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Artikel „Elyan, Kaspar“ von Karl Dziatzko in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 342–343, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Elyan,_Kaspar&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 18:49 Uhr UTC)
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Elyan: Kaspar E. (Elian, Helian), Geistlicher der Breslauer Diöcese und Breslaus erster Drucker. Er stammt aus Groß-Glogau in Schlesien und ist um 1430 geboren als Sohn nicht ganz unbemittelter Eltern. Sein Großvater Martin E. war in Polkwitz (Kr. Glogau) zu Hause; dessen Sohn Hans († vor 1469) war der Vater Kaspar’s. Personen des gleichen Namens kommen in jener Zeit auch in Walsleben und Breslau vor. Kaspar hatte einen jüngeren Bruder Ambrosius (Sommer 1456 in Leipzig immatriculirt; 1478 noch am Leben) sowie eine vor 1469 verstorbene Schwester, die an den Wagemeister Hans Joseph in Groß-Glogau († etwa 1477) verheirathet gewesen war (vgl. Zeitschr. d. Ver. f. Gesch. u. Alt. Schles. 16. Bd., S. 290 ff. und die folgenden Matrikeleintragungen). E. widmete sich dem geistlichen Beruf und wurde 1451 in Leipzig (Somm.-Sem. „de natione Polonorum“; s. Matrikel d. Univ. Leipz., hsg. v. Erler I, 173), 1461 in Krakau (Alb. stud. univ. Cracov. I, 165) und 1467 in Erfurt (Ostern; s. Act. d. Erf. Univ. v. Weißenborn I, 322) immatriculirt (vgl. G. Bauch in Siles. S. 148 f.). Am letztgenannten Orte mag er durch Wanderdrucker mit der neuen Kunst des Bücherdruckens bekannt geworden sein, falls er nicht noch eine andere Universität besuchte, die bereits eine feste Stätte dieser Kunst geworden war. Seine Typen zeigen mit solchen des Ulrich Zell, Kölns ersten Druckers, Aehnlichkeit, erinnern aber auch an die Bibeltypen von Fust und Schöffer in Mainz; in Köln war er nicht immatriculirt. Jedenfalls suchte er den Typendruck alsbald in Breslau, wo wir ihn im J. 1475 als „succentor“ an der Kreuzkirche beamtet finden, seinen Landsleuten und besonders dem schlesischen Clerus nutzbar zu machen. Wenn in dieser Stadt im fernen Osten Deutschlands bereits 20 Jahre nach Fertigstellung des ersten großen Druckwerkes (in Mainz) ein datirter Druck erschienen ist, so hat sie das eben der Initiative jenes Geistlichen zu verdanken; zugleich beweist aber die längere Pause, die für Breslau im Bücherdruck mit dem frühen Tode Elyan’s eintrat (zunächst bis 1503), und die fast spurlose Vergessenheit, welcher seine Thätigkeit anheimfiel, daß ein tiefes und allgemeins Bedürfniß nach jener Kunst in Breslau noch nicht vorhanden war und jedenfalls die städtischen Kreise von den ersten Versuchen des Clerikers unberührt blieben. Nur einer seiner Drucke, die „Statuta synodalia episc. Vratislav.“, trägt einen vollen Druckvermerk, nach dem sie „pro laude dei communique utilitate cleri in alma urbe Wrat. per [343] C. Elyan Collegiate eccl. s. Crucis ibidem succentorem, impressa et feliciter consummata sunt a. dni. MCCCCLXXV nona vero die mens. Octobris; ein anderer, vielleicht noch etwas älterer Druck (Hist. de transfig. domini etc.), trägt nur die Jahreszahl 1475. Aus ersterem Kolophon entnahm man die falsche Namensform C – willkürlich zu Conradus ergänzt – „Elias succentor“. Durch den Fund einiger Urkunden gelang es mir im J. 1878 den richtigen Namen festzustellen und weiteres aus seinem Leben zu ermitteln (Zeitschr. d. Ver. usw. 15. Bd., S. 1 ff.); Andere, besonderes E. Wernicke aus Bunzlau (Zeitschr. d. Ver. 16. Bd., 290 ff.), H. Markgraf (ebenda 19. Bd., S. 386 ff.) und G. Bauch aus Breslau (s. u.) folgten mit andern Feststellungen über ihn und seine Familie.

Im J. 1477 verzichtete der Kanonikus und Präbendar der Breslauer Kathedralkirche Sigism. Vorsthover zu Gunsten Elyan’s auf sein Kanonikat, vermuthlich um ihm Muße und Mittel für seine litterarische und typographische Thätigkeit zu gewähren. Ob er anderweitig entschädigt wurde oder dessen nicht bedurfte, entzieht sich unserer Kenntniß. Vom folgenden Jahre an erscheint durch einige Zeit sein Name häufig in den Capitelsacten und zwar mit dem Zusatz „Licentiat in geistlichen Rechten“; als „Baccalaureus in den geistlichen Rechten“ wird er mit Bezug auf eine Handlung des Jahres 1469 in einer Urkunde von 1478 genannt (Zeitschr. d. Ver. usw. Bd. 16, S. 293); der Druck von 1475 erwähnt keinen akademischen Grad. Seit dem Ende von 1482 findet er sich nicht mehr in Acten genannt und eine Urkunde vom 7. IV. 1486 weist ihn als todt nach. Wahrscheinlich starb er also um die Wende von 1485/86 und war vorher vielleicht in einer Sendung des Bischofs durch längere Zeit (1483 und 84) abwesend von Breslau. Da nach seinem Tode einige Breslauer Domherren Ansprüche auf seine Hinterlassenschaft, „etliche Zinsbriefe und Geräthe (!)“ erhoben, so darf man vermuthen, daß jene ihn bei seinen, unter allen Umständen kostspieligen typographischen Arbeiten mit Geld unterstützt hatten. Dabei muß man im Auge behalten, daß, wie sich in der Geschichte der Buchdruckerkunst seit ihrer Erfindung stets herausstellte, nur die in großem Maßstabe kaufmännisch betriebenen Druckereien geschäftlichen Erfolg hatten.

Die 8 bis jetzt bekannt gewordenen Drucke Elyan’s, für die er natürlich auch als Herausgeber zu betrachten ist – zwei davon ((Thomas de Aquino, de modo confitendi etc.) sind nur verschiedene Ausgaben desselben Druckes –, gehören alle dem engen Gebiete clericaler Interessen an; sie sollten für die Geistlichkeit der Breslauer Diöcese die nöthigsten, bis dahin handschriftlich verbreiteten Bücher ersetzen. Nur der Druck von „Poggii facetiae“, die überhaupt in Clerikerkreisen des 15. Jahrhunderts eine beliebte Lectüre waren, macht eine Ausnahme und ist wol auf die Anregung des humanistisch gebildeten Bischofs Johann IV. (1482–1506) zurückzuführen. Daß nach Elyan’s Tode seine Presse weitergeführt worden sei, ist höchst unwahrscheinlich.

K. Dziatzko in Zeitschr. d. Ver. f. Gesch. u. Alt. Schlesiens, 15. Bd. (1880) S. 1 ff.; 16. Bd. (1882) S. 290 ff.; 19. Bd. (1885) S. 386 ff. – Gust. Bauch in Silesiaca; Festschrift zum 70. Geburtstag von Colm. Grünhagen (Breslau 1898) S. 148 ff.