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Artikel „Göschel, Karl Friedrich“ von Hermann Müller (Bibliothekar) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 397–398, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:G%C3%B6schel,_Karl_Friedrich&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 05:49 Uhr UTC)
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Göschel: Karl Friedrich G., ward am 7. October 1784 zu Langensalza in Thüringen geboren, erhielt seine Gymnasialbildung in Gotha, bezog seit 1803 die Universität Leipzig, um Rechtswissenschaft zu studiren und ließ sich nach vollendeten akademischen Studien 1807 als Advokat in seiner Vaterstadt nieder. Hier erwählte man ihn 1811 zum Mitglied des Stadtrathes. In dieser Stellung wurde er 1815 von Preußen mit übernommen und nahm 1818 die Berufung als Oberlandesgerichtsrath nach Naumburg an. Dies Amt verwaltete er bis 1834, wo man ihn als Hülfsarbeiter in das Justizministerium nach Berlin zog. 1837 wurde er zum geheimen Justizrath, 1839 zum Mitglied des Obercensur-Collegiums, 1843 zum Mitglied des Obercensur-Gerichts ernannt. Im J. 1845 zum Mitglied des Staatsraths berufen, wurde ihm noch in demselben Jahre das Präsidium im Consistorium für die Provinz Sachsen mit dem Range eines Oberpräsidenten übertragen. Bei den Berathungen über die Lösung der bekannten Gnesener und Kölner Verwicklungen und über das geeignetste Verfahren, welches gegen die lutherischen Separatisten einzuschlagen sein möchte, war schon früher Göschel’s Stimme von bedeutendem Einfluß gewesen und dieser Einfluß gewann noch mehr an Bedeutung und Tragweite, als 1840 die strengen kirchlichen Grundsätze, deren Anhänger G. war und in welche er sich immer tiefer hineinlebte, mit dem Thronwechsel in Preußen auch in den höchsten Regierungskreisen zur Geltung und Herrschaft gelangten. Man hielt gerade die Provinz Sachsen, welche von jeher die eigentliche Heimath des Rationalismus gewesen war, wo die vom freisinnigsten Geiste durchwehten „Hallischen Jahrbücher“ ihre Geburtsstätte gehabt hatten, wo neben Wislicenus und Uhlich so viele andere Freunde der Aufklärung erstanden waren, für das geeignetste Gebiet, innerhalb dessen die Thätigkeit eines Mannes, wie G. sich mit besonderem Erfolg entfalten könnte. Indeß machte die März-Revolution 1848 der Wirksamkeit Göschel’s ein Ende, seine allzu starre Anhänglichkeit an das Lutherthum nöthigte ihn bereits unterm 10. Juni um seine Entlassung einzukommen. Er erhielt sie, lebte darauf fast ein Jahr in Halle, wählte aber bereits 1849 Berlin als Aufenthaltsort. Um Ostern 1861 kehrte er nach Naumburg zurück, woselbst er schon im folgenden Jahre 1862 am 22. September, in einem Alter von 77 Jahren, nach einer Krankheit von nur einigen Tagen sein Leben beschloß. Im Leben Göschel’s, welcher sich durch eine große Reihe von Schriften, die in das Gebiet der Geschichte, Philosophie, Theologie und Jurisprudenz einschlagen, rühmlichst bekannt gemacht hat, sind zwei Perioden, die frühere des theoretischen Gelehrten und die spätere des praktischen Politikers und kirchlichen Kämpfers auseinander zu halten. Die erstere fällt zum größten Theil in die Zeit seines ersten Aufenthalts in Naumburg. Göschel’s schriftstellerische Erstlingsarbeit war eine „Chronik der Stadt Langensalza“, Bd. I–II (Langensalza 1818, 8°), Fortsetzung Bd. I–II (ebendas. 1842–43, 8°). Nach Veröffentlichung seiner Schrift „Caecilius und Octavius oder Gespräche über die vornehmsten Einwendungen gegen die christliche Wahrheit“ (Berlin 1828, 8°), einer Arbeit, bei der er seinen Namen unterdrückte, bekannte er sich in einer neuen Schrift „Aphorismen über Nichtwissen und absolutes Wissen, im Verhältniß zum christlichen Glaubensbekenntniß“ (Berlin 1829, 8°), als treuen Anhänger und Verfechter der Hegel’schen Philosophie, deren Uebereinstimmung mit dem christlichen Glauben darzuthun er sich angelegentlichst bemühte. Noch bei Lebzeiten seines Ideals und Meisters Hegel galt er für den gründlichsten Kenner von dessen Philosophie und er hat als solcher in den gelehrten Kreisen Aufsehen gemacht. In jener angegebenen Absicht schrieb er ferner: „Der Monismus des Gedankens“ (Naumburg 1832, 8°) und „Hegel und seine Zeit, mit Rücksicht auf Goethe“ (Berlin 1832, 8°). Das letztere Buch stellte sich die Aufgabe, den Nachweis [398] des so oft bestrittenen und angezweifelten Vorhandenseins christlicher Gesinnung auch bei Goethe zu führen. Als nach Hegel’s Tode dessen Schule sich in mehrere Parteien spaltete, wurde G. insbesondere durch seine Bemühungen, das Hegel’sche Philosophem mit dem Glauben zu versöhnen, mit in diese Gegensätze verwickelt und man betrachtete ihn als den Hauptvertreter der sogenannten rechten Seite der Hegel’schen Schule. Seine Theilnahme an der Controverse über die persönliche Unsterblichkeit des Individuums bekundete er durch Veröffentlichung der Schriften „Von den Beweisen für die Unsterblichkeit der menschlichen Seele im Lichte der speculativen Philosophie“ (Berlin 1835, 8°) und „Die siebenfältige Osterfrage“ (Berlin 1836, 8°). Die hier zum Ausdruck gelangten religiösen Ideen und die vertretene theologische Richtung, spiegelt sich getreu wieder in denjenigen Schriften, deren überwiegender Inhalt der Jurisprudenz angehört, ich meine die „Zerstreuten Blätter aus den Hand- und Hülfsacten eines Juristen“, Bd. I. II. III. 1. 2 (Erfurt und Schleusingen 1832–42. 8°), welche nach der Absicht des Verfassers keineswegs für Juristen allein geschrieben sind, ferner „Der Eid nach seinem Principe, Begriffe und Gebrauche“ (Berlin 1837, 8°), „Das Particularrecht im Verhältniß zum gemeinen Rechte und der juristische Pantheismus“ (Berlin 1837, 8°). Seiner Beziehung zu den Bewegungen, welche David Strauß’ Leben Jesu hervorrief, verdanken die „Beiträge zur speculativen Philosophie von Gott, dem Menschen und dem Gottmenschen“ (Berlin 1838, 8°) ihre Entstehung. In den „Unterhaltungen zur Schilderung Goethe’scher Dicht- und Denkweise“, Bd. I–III (Schleusingen 1834–38, 8°), hat er wiederholt seine Ansichten über Goethes Verhältniß zum christlichen Glauben auseinandergesetzt. Neben den eben besprochenen Arbeiten, welche ein ehrenvolles Zeugniß gründlicher Gelehrsamkeit und Vielseitigkeit liefern, hat G. sich in mehreren Arbeiten als tiefen Kenner und warmen Verehrer Dante’s gezeigt. In dieser Richtung hat er sich durch die Schrift „Aus Dante’s göttlicher Komödie. Von den göttlichen Dingen in menschlicher Sprache zu einem fröhlichen Ausgange“ (Naumburg 1834, 8°) und „Dante Alighieri’s Unterweisung über Weltschöpfung und Weltordnung“ (Berlin 1842, 8°), bekannt gemacht. In den letzten Jahren seines Lebens hat er, außer mehreren kleineren litterarischen Arbeiten, ursprünglich meistens Vorträgen, die er in einem Verein für kirchliche Zwecke gehalten hatte, das größere Werk „Die Concordienformel nach ihrer Geschichte, Lehre und kirchlichen Bedeutung“ (Leipzig 1858, 8°) publicirt.

Heinrich Ed. Schmieder, Karl Friedrich G., Dr. juris, weiland Präsident des Consistoriums der Provinz Sachsen (Abdruck aus der Evangelischen Kirchenzeitung). Berlin 1863, 8°. (XII und 135 S.).