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Artikel „Ferchl, Franz Maria“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 630–632, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ferchl,_Franz_Maria&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 05:05 Uhr UTC)
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Ferchl: Franz Maria F., Privatgelehrter und Sammler. Geb. um 1792 zu München als der Sohn des Hoforganisten und Claviermeisters Anton F.; kam frühe in Berührung mit Senefelder. Anfänglich aus Spielerei und unbewußtem Instincte, dann aus Liebhaberei und zuletzt mit Leidenschaft und systematischer Absicht sammelte er alle Erzeugnisse von Senefelder’s Erfindung, jedes, selbst das unbedeutendste Stück, alle ersten Versuche und Probedrucke, selbst die mißlungenen, wie sie aus der nur unvollkommenen Presse kamen, [631] und erreichte so mit einer Ausdauer von mehr als vierzig Jahren und nicht ohne bedeutenden Aufwand von Zeit, Mühen und Kosten eine in ihrer Art unvergleichliche Collection von Incunabeln und seltenen, ja ganz einzigen Exemplaren, welche die Geschichte der Lithographie in lehrreichster Weise darstellen. Diese Sammlung gelangte endlich, lange Zeit vor Ferchl’s Tode, in den Besitz der Münchener Hof- und Staatsbibliothek. Ferchl’s weitere Schicksale und Schriften seien hier nur kurz angedeutet. Nachdem er 1813 den philosophischen Curs am Lyceum zu München absolvirt und einige Zeit im Hause des Grafen Seinsheim gehofmeistert hatte, prakticirte F. zu Lindau beim Mauthdienst, welchen er alsbald wieder verließ, um zu heirathen, worauf er sich in München als Sprach- und Musik-Lehrer etablirte. Im J. 1819 begleitete er Senefelder nach Paris, machte für denselben etliche Reisen nach Wien und Ungarn, begab sich 1824 nach Italien, um hier die Verbreitung und Verwerthung der Lithographie anzubahnen; war auch in Messina und Catania thätig, wo er 1826–27 am königl. sicilianischen Erziehungsinstitute eine vorübergehende Professur fand, wonach er sich in der Folge mit ostensibler Vorliebe betitelte. Nach einer kurzen Privatverwendung beim baierischen Geschäftsträger Freiherrn v. Mehlen in Rom kam F. nach München zurück, von wo aus er z. B. als Glockeninschriften- und Münzen-Sammler ein unruhiges Wanderleben begann und durch seine Thätigkeit als Mitglied etlicher historischer Vereine allerlei Verdienste um Specialgeschichte erwarb. Sein Hauptbestreben, eine Ausarbeitung von Senefelder’s Biographie, welche er sich vorgelegt hatte, unterblieb leider im Kampfe ums Dasein, der ihm, vielleicht auch durch eigene Schuld, oft bitter geworden sein mag, bis er am 16. Sept. 1862 zu München starb. F. besaß vielfache Kenntnisse, auch im Gebiete der classischen Alterthumskunde, weshalb ihm z. B. Friedrich Thiersch die erste Ordnung und Katalogisirung des Münchner Antiquariums übertrug, doch fehlte ihm die Gabe, sein autodidaktisches und stark lückenhaftes Wissen zur Gestaltung und Geltung zu bringen. Von seinen zahlreichen Schriften sei hier erwähnt: „Verzeichniß einer Sammlung von über fünfthalbtausend Exemplaren antiker römischer und griechischer Münzen der Familien, Kaiser und Kaiserinnen etc. des abend- und morgenländischen Kaiserthums und des goth. Königreichs Italien“, 1830; „Beschreibung von 600 antik römischen Münzen, welche seit 22 Jahren in Baiern gefunden wurden. Mit Angabe der Fundorte“, 1831; „Chronik von Erling und Heiligen-Berg (Andechs) während des dreißigjährigen Krieges“, 1833 (gleich den obigen aus den „Antiquarischen Unterhaltungen für Baiern“, enthält das angeblich „wörtlich nach dem Originale“ abgedruckte, die Zeit von 1627 bis 1648 umfassende Tagebuch des Andechser Prälaten P. Maurus Friesenegger, welches F. möglichst undiplomatisch später auch in seine „Fuß-Reisen“ (s. u.) aufnahm); „Verzeichniß der bisher bekannt gewordenen Fundorte römischer Münzen in Oberbaiern“, 1839; „Historisch antiquarische Fußreisen durch Oberbaiern. Originalien aus persönlichen Forschungen und Wanderungen auch in den abgelegensten Orten und Plätzen. Mit vielen (?) lithographischen Abbildungen von Alterthümern und Merkwürdigkeiten aller Art. Im Verein mit mehreren Gelehrten herausgegeben“, 1843, darinnen auch die obgenannte Chronik und das Portrait und Facsimile des M. Friesenegger. Bleibendes Interesse verdienen seine „Uebersicht der einzig bestehenden, vollständigen Incunabeln-Sammlung der Lithographie und der übrigen Senefelder’schen Erfindungen, als Metallographie, Papyrographie, Papierstereotypen und Oelgemäldedruck (ohne Presse)“, 1856 (mit zwei Tafeln, worauf 32 der seltensten lithographischen Incunabeln wiedergegeben) und die in unmittelbarem Auftrag des Münchener Magistrats und mit Unterstützung aus Gemeindemitteln bearbeitete „Geschichte der Errichtung der ersten lithographischen Kunstanstalt in München. Geschichte der Erfindung und Uebersicht [632] der Incunabeln der Lithographie“. Mit 6 Tafeln und dem (von F. Hanfstängl gezeichneten) Portrait Hermann Mitterer’s, 1862.

Vgl. übrigens über diesen seither verschollenen, in seinem Privatleben nicht anziehenden Mann den Nekrolog (von H. Marggraff) in Beil. 265 der Augsb. Allgem. Ztg. vom 22. Sept. 1862.