr zurück. Nachdem ihm die beiden Söhne im Tod vorausgegangen, verschied er am 20. Mai 965 und ward in der jetzt in reicher Weise restaurirten Kirche des von ihm gestifteten und mit seinem ganzen Erbe ausgestatteten Frauenklosters Gernrode am Nordostsaume des Harzes begraben. – Die gleichzeitigen Annalisten, so dürftig ihre Nachrichten über G. sind, lassen doch erkennen, daß er eine der hervorragendsten Persönlichkeiten seiner Zeit war: hart, rücksichtslos, ja grausam gegen seine Feinde, aber freigebig, tapfer und in einer Zeit, da Verrath und Abfall auf der Tagesordnung standen, seinem kaiserlichen Herrn in unerschütterlicher Treue ergeben. In Lied und Sage lebte sein Name noch lange bei dem Volke fort. Das große Grenzgebiet, das er verwaltet hatte, ward nach seinem Tode in sechs kleinere Marken zersplittert.

S. v. Leutsch[WS 4], Markgraf Gero, 1828; v. Heinemann[WS 5], Markgraf Gero, 1860.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vater war Thietmar zu Merseburg († 932), Erzieher von König Heinrich I.
  2. Sigfrid († 937), Graf zu Merseburg, Bruder von Gero
  3. Tugumir (ca. 915–940)
  4. Karl Christian von Leutsch (1798–1881).
  5. Otto von Heinemann (1824–1906), Historiker.