ADB:Gerhard VI. (Graf von Holstein)

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Artikel „Gerhard VI.“ von Karl Jansen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 740–741, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gerhard_VI._(Graf_von_Holstein)&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 12:19 Uhr UTC)
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Gerhard VI., war der älteste Sohn Heinrichs des Eisernen, Grafen von Holstein, also ein Enkel von Geert dem Großen. Kurz nach dem Tode seines Vaters fiel ihm auf Grund der Erfolge seines Großvaters durch die Gunst der nordischen Verhältnisse und das Zugeständniß seines Oheims Claus das Herzogthum Schleswig zu. Margarethe nämlich, Waldemar Atterdag’s Tochter, ihrem Sohn Olaf ganz Skandinavien zu sichern oder zu gewinnen bemüht, entschloß sich den langen Streit um Schleswig zu endigen und es als ein dänisches Lehen erblich an das Schauenburger Grafenhaus von Holstein und zwar immer nur an Einen des Geschlechts zu übertragen: am 15. August 1386 ward G. zu Nyborg feierlich belehnt und leistete Olaf als dänischem Könige die Huldigung. Gottorp oder Sonderburg waren seine Residenzen. Auch der Bischof von Schleswig verpflichtete sich ihm zu Treue und Hülfe. Als 1397 Graf Claus mit Hinterlassung nur einer Tochter Elisabeth starb, kam es zwischen G. und seinen zwei Brüdern Albrecht und Heinrich zu Streitigkeiten. Elisabeth übertrug ihre Ansprüche an G., den sie zum Vormund nahm. Erst durch Zuthun der Mannen beider Lande kam auf dem Viert von Bornhöved, wo nun die Versammlungen der holsteinischen Stände gehalten wurden, am 28. August ein Vergleich zu Stande, an dem hier aber offenbar auch die schleswigsche Mannschaft Theil hatte, denn der Vertrag bildet zugleich ein Grundgesetz für die vereinigten Herzogthümer. G. erhielt Plön mit dem nordöstlichen Wagrien und Fehmarn, Hanerau mit Hademarschen und Schenefeld, Haseldorf und einen Theil der Wilster und Cremper Marsch. Die Rechte an Hamburg und Eutin sowie die „Mannschaft“ beider Lande blieben ungetheilt. Das Herzogthum Schleswig ward G. auf 9 Jahre gelassen, dann sollte unter Mitwirkung der Mannen darüber entschieden werden. In diese gedeihliche Entwicklung Schleswig-Holsteins fiel ein verhängnißvoller Schlag. Die Dithmarscher, keine bequeme Nachbarn, forderten wegen eines Raubzuges, den Herzog Erich von Lauenburg ohne abzusagen unternommen und mit ungehindertem Durchzug durch das Land des Grafen Albrecht, seines Schwiegersohnes, Bruders von G. ausgeführt hatte, Genugthuung. Albrecht, der unschuldig zu sein mit einem Eide vor seinem Bruder versicherte, sowie G. fühlten sich beleidigt und griffen trotz einlenkender Vorstellungen der Dithmarscher zur Gewalt. Sie drangen 1403 bis Meldorf vor und errichteten im Lande selbst an dem Paß der Dellbrücke die Marienburg. Gegen den Norden vollführten sie einen Raubzug. Zurückkehrend von diesem stürzte Albrecht in der Norderhamme mit seinem Pferde und starb am 28. September. G. bestand jetzt vollends den Erbietungen der Dithmarscher gegenüber auf gänzliche Unterwerfung. Mit glänzender Streitmacht fiel er 1404 ins Land und richtete gegen den Norden einen neuen Raubzug. Auf dem Rückwege, den er durch die Süderhamme nahm (jetzt die „Schanze“ genannt), entstand bei der Vorhut ein Lärm. G. in der Meinung, es gäbe einen Streit der Seinen zu schlichten, sprengte ohne Helm herbei: da zerschmetterten ihm die Dithmarscher das Haupt, daß er todt zur Erde sank; neben ihm sank die Blüthe der holsteinischen Ritterschaft, 300 an der Zahl, den Thieren des Feldes und den Vögeln preisgegeben, bis verwandte [741] Frauen als Nonnen verkleidet sie fortholten. G. um großes Lösegeld ausgeliefert ward in der Itzehoer Familiengruft beigesetzt. Drei Knaben, von denen der jüngste erst nach seinem Tode geboren ward, hinterließ er, wie sein Land, zu schweren Geschicken. Das geschah am Oswaldus-Abend (4. Aug. 1404); mit Grund feierten die Dithmarscher den Festtag Ostern gleich. Durch Neocorus ist uns ein Bruchstück eines gleichzeitigen Liedes auf diese Begebenheit erhalten. (v. Liliencron, Histor. Volkslieder I, Nr. 45.)

Vgl. Waitz, Schlesw.-Holst. Gesch. I, S. 274 ff. Urkundensammlung etc. Bd. II.