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Artikel „Ensinger“ von Eduard Mauch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 152–153, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ensinger&oldid=- (Version vom 13. Dezember 2024, 03:29 Uhr UTC)
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Ensinger, Entzinger, auch Aensinger, ist der Geschlechtsname einer schwäbischen Baumeisterfamilie, deren Glieder weit und breit, selbst über Deutschlands Grenzen hinaus im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts rühmlichst thätig waren. Ulrich von Ensingen ist der erste E., welcher als solcher zu documentiren ist; er wurde nämlich im J. 1392 vom Bürgermeister und Rath der Reichsstadt Ulm „zum Meister, Vssrichter vnd Verweser“ ihrer „nüwen pharre“ auf 5 Jahre bestellt. Von woher er kam, ist nicht bekannt, er stammt aber ohne Zweifel aus Ensingen im Schwabenlande und war wahrscheinlich auch schon vorher am Baue thätig, auch mögen die ihm vorausgehenden Meister schon seine Familienvorläufer gewesen sein: denn ohne dergleichen Empfehlungen würde ihn der Rath der Stadt nicht sogleich auf mehrere Jahre bestellt haben. Daß unser Ulrich auch der ums J. 1394 und 1395 in der Baugeschichte des Mailänder Domes vorkommende Ulricus de Fissingen de Ulme sei, ist wol sehr wahrscheinlich; in Folge von Meinungsabweichungen konnte er sich mit den Italienern nicht vertragen. Ulrich blieb am Ulmer Münsterbau bis zum J. 1402, obgleich er schon im J. 1399 zum Werkmeister am Münster in Straßburg vom dortigen Rathe bestellt war; er muß daselbst bis zum J. 1421 wirksam gewesen sein: denn um selbe Zeit tritt sein unmittelbarer Nachfolger Joh. Hülz aus Köln als Werkmeister auf. Obgleich Ulrich schon der vierte Meister am Baue des Münsters in Ulm war, so wird sich seine Wirksamkeit doch nur auf die Errichtung der Umfassungsmauern beschränkt haben und deshalb ist es auch erklärlich, daß er die Oberleitung in Straßburg der Ulmer vorzog, wie er auch dort das Achteck, d. h. den Theil des nördlichen Thurms von der Plattform des Vierecks bis zum Anfang der Pyramide, aufführte; allwo auch sein Monogramm auf dem Schilde zu finden ist. Während seiner Function in Straßburg wurde er auch – gleichwie früher in Ulm – bei anderen Bauten zu Rath gezogen, ja er leitete sogar den Aufbau der Frauenkirche in Eßlingen, was ihm auch, weil er deshalb öfters allzulange abwesend war, von Seiten der Straßburger viel Verdruß soll zugezogen haben. Seine drei Söhne hießen Kaspar, Matthäus und Mathias und waren alle Baumeister; die Tochter Ursula war Conventfrau im Kloster Weil bei Eßlingen.

Kaspar, der Sohn Ulrichs von Ensingen, kommt für uns zuerst in einer Urkunde vom J. 1429 vor, welche er mit den Worten beginnt: „Ich Caspar [153] Kirchenmaister Maister Ulrich Kirchenmaisters säligen Sune Burger ze Vlme“ und alsdann anordnet, daß, im Falle er ohne eheliche Leibeserben absterben solle, sein Guthaben bei der Kirchenpflege in Ulm von 120 Gulden seiner Schwester Ursula zufallen solle. Da aber schon im J. 1430 seine Brüder Matthäus und Mathias den Empfang obiger Summe bescheinigen, so erhellt hieraus, daß um diese Zeit nicht nur Kaspar, sondern auch seine Schwester nicht mehr lebte. Kaspar scheint somit auch am Münster thätig gewesen zu sein; ob selbständig oder unter wessen Oberleitung, ist nicht bekannt. Ein Monogramm von ihm ist gleichfalls nicht bekannt.

Sein Bruder Matthäus legte im J. 1421 als Werkmeister den Grundstein zum Münster in Bern, der jüngste Bruder Mathias war sein Balier. Im J. 1430 bekundet Matthäus für sich und seinen Bruder Mathias den Empfang des brüderlichen Erbes von Kaspar. Im J. 1435 erscheint Meister Matthäus als Mitglied des großen Rathes in Bern, wo er auch – wenigstens bis zum J. 1440 – Werkmeister gewesen; er hatte als solcher aber auch gleichzeitig die Oberleitung über den Aufbau der Frauenkirche in Eßlingen, indem er hierbei seinen Vater Ulrich ersetzte. Im J. 1436 wurde auf Empfehlung von Matthäus sein Bruder Mathias, welcher bisher in Bern Balier war, als solcher am Baue in Eßlingen bestellt. Als aber Mathias schon im J. 1438 starb, empfahl Matthäus den Hans von Böblingen, welcher auch von den Eßlingern angenommen wurde: bekanntlich bewarben sich damals um diese Stelle auch Cunrat Hainczelmann, Werkmeister zu Rotenburg an der Tauber, und Niclaus, Balier zu Hall am Kocher. In den J. 1450 und 1451 finden wir Matthäus als Werkmeister des Münsters in Straßburg, jedoch schon im Laufe des letzteren Jahres als Kirchenmeister am Münster in Ulm. In Straßburg ersetzte ihn Jost Dotzinger, in Ulm folgte er auf Kaspar Kuon oder Kün. Sehr wahrscheinlich war Matthäus schon früher am Münsterbau in Straßburg, schon unter der Oberleitung seines Vaters Ulrich, wirksam, so wie er auch in Ulm nicht unbekannt war. Matthäus zog sogar die Stelle in Ulm der in Straßburg vor, obgleich der Rath in Straßburg ihn angelegentlich zu erhalten suchte. Matthäus blieb auch in Ulm bis zu seinem Tode, welcher ins J. 1463 fällt. Er errichtete daselbst einen großen Theil des Hauptthurmes und der Seitenthürme, baute auch sehr wahrscheinlich die neben dem Münster stehende St. Valentinscapelle. Seine zwei Söhne hießen Vincenz und Moritz; ersterer war Werkmeister am Straßburger, Constanzer und Berner Münster, letzterer war aber der unmittelbare Nachfolger seines Vaters am Ulmer Münster. Meister Matthäus ist der erste, welcher im J. 1430 urkundlich mit dem Geschlechtsnamen E. erscheint; sein Monogramm ist dem seines Vaters am Straßburger Münster gleich und befindet sich in Stein erhaben ausgehauen zweimal am Ulmer Münster. Sein Sohn Moritz, welcher den Lichtgaden und das Gewölbe des Mittelschiffes ums J. 1470 schloß, starb im J. 1482. Etliche Jahre früher ersetzte ihn aber schon am Baue Matthäus Böblinger.