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Artikel „Fischer, Christian“ von Hermann Wartmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 50–51, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fischer,_Christian&oldid=- (Version vom 16. April 2024, 12:41 Uhr UTC)
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Fischer: Christian F., Horndrechsler und Holzschnitzer, getauft (also wol auch geb.) am 30. Mai 1790 in Brienz, † den 12. Aug. 1849 ebendaselbst. Auf Christian F. ist der Beginn der jetzigen weltbekannten Holzschnitzerei des Berner Oberlandes zurückzuführen. In sehr ärmlichen und beschränkten Verhältnissen aufgewachsen, mit außerordentlich mangelhafter Schulbildung ausgestattet, erlernte er den Beruf eines Horndrechslers, verdiente mit Ausübung des Erlernten aber so wenig, daß er zuletzt nicht mehr im Stande war, das nöthige Horn zur Anfertigung seiner Tabackspfeifen etc. zu kaufen. Ein gläserner Eierbecher, der ihm im J. 1816 unter die Hände kam, soll ihm zuerst den Gedanken eingegeben haben, diesen Artikel in Holz nachzuahmen. Bald versuchte er sich auch an anderen Gegenständen: von den Bechern kam er zu den gedrechselten, mit Schnitzerei verzierten Büchschen aller Art; dann zu den größeren Cassetten; weiter zu den wohlbekannten „Bernerhäuschen“ und endlich, nachdem sich die angeborene Fähigkeit an immer schwierigeren Aufgaben vervollkommnet [51] hatte, zu der frei stehenden, geschnitzten Figur. Alle diese Hauptartikel der Berner Holzschnitzerei wurden schon von F. angefertigt und seit ihm nur immer mannigfaltiger und künstlerischer ausgebildet. Absatz fanden seine Erzeugnisse bei den Fremden, die damals freilich erst einzeln oder in kleineren Gruppen das herrliche Alpenland besuchten. Mancher hatte bei einem Besuche des originellen Mannes seinen Gefallen an demselben, machte ihn auf neue, für seine Kunstfertigkeit passende Gegenstände aufmerksam und versah ihn auch wol mit Zeichnungen und Modellen. Die meisten Ideen aber schöpfte F. aus seinem eigenen ruhelosen Geiste, der ihn antrieb, sich neben der Pflege der Drechslerei und Holzschnitzerei noch in allem Möglichen zu versuchen. Er verfertigte selbst die Werkzeuge, die er bedurfte; Violinen, sogar ein Clavier und Wanduhren gingen aus seiner geschickten Hand hervor; er war sein eigener Leibschneider und Schuhmacher und soll zuletzt durch äußerst glückliche Curen auch das Patent als Arzt für Beinbrüche und Leibschäden erworben haben. Zu Reichthümern gelangte F. bei all’ seiner Thätigkeit nicht. Zwar war die Regierung des Cantons Bern auf den Mann aufmerksam geworden und hatte ihn so weit unterstützt, daß er 8 Lehrlinge in seine Werkstätte aufnehmen konnte. Allein der Sinn für einen geregelten Geschäftsbetrieb fehlte dem unbeständigen Geiste, wie allen diesen Erfindern und „Pröblern“. F. hinterließ den Seinigen nichts, aber seinem Lande eine lebenskräftige neue Kunstindustrie, die zu seinen Lebzeiten schon längst den Kinderschuhen entwachsen war und heute ihre Producte über die ganze Erde versendet: eine Quelle des Wohlstandes und der Bildung zugleich für tausende seiner Landsleute.