ADB:Friedrich IV. (Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorf)

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Artikel „Friedrich IV., Herzog zu Schleswig-Holstein-Gottorp“ von Paul Hasse in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 21–23, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Friedrich_IV._(Herzog_von_Schleswig-Holstein-Gottorf)&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 00:48 Uhr UTC)
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Friedrich IV., Herzog zu Schleswig-Holstein-Gottorp, war der ältere Sohn Christian Albrechts, geboren im J. 1670. Er folgte seinem Vater in der Regierung 1694, vermählte sich vier Jahre später, 1698, mit der Schwester des schwedischen Königs Karl XII., Hedwig Sophie. Das schon traditionelle Bündniß zwischen Gottorp und Schweden erhielt dadurch einen noch engeren persönlichen Charakter, des jungen Herzogs Politik richtete sich offensiv von Anfang an gegen Dänemark. Die letzten Jahre Christian Albrechts (vgl. Bd. IV S. 188 ff.) waren im Wesentlichen friedliche gewesen, doch hatte der Altonaer Vergleich von 1689 mehr einen Aufschub als eine Entscheidung der streitigen Fragen gebracht. Nach seinem Tode spitzten sich die Gegensätze sichtlich zu. Herzog F. behauptete, im Besitz der vollen Souveränetät zu sein, er nahm für sich das Recht, Truppen zu halten, Festungen zu bauen, Bündnisse zu schließen in Anspruch. Er gab dem thatsächlich Ausdruck dadurch, daß er in Stapelholm und an der Sorge Schanzen aufwerfen ließ, Truppen hineinlegte und schwedische Völker ins Land zog. Das behauptete Recht ward auch jetzt wieder von Dänemark bestritten, König Christian V. beanspruchte die Oberlehnshoheit für sich, verlangte Einsicht in Christian Albrechts Testament, Aufklärung über seine Anordnung der Succession, Erneuerung der Union, gemeinsame Huldigung der schleswig-holsteinischen Stände, Entfernung der fremdländischen Truppen. Dem gegenüber bestand der Herzog auf der Erfüllung des nach seiner Ansicht bisher nicht vollzogenen Altonaer Recesses, der ihm Abhülfe der Gottorp’schen Gravamina zusagte, rechnete dahin die schon im Vertrag von Roeskilde erhobene, 1658 und 1667 erneuerte Forderung, die sogenannte Communion, d. h. die Gemeinsamkeit der Prälaten und der Ritterschaft, die Einheit in Justiz- und Cultussachen aufzuheben, verlangte die Anerkennung seiner vollen Souveränetät. Es müsse eine vollständige Theilung der Lande geschehen, so daß im eigenen Landestheil der eine Fürst ausschließlich Herr sei. Die Communion allein sei die Quelle aller Streitigkeiten, sie erstrecke sich eigentlich nur über Prälaten und Ritterschaft, basire nur auf Erbverträgen und sei nicht auf alle Zeit und Ewigkeit abgeschlossen, daher jeden Augenblick die Aufhebung berechtigt. Dänischerseits ward diese Beschränkung der Communion bestritten, eingewendet, ein Austausch werde nothwendig eine Trennung der Herzogthümer zur Folge haben, das werde keinem Theile genehm sein. Falle dem Könige Holstein zu, [22] so fehle ihm die nothwendige Landverbindung zwischen dem Herzogthume und dem Königreich, erhalte der Herzog Schleswig, so verliere er Kiel mit der Universität, trete aus dem Verband des römischen Reiches und büße seinen Charakter als regierender Reichsfürst ein. – Ueber alle diese Punkte wurden namentlich im Sommer 1696 zu Pinneberg Verhandlungen gepflogen; man einigte sich schließlich formell über Aufrechterhaltung der Communion ohne Praejudiz der früheren Abmachungen zu Kopenhagen