ADB:Fircks, Carl Freiherr von

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Artikel „Fircks, Karl Freiherr von“ von Franz Brümmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 559–561, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fircks,_Carl_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 02:34 Uhr UTC)
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Fircks: Karl Ferdinand Freiherr von F., der bedeutendste Dichter Kurlands im 19. Jahrhundert, wurde am 25. Juli (a. St.) 1828 auf dem Rittergute Kleindrogen in Kurland geboren. Seine ersten Jahre verlebte er im Hause seines Großvaters, auf dem Gute Kalwen, und siedelte 1833 mit seiner Familie auf die von seinem Vater erworbene Besitzung Niegranden an der litauischen Grenze über, wo er bis zu seinem 18. Lebensjahre ausschließlich durch Hauslehrer unterrichtet wurde. Im J. 1846 bezog er die Universität Göttingen, wo er zwei Jahre lang die Rechte studirte, ging dann über Berlin, wohin ihn die politischen Ereignisse des Jahres 1848 auf kurze Zeit gelockt [560] hatten, nach München, hörte hier Vorlesungen über Nationalökonomie und lernte gleichzeitig, durch Landsleute bei Hofe vorgestellt, das Leben in den dortigen Hofkreisen kennen. 1849 in die Heimath zurückgekehrt, fungirte er zunächst drei Jahre lang als Friedensrichter am Kreisgericht zu Grobin, um sich dann für ein Jahr ins Elternhaus zurückzuziehen. Hier entstanden die ersten seiner gedruckten Werke, das dreiactige Drama „Eine Bildhauerwerkstatt in Florenz“ und das fünfactige dramatische Gedicht „Masaniello“, die beide 1857 unter dem Gesamttitel „Zwei Dramen“ in Leipzig erschienen. Bei Ausbruch des Krimkrieges drängte es den kurländischen Adel, dem Kaiser Nicolai I. einen beredten Ausdruck seiner Ergebenheit und Loyalität zu geben, und unter dreißig jungen Männern der Ritterschaft, die sich zum freiwilligen Eintritt in das Heer meldeten und dem Kaiser vorgestellt wurden, befand sich auch unser Dichter. Er trat in ein Ulanenregiment ein und zog mit diesem in die Donaufürstenthümer; allein schon nach anderthalb Jahren mußte er infolge eines Sturzes vom Pferde, wobei er sich die Finger der linken Hand schwer verletzte, seinen Abschied nehmen. Er kehrte in die Heimath zurück und übernahm hier die Bewirthschaftung des inzwischen von seinem Vater erworbenen Gutes Rythinien in Litauen, gründete auch 1858 mit Lucie Baronesse v. Grotthuß ein glückliches, durch acht blühende Kinder verschöntes Familienheim, in dem er meist in stiller Zurückgezogenheit den Rest seines Lebens verbrachte. Nur 1863 wurde dieses traute Stillleben durch die polnische Revolution für anderthalb Jahre unterbrochen, da F. mit seiner Familie vor den Insurgentenbanden auf das Gut seines Vaters in Kurland flüchten mußte. In demselben Jahre betheiligte er sich auch für kurze Zeit als Bevollmächtigter zur sogenannten „brüderlichen Conferenz“ an dem politischen Leben seines Heimathlandes, zog sich aber dann gänzlich von demselben zurück, um nunmehr an eine längst geplante Sammlung seiner „Gedichte“ zu gehen, deren erster Band 1864 erschien. Im J. 1869 unternahm er eine Reise ins Ausland, besuchte Wien und Ungarn, dessen Eigenart ihn ganz besonders fesselte, kehrte aber schon kränkelnd in seine Heimath zurück. Zu den schon vorhandenen Leiden hatte sich im Frühjahr 1870 eine Herzentzündung gesellt, und wenn auch die Begeisterung, welche die Ereignisse der großen Jahre 1870–71 in allen deutschen Gemüthern erweckten, und der auch F. in seinen „Elf Sonetten von 1870“ einen Ausdruck gab, seine Lebensgeister noch einmal anfachte, so konnte doch dem Kundigen sein baldiger Heimgang nicht verborgen bleiben. Eben hatte er die Sichtung seiner Gedichte für einen zweiten Band vollendet, der nach seinem Tode als „Poetischer Nachlaß“ (1871) erschien, da nahm ihn der Tod am 20. Februar (4. März n. St.) 1871 zu Niegranden aus dieser Welt hinweg.

„F. ist als Dichter ein urwüchsiges, völlig eigenartiges, tief und stark veranlagtes lyrisches Talent, dem wir eine Reihe von Dichtungen verdanken, die sich den besten an die Seite stellen dürfen. Bei ihm paart sich ein kraftiger, zielbewußter, männlicher Charakter mit einer rührenden, fast kindlichen Weichheit, und den Uebergang bildet die stimmungsvolle Dämmerung einer geheimen, verschwiegenen, tiefinnerlichen Schwermuth. F. hat seinen eigenen Ton, und das hebt ihn über die Masse der Lyriker unserer Tage um Haupteslänge empor. Bei ihm ist nichts Gemachtes und nichts Gesuchtes; er ist überall wahr, echt und tief, und dabei nicht nur ein Lyriker der reinen Empfindung, sondern auch des Gedankens. Den ritterlichen Adel seiner Gesinnung verleugnet er in keinem seiner Gedichte; aus allen spricht eine ehrliche Entrüstung gegen das Gemeine und redliche Verachtung alles Niedrigen. [561] F. hatte eben bei der Sichtung seiner Gedichte die strengste Kritik gegen sich selbst geübt.“

Directe Mittheilung von Jegór von Sivers. – Das Baltische Dichterbuch von Jeannot Emil Freiherrn von Grotthuß. Reval 1894, S. 351.