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Artikel „Dreier, Johann“ von Ludwig Hölscher in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 393–394, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dreier,_Johann&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 23:05 Uhr UTC)
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Dreier: Johann D. (Dreiger), bedeutend für die Verbreitung der lutherischen Lehre in Westfalen und namentlich der Grafschaft Ravensberg, Sohn des Rathsherrn Bernhard D., Neffe des Hermann D. (1487 Dr. theol., 1485 Provinzial des Augustinerordens in Thüringen und Sachsen, 1494 wiederum Provinzial und Vicarius über Sachsen, Prior des Klosters zu Herford 1494–1524), gebürtig aus Lemgo, Augustinermönch zu Herford, durch Briefwechsel mit Gerhard Hecker in Osnabrück der Lehre Luther’s zugeneigt, trat nach seines Oheims Tode für dieselbe auf, gewann für sie seinen Prior Dr. Gottschalk Kroppius, die überwiegende Mehrzahl seiner Ordensbrüder, das Capitel des Dionysstiftes, die Franciscaner zu Herford, fand Unterstützung bei den der lutherischen Lehre beigetretenen Brüdern des Fraterhauses. Die Neustädter oder St. Johannis- und Dionyskirche war die erste lutherische Kirche 1530. Der Einführung der Reformation in der Hauptkirche oder den Münster auf der Altstadt widersetzte sich die Aebtissin Anna von Limburg; D. predigte vor der Kirche unter allgemeinem Zuspruch. Er legte 1530 sein Mönchsgewand ab und begab sich [394] nach Wittenberg. Als er heimkehrte, hatte inzwischen der Rath der Stadt die Oeffnung der Kirche erzwungen. 1532 wurde D. der erste evangelische Pastor und verfaßte eine vortreffliche Kirchenordnung in niederdeutscher Sprache, der Bugenhagen eine schöne Vorrede voll des Lobes Dreier’s hinzufügte. Sie wurde sofort eingeführt, aber auf Befehl des Reichsvogtes Herzog Johann von Cleve 1535 mit der Erasmischen vertauscht, weshalb Urbanus Rhegius ein heftig tadelndes Schreiben an den Rath der Stadt erließ, aber noch in demselben Jahre nach des Herzogs Abreise aus der Grafschaft wieder eingeführt, bis sie später durch die braunschweigische ersetzt und daher so äußerst selten wurde. Zur besseren Dotirung der Predigerstellen trieb D. zur Einziehung der Einkünfte des Fraterhauses, für welches aber Luther energisch und mit Erfolg sich verwandte. Der schlechten Besoldung wegen ging D. 1540 als Prediger nach Minden als Nachfolger von Gerhard Oemiken; dort indes machte ihm sein Gehülfe oder Sacellan Ludolf Hugo viel Verdruß, so daß er seine Entfernung von Herford bedauerte. Er starb schon nach 3½ Jahren, 1544. – Der Inhalt der von Bugenhagen warm gelobten Dreier’scher Agende, welche in 17 Abschnitte eingetheilt ist, ist kurz von Hamelmann angegeben. Sie wurde bald äußerst selten; schon im Anfange des 18. Jahrhunderts konnten die fleißigsten Agendensammler sie nirgends auffinden. Das einzige bekannte Exemplar befindet sich auf der Stadtbibliothek zu Hannover in einem Sammelbande, lat. Ordinatio Eccles. Gottingensis. Brunsvicensis et Hervordensis. Der Titel der Dreier’schen Agende ist: „Ordinantie kerken ampte der erliken Stadt Hervorde dorch D. Johan Dreiger Sampt Predicanten verorndten MDXXXIIII“. Die Vorrede Bugenhagen’s ist datirt von Wittenberg 1533 des Mandages van Laurentius. Ohne Zweifel ist sie gedruckt in Wittenberg bei Joh. Kluck. Dreier’s Exemplar war Eigenthum des ersten lutherischen Predigers Georgius Scarabaeus an der St. Jacobi- und Georgienkirche zu Hannover (1532–58). Das Buch ist auch für die niederdeutsche Sprachforschung wichtig. – Andere Schriften von Joh. D. waren schon Hamelmann unbekannt. Es ist aber noch erhalten: „Eine korte underwysunge von deme heylsamen worde Goddes sampt syner krafft unde eyne Hantwysunge ynn de hylgen schrifft darbeneven eyn summe eynes wahrhafftigen rechten Christliken levendes an eynen Erbarn Radt unde gantze gemeyne der löffliken Stadt Brunswyk geschreven. Dor Johan Dreiger. – Jheremia 6: Höret myne stemmen, so werde ick iuwe Godt syn, unde gy werden myn volck syn.“ 1528. (s. l., unzweifelhaft ebenfalls Wittenberg bei Joh. Kluck), 38 Blätter, Vorw. datirt Hervorde am XVI Dage des Hornung 1528. Der Rath der Stadt Braunschweig hatte D. auch mündlich einladen lassen, bei ihnen zu predigen; aber da ihn daran sein Amt hinderte, so schickte er ihnen, hauptsächlich auch als Bollwerk gegen die falschen Propheten, diese Unterweisung. Sie zerfällt in 14 Capitel, ist in evangelischem Sinn gehalten, reich an Beweisstellen aus der Bibel, die nicht immer mit der lutherischen Uebersetzung stimmen.

Hamelmann, De Westphalia et Saxonia. – Hagedorn, Entwurf vom Zustande der Religion bei der Reformation in Absicht der Grafsch. Ravensberg, Bielefeld 1748. – Göbel, Gesch. d. rhein.-westf. Kirche, Bd. I. – Hölscher, Programm des Gymnasiums Herford 1872.