und Glückstadt, aber keiner der beiden Theile war von dem Vertrage befriedigt. – Schon einmal im J. 1695 hatten dänische Truppen die herzoglichen Schanzen zerstört. Der Herzog erneuerte und verstärkte sie im folgenden Jahre, schloß ein Bündniß mit Hannover, zog zwei seiner in den Niederlanden stehenden Regimenter an die Elbe. 1697 wurden die Schanzen von den Dänen wiederum erobert und geschleift. Seine Bewerbung um die schwedische Prinzessin führte in demselben Jahre Herzog F. an den Hof zu Stockholm. Sein lang fortgesetzter intimer persönlicher Verkehr mit Karl XII., ihre Tollheiten und Excesse, Wagnisse und Abenteuer sind bekannt unter dem Namen der „Gottorper Rasereien“. Der französische Gesandte d’Avaux hat sie drastisch genug geschildert. Es verbreitete sich in Schweden das Gerücht, Herzog F. verleite den König mit Absicht zu den sinnlosesten Waghalsigkeiten, um, wenn dieser in einer derselben das Leben verliere, selbst die schwedische Krone zu gewinnen. Man wünschte allgemein seine Abreise. d’Avaux schreibt: toute l’espérance, qu’on a, est que quand le Duc d’Holstein sera parti et que le roi se trouvera seul, il quittera toutes ces manières et s’appliquera aux affaires, comme il faisait auparavant. Als Herzog F. im Sommer 1698 nach seiner Vermählung in die Herzogthümer zurückkehrte, erhielt er den Oberbefehl über sämmtliche schwedische Truppen in Deutschland, und zog nun Regimenter von Wismar nach Husum. Die geschleiften Schanzen wurden neu errichtet. Der Thronwechsel in Dänemark 1699 führte den Ausbruch der Feindseligkeiten herbei. Im März 1700 besetzten die Dänen Norddithmarschen, Eiderstedt und Schleswig, erstürmten die Husumer Schanzen und belagerten Tönning. Aber Karls XII. Landung auf Seeland zwang die Dänen zum Frieden von Travendahl am 17. August 1700. Auf die Lehnshoheit des Königs ward dänischerseits verzichtet, der Altonaer Receß von neuem anerkannt, die volle Souveränetät gegenseitig garantirt, die beiden Contingente in den Herzogthümern auf die gleiche Zahl festgesetzt. Der Herzog erhielt 260000 Thlr. Entschädigung. – Herzog F. hielt auch nach dem Frieden von Travendahl seine enge Verbindung mit Schweden aufrecht, er schloß mit Frankreich einen Subsidienvertrag und folgte seinem Schwager ins Feld nach Polen. – Um die Mittel zur Kriegsrüstung schnell und reichlich zu beschaffen, verpachtete er die gesammten Aemter und Landschaften, Vorwerke und Domänen in Schleswig-Holstein mit der ganzen Administration von Justiz und Polizei an einen Oberstlieutenant v. Bergholz. Dieser hatte dem Herzog große baare Vorschüsse versprochen, dagegen die Besetzung aller Aemter im Lande erhalten, er beabsichtigte, neue Städte mit geraden, breiten Straßen zu bauen, Einwanderer aus Frankreich und Holland ins Land zu ziehen, eine Wasserverbindung zwischen Eider, Treene und Schlei herzustellen, die Schafzucht zu heben, Seide- und Wollmanufacturen einzurichten etc., alles in allem etwa nach dem alten Plane Herzog Friedrich III., das Land in ungeahnten Flor zu bringen und daraus selbst ungemessene Reichthümer zu ziehen. Das Project kam nicht zur Ausführung, da F. IV. am 19. Juli 1702 in der Schlacht von Clissow fiel. Er hinterließ aus seiner Ehe mit Hedwig Sophie einen zweijährigen Sohn Carl Friedrich.

Vgl. Provinzialberichte 1833, 4., S. 509 ff. N. Falck, Sammlungen zur näheren Kunde des Vaterlandes, I. S. 241 ff., 321 ff. Die Depeschen [23] des Grafen d’Avaux in Handlingar rörande Skandinaviens Historia 14. d., Stockholm 1860, S. 80 ff